Florian Stumfall

01.07.2024

Mit Angst Politik machen

Aus der unseligen Ära Merkel ist ein besonders auffälliges Stück in Erinnerung, die sogenannte Ökosteuer auf Kraftstoffe. Sie wurde mit der Begründung eingeführt, die geschädigte Umwelt verlange nach einem erhöhten Finanzaufwand und zudem könne man mit diesen Erträgen die Rentenkasse aufbessern. Zwei Rücksichten sind es, die hierbei Aufmerksamkeit verdienen.

Bild von Shotkitimages auf Pixabay

Zum einen konstruierte die Kanzlerin einen klassischen Zielkonflikt: Geht der Autoverkehr zurück, bleiben für die Rente keine zusätzlichen Gelder. Wird aber weiterhin so viel gefahren wie bisher, dann muss der Nutzen für die Umwelt leiden. Dies ist die eine Seite, die unter das Rubrum „Unredlichkeit“ fällt, in der Politik kein Alleinstellungsmerkmal.

Das andere ist der Umstand, dass diese Steuererhöhung ohne jeden Widerstand beschlossen werden konnte. Im Vorfeld waren die Ängste der Menschen um Mensch, Natur und Weltall derart gekonnt geschürt worden, dass niemand daran dachte, Einwände gegen eine weitere finanzielle Last zu erheben. Seit der Sektsteuer weiland des Kaisers Wilhelm II. wurde kein Anziehen der staatlichen Daumenschrauben derart beglückt aufgenommen wie die Merkelsche Ökosteuer.

Natürlich war das Spiel mit der Angst nicht neu gewesen, und es war auch nicht zum letzten Mal, dass sich Politiker der Angst bedienten, um die Bürger fügsam zu halten und auf solche Weise ihre Pläne durchzusetzen. Vielmehr erlebt diese Methode, die Menschen durch ihre Ängste zu beugen, derzeit ein Allzeithoch. Die Liste der Beispiele aus den regierungsnahen Medien ist lang: da gibt es die Schädlichkeit von Asbest, Formalin und Deosprays, in diesem Zusammenhang kommt die einstige Jahrhundertkatastrophe Ozonloch. Hat ein Schreckbildnis seine Kraft verloren, gibt es neue: Rinderwahn, Feinstaub und Dioxin. Einen breiten Raum nehmen allerlei Allergien ein, Weichmacher und Killerbakterien. Man wundert sich, dass die Menschen angesichts solcher Abgründe immer älter werden.

Erst die Prophetie des Club of Rome

Freilich sind manche Ängste von nur geringer Lebensdauer, teils, weil sich ihr Inhalt als unsinnig erweist, teils aber auch, weil sie von noch eindringlicheren Meldungen überlagert und schließlich ausgelöscht werden. Doch sie alle erfüllen ihren taktischen Zweck als propagandistische Elemente, denjenigen nämlich, die Menschen zu konditionieren und in einem unentwegt bestehenden Erregungszustand zu halten, der sie für die nächste Hiobsbotschaft empfänglich macht.

Erstmals von strategischer Bedeutung war indes die Prophetie des Club of Rome in den 70er Jahren, wonach es um die Jahrtausendwende keinen Wald und keinen Baum mehr geben werde. „Erst stirbt der Wald, dann stirbt der Mensch“, lautete damals die Parole. Nun – das 21. Jahrhundert brach an, und seit den dumpfen Warnungen des Club of Rome sind die Wälder, jedenfalls in Deutschland, nicht nur nicht verschwunden, sondern mehr geworden. Auch Menschen gibt es noch.

Trotzdem hat jene falsche Vorhersage nirgendwo anders derart eingeschlagen wie gerade hier, und noch heute können Demagogen aus diesem falschen Metall einen Pfennig schlagen. Denn mit der Angst verhält es sich so, dass es sie in geringem Umfang kaum gibt, und man sie dort, wo sie nur in Resten vorhanden ist, leichter Hand gewaltig aufbauschen kann. Dafür haben die kleinen, taktischen Ängste gesorgt: dass es weit herum eine Stimmung der Unsicherheit und der Besorgnis gibt. Wer daran nicht teilhat, ist nachgerade unanständig, denn Angst zu haben, gilt als Ausweis erhöhter Moralität.

Rückblickend allerdings erscheint die Strategie des Waldsterbens als die Generalprobe für eine weitaus größere Planung – die sogenannte Klimakatastrophe. Auch sie beschränkt sich nicht auf einzelne Schadensfälle oder Regionen, sondern sie ist universell und betrifft alle Lebensbereiche. Es sind Bücher in diesem Sinne und andere entgegen geschrieben worden, und hier ist nicht der Platz für eine ausführliche Argumentation über diesen Gegenstand. Nur eines: Die Absicht, eine allgemeine Stimmung der Angst zu schaffen, gelingt mit der Lehre von der Klimakatastrophe noch weitaus besser als einst mit dem Baumsterben.

Dann die „Klimakatastrophe“

In diesem Rahmen und unter solchen Voraussetzungen fällt es politischen Strategen leicht, die verunsicherten Gemüter gutgläubiger Bürger in ihrem Sinne zu lenken. Wer zögert, darin zu folgen, wird bald durch eindringliche Beispiele zur Ordnung gerufen. Dazu eine der unschönen Erinnerungen an die Corona-Krise, deren Charakter mehr politischer als medizinischer Natur gewesen ist: Wissenschaftler, die der staatlich vorgelegten Linie nicht haben folgen wollen, mussten damit rechnen, ihre Lehrbefugnis zu verlieren oder gar rechtliche Ahndung zu erfahren.

Hier tritt wieder das Momentum der Angst in den Vordergrund, und zwar sehr aufdringlich. Wenn es in einem Staat, den man über Jahrzehnte als rechtlich einwandfrei und freiheitlich gekannt hat, möglich geworden ist, dass ein Wissenschaftler um seine Existenz bangen muss, weil er eine andere als die öffentlich favorisierte Meinung vertritt, dann betrifft das nicht nur die akademische Welt. Die Meinungsfreiheit ist ein unerlässlicher Bestandteil der bürgerlichen Freiheit. Sie durch Warnungen oder Drohungen und gar Zwangsmaßnahmen einzuschränken, gefährdet die freiheitliche Ordnung insgesamt.

Doch das Manipulieren mit der Angst erweckt den Verdacht, dass gerade das die Absicht sein könnte – im Sinne von Mao Tse-tung, der sagte: „Bestrafe einen, erziehe hundert“. Abschreckende Beispiele trennen die Helden von denen, die sich beugen. Der Helden aber wird man schnell habhaft, und man kann sie in ihrer Wirksamkeit hindern, während Gleichgesinnte, weniger heldenhaft, sich zurückziehen und an ihr Recht der Redefreiheit nicht mehr zu denken wagen.

Wenn es aber um kulturfremde Messerstecher und Gruppenvergewaltiger geht, dann ist im Gegenteil, Angst vor ihnen zu haben, bereits ein Nachweis mangelnder politischer Korrektheit. Denn wenn die Angst einen politischen Charakter annimmt, ist es auch eine politische Entscheidung, wo sie zulässig ist und wo nicht.

Kolumne von Dr. Florian Stumfall
Erstveröffentlichung PAZ (redaktion@preussische-allgemeine.de)

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