Lukas Steinwandter

07.02.2021

Die katholische Kirche ist traditionell – oder sie ist gar nicht

Geht es um die Krise der katholischen Kirche, ist häufig vom angeblich rückständigen Frauenbild und dem Zölibat die Rede. Georg Dekas fand deshalb vor kurzem lobende Worte für die protestantische Gemeinde in Meran. Warum er mit seiner Argumentation daneben liegt – eine Replik.

Die heilige Messe nach tridentinischem Ritus Foto: wikimedia.org/ Joachim Specht/cc

Traditionen sind wie Berge. Sie stehen fest und ragen hoch, manchmal unbeachtet neben und über den Tälern, durch die die Flüsse des Zeitgeistes durchrauschen. Ihr Blick auf sie, ihr Umgang mit ihnen kann sich verändern und doch sind es dieselben Erdmassive wie vor tausenden von Jahren. Wir Tiroler wissen sie zu schätzen: die Traditionen und die Berge. In unserer Geschichte gibt es eine traditionelle Institution, die ein imposantes Hochgebirge mit vielen solchen Bergen nah am Himmel ist: die katholische Kirche.

Sie steht, wie vieles Schöne und Gute, stark unter Beschuss. Von außen wie von innen. Die Rettung ausgerechnet bei denen zu suchen, die zum Verfall beitragen, ist ein irreführender Weg. Georg Dekas fand vor kurzem an dieser Stelle lobende Worte für die protestantische Gemeinde in Meran. Die Möglichkeit der Ehe des Pastors sei auch im geistlichen Sinne „Power hoch zwei“. Gegen ein ehrliches Lob ist nichts einzuwenden, gegen das Gelobte in diesem Fall aber schon.

Die evangelischen Kirchen – gemäß katholischer Kirche lediglich „kirchenähnliche Gemeinschaften“ – sind keineswegs Power-Organisation. Sie sind dem glaubensfeindlichen (sofern es nicht der Glaube an die Klimakrise ist) Zeitgeist verfallen, sind „modern“, „offen“ und so fort. Trotzdem verzeichnen sie in Deutschland seit Jahren mehr Austritte als die Katholiken.

Der Zölibat ist nicht die Ursache des Priestermangels

Die Erklärung lautet: Der Mensch ist ein nach Transzendenz strebendes Wesen und wir leben in einer Zeit, in der es immerzu mehr Ersatzreligionsangebote gibt. Wird die Kirche schwächer und beliebiger wenden sich ihre Anhänger und deren Nachkommen ab. Wieso soll man einer Organisation angehören, deren Anhänger selbst das Fundament dieses alten Gebäudes untergraben und ihre Grundlagen verleugnen? Wieso einem Verein Engagement und Geld opfern, der sich neuerdings auch für Klimaschutz, Tagespolitik und „Gendergerechtigkeit“ einsetzt, wenn es dafür spezialisierte Organisationen gibt, die das viel ernsthafter und radikaler tun?

Geht es um die Krise der katholischen Kirche, ist häufig vom angeblich rückständigen Frauenbild und dem Zölibat die Rede. Es sind zwei Punkte, die oft missverstanden werden. Der Zölibat ist nicht die Ursache des Priestermangels, sondern der Priestermangel ein Symptom der Glaubenskrise in Europa. Und er polarisierte schon im Mittelalter genauso wie heute. Wann immer eine Gesellschaft im Priester den Mann sah, der „in persona Christi“ am Altar die Eucharistie feiert und Sakramente spendet, desto anerkannter war auch der Zölibat, der ein wichtiges Stück auf dem Weg zur Nachfolge Christi ist.

Nach dem katholischen Verständnis befähigt die Priesterweihe nicht einfach nur zu einer Funktion oder einem Amt in der Kirche. Sie ist der rituelle Start in die persönliche Nachfolge Christi. Der Zölibat ist ein wesentliches Zeugnis dafür, der Lebensweise Jesu, der sein Leben für die Menschen gab, zu entsprechen. Wer im Priester hingegen nur den Leiter einer Organisation sieht, der braucht auch keinen Zölibat. Er muß sich dann aber auch die Frage gefallen lassen, ob er wirklich Teil der heiligen, römisch-katholischen und apostolischen Kirche sein will oder nicht lieber in einen Ortsverein wechselt.

Wo Frauen Frauen sein können

Ähnliches gilt für die Anhänger von „Maria 2.0“, einem Telefonzellenverein, der sich für mehr Rechte für Frauen in der katholischen Kirche einsetzt. Dabei gibt es kaum eine Institution, in der Frauen wirklich Frauen sein können und als solche geschätzt und gewürdigt werden.

Der Chefredakteur der Schweizer Weltwoche und SVP-Politiker Roger Köppel bezeichnete Weihnachten als das Fest nicht nur der Geburt und des Lebens, sondern das der Mütter. Die beiden zentralen Figuren in der Weihnachtsgeschichte sind Jesus und Maria. Sie beide sind auch die einzigen, die unserer katholischen Glaubenslehre zufolge unbefleckt, also frei von Sünden sind. Wie kann da jemand behaupten, Frauen seien in unserer Kirche zweitrangig?

  • Bild: Eine katholische Oase: St. Afra in Berlin Foto: Lukas Steinwandter

Es ist richtig: Frauen sollen sich mehr in der Kirche einbringen. Aber bitte so, dass sie wirklich Frau sein dürfen und nicht dem Mann nacheifern und ihm möglichst ähnlich sein sollen. „Die Frau darf nicht zur Funktionärin degradiert werden, indem man ihr suggeriert, ein Amt würde ihr zu mehr Würde verhelfen. Kein Amt dieser Welt schenkt jemandem Würde. Die hat Gott jedem Einzelnen schon längst gegeben, und die kann ihm niemand niemals nehmen“, schrieb die Tagespost-Redakteurin Regina Einig.

Wieso sollten wir uns von genau jenen sagen lassen, die Kirche achte Frauen nicht genug, die selber Frauen in deren wichtigsten Rolle – in der Mutter-Rolle – geringschätzen und ihnen von oben herab entgegenwerfen, sie seien „nur“ Mütter oder „nur“ Hausfrauen? Wir sollten nicht auf sie hören und ihre Vorwürfe an uns abperlen lassen wie eine gute Jacke die Regentropfen.

Die „alte Messe“ wird vor alle von Jüngeren besucht

Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen. Doch das Priestertum wurzelt nicht in der Schöpfung, sondern in der Erlösungsordnung. „Doch de facto wird die Kirche weithin – anscheinend auch von ihrem eigenen ‚Personal‘ – als Institution gesehen, die Schlüsselpositionen oder zumindest Berufschancen zu vergeben hat. Eine ‚Verweigerung‘ aufgrund des Geschlechts wird daher als skandalöse Zurücksetzung empfunden, selbst wenn jemand den Priester-Beruf für sich persönlich gar nicht in Erwägung zöge“, argumentierte die Wiener Theologieprofessorin Marianne Schlosser.

Nochmal zurück zur Gottesmutter: Sie besitzt eine hohe Würde, ohne dass sie ins Apostelamt eingesetzt wurde. Ihr fehlt es an nichts, wieso soll das eine Ungerechtigkeit sein? „Maria ist das Urbild des begnadeten Menschen, der vollkommenen Glaubensantwort, das Urbild der Heiligkeit. Genau darum geht es in der Kirche und für jedes! ihrer Glieder. Ämter sind sekundär“, verdeutlicht Schlosser. Die Kirche folgt dem Beispiel Christi. Sie erkennt damit auch die Grenzen ihrer eigenen Regelsetzung an. Manche Gesetze sind grundlegend, sind vom Kirchenstifter selbst vorgegeben und damit der kirchlichen Kompetenz entzogen. Frauen nicht ins Priesteramt zu heben, gehört dazu.

Seit einigen Jahre besuche ich die tridentinische Messe, also die heilige Messe nach altem, vorkonziliarem Ritus. Die Gesänge, die Ausrichtung des Priesters Richtung (Hoch-)Altar, die Stille – es fühlt sich authentischer an. Gleichzeitig füllen immer mehr Besucher die Kirchenbänke, während es woanders weniger werden. Das ist nicht nur ein subjektiver Eindruck. Eine Erhebung aus dem vergangenen Jahr kam zu dem Ergebnis: Die „alte Messe“ wird vor allem von Jüngeren und von Familien besucht.

Die katholische Kirche ist traditionell, oder sie ist bald gar nicht mehr. Brauchtums- und heimatbewusste Tiroler lieben ihre Berge und ihre Traditionen. Die katholische Kirche gehört als ihr sinn- und kraftgebender Urquell dazu.

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Lukas Steinwandter, Jg. 1990, der Journalist aus dem Hochpustertal arbeitet als Redakteur für die deutsche Wochenzeitung Junge Freiheit.

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  1. Elsa
    16.02.2021

    Beim Lesen dieses Artikel fühlt man sich um rund 500 Jahre in die Zeit zurückversetzt. Im Prinzip so wie UnserTirol24 eingestellt ist.
    Wer Perspektiven für die Zukunft sucht, sollte sich von solchem Gedankengut trennen.


  2. 11.02.2021

    Auch zu Konservativ?
    YouTube löscht den katholischen Kanal „Life Site News“
    https://unser-mitteleuropa.com/youtube-loescht-den-katholischen-kanal-life-site-news/

  3. brutus
    10.02.2021

    Also für mich ist der Text durch und durch konservativ und rückwärtsgewandt!


  4. 09.02.2021

    An der katholischen Kirche in Deutschland müssen wir uns kein Beispiel nehmen,da werden für die Flüchtlingshilfeindustrie Geschichten verdreht, so zum Beispie dass Maria und Josef auch Flüchtlinge waren, das das Eine, und natürlich wird auch die neue Gendersprache verwendet.

  5. dege
    08.02.2021

    Vielen Dank, lieber Lukas, für diese beherzte und kluge Replik, eine Sonntagsarbeit, wie ich sehe. Erlaube mir, den Dialog weiterzuführen. Bis bald.

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