Georg Dekas
Deutsche wollen italienische Ortsnamen bis in den letzten Winkel Südtirols
von Georg Dekas
Na toll. Es gibt auch zwei renommierte deutsche Namen im Aufruf der Professoren der Accademia della Crusca, die das unschätzbare Kulturgut der tolomeischen Ortsnamen im Verwaltungsbereich der „Autonomen Provinz Bozen“ auf ewig schützen möchten. Dieter Kremer ist Romanist aus Trier (für das die Italiener auch einen eigenen Namen haben, nämlich „Treviri“) und Vorsitzender der Deutschen (!) Gesellschaft für Namenforschung in Leipzig, aber auch Ehrenprofessor von gleich vier italienischen Universitäten, dann haben wir da Max Pfister, Schweizer, der das Italienische Etymologische Lexikon herausgibt. Ganz offensichtlich haben die beiden Herren solide wirtschaftliche Beziehungen nach Italien, die sie für einen so irren Aufruf empfänglich machen.
Krude Politik statt feinsinniger Wissenschaft
Das wissenschaftliche Interesse kann es nicht sein, weil ein jedes Kind mit politischem Verstand in diesem Lande erkennt, dass der Appell der Crusca kein kulturelles Anliegen ist, sondern reine Politik. Als Beweis dafür mag der Artikel von Virginia Della Sala im „Il fatto quotidiano“ vom 16.10.2016 dienen, der den Titel trägt: „Alto Adige, l’appello di 48 linguisti a Renzi “Non svendere l’italiano per il Sì alle riforme” – also: Alto Adige (gemeint ist Südtirol), 48 Linguisten appellieren an Renzi, „Das Italienische nicht verscherbeln für ein Ja zur Verfassungsreform“. Die mit deutscher Deckung Politik treibenden Wissenschaftler der Crusca fürchten, dass die erfundenen italienischen Ortsnamen in den seinerzeit eroberten deutschen und ladinischen Alpentälern für eine Handvoll Stimmen geopfert werden könnten. Ihr Appell wird im hochgradig nationalistischen Italien auf fruchtbaren Boden fallen. Ein Mann mit dem Namen Alemanno („der Deutsche“), gescheiterter Bürgermeister von Rom, hat den Appell bereits in eine versuchte „deutsche Kolonisierung“ umgedeutet. Starker Tobak, fast schon gewuzelt, nicht nur gedreht. Inzwischen bedanken wir deutschen Südtiroler uns bei den Herren Kremer und Pfister recht herzlich.
Von Dichtung und Tiroler Taliban
Sofort aufgenommen hat den Ball auch der Schriftsteller Mauro Fattor im „Alto Adige“ vom 17.10.2016. Jetzt, nach dieser professoralen Lektion, so triumphiert er, könne die SVP nicht mehr so tun als würde sie nichts hören und nichts verstehen. Die italienischen Ortsnamen, und zwar alle, seien ein Kulturgut und keine Schande. Fattor bemüht einen „zachen“ Vergleich. Der Erfinder, der Tolomei, sei längst tot und seine Namen mit ihm gestorben. Die Namen, die er erfand, gehörten ihm nicht mehr, sie seien Allgemeingut geworden, so wie der Nachlass von berühmten Schriftstellern und Musikern irgendwann auch zum kulturellen Allgemeingut der Menschheit werde. Die Leute, die dieses kulturelle Erbe vernichten wollen, sind damit für Fattor nichts anderes als rückständige Taliban, ja, eigentlich schon IS-Terroristen, die das Weltkulturerbe Palmyra in die Luft sprengen. Jedenfalls ruft Fattor unsereins direkt zu: „Hört endlich auf, euren Kopf nach hinten zu drehen und schaut nach vorn!“ Er meint also, dass vorne da sei, wo er steht, so wie er meint, dass der Senator Palermo, der der Abschaffung von nicht gebrauchten italienischen (Mikro-) Ortsnamen wie im Durnwalder-Fitto-Abkommen zustimmt, vom Kollegen Karl Zeller in eine Falle gelockt worden wäre. Wenn man solche Beiträge liest, ist man immer wieder baff, mit welchen billigen Taschenspielertricks, mit welcher Anmaßung und mit welch kriegerischer Sprache Italiener ihren Alto Adige in allem verteidigen.
Deutsch und Italienisch gleichgestellt – wie bitte?
Sowohl die Professoren als auch der rabiate Kommentator im „Alto Adige“ bemühen beide die gegebene bzw. mühsam erstrittene „parità“ der deutschen und der italienischen Sprache in Alto Adige. Ma quale parità? Möchte man ihnen entgegnen. Das geltende zweite Autonomiestatut von 1972 sagt ganz klar, dass die italienische Sprache maßgeblich ist, nicht die deutsche, und dass nur die öffentlichen Verwaltungen, aber nicht jeder Bürger, angehalten sei, die deutsche Sprache und „auch“ allenfalls vorhandene deutsche Ortsnamen im Verkehr mit „deutschsprachigen Bürgern“ zu benutzen. Dieses „auch“ und „falls“ im Artikel 101 des Statuts stellen die Tatsachen auf den Kopf. Jahrtausendalten und ständig gebrauchten Ortsnamen wird ihr Vorhandensein a priori abgesprochen. Erst durch die gesetzgeberische Anerkennung des Landtages würden sie existieren. Na, und wenn, dann hätte der italienische Beamte, “auch” die Möglichkeit, diese Namen zu verwenden im Sprachverkehr mit den einheimischen deutschen Muttersprachlern. Es ist also pures Entgegenkommen, wenn Italiener deutschen Südtirolern gegenüber Bozen sagen und nicht Bolzano. Denn, so steht es geschrieben, die ewig alten und angestammten Ortsnamen sind im Hoheitsgebiet der autonomen Provinz Bozen sind …gar nicht amtlich, also gar nicht existent! Soweit zur Gleichstellung beider Sprachen an dieser empfindlichen Stelle der kollektiven Identität.
Fritz bleibt Fritz, aber Bombay nicht
Um es einfacher zu sagen: Liebe Professoren und Progressisten! Ihr könnt privat Namen erfinden und gebrauchen, so viel und welche ihr wollt, selbstverständlich auch die vom Tolomei erdichteten. Nur, wenn man einen Menschen, der auf Friedrich getauft ist und so sein ganzes Leben lang gerufen wurde, wenn man den ausschließlich als Federico in den Telefonbüchern, in der Postadresse, in Google und im Personalausweis führt, dann ist das sturer und bornierter Kulturchauvinismus und nichts anderes. Bei den Eigennamen habt ihr das 1972 sofort eingesehen. Wie lange wird es bei den Ortsnamen dauern? Bombay wurde nach der britischen Kolonialzeit in Mumbai zurückgeführt und niemand in England hat von Kulturfrevel gesprochen. Lernt daraus und widmet Euch mehr Euren Studien und Essays!
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20.10.2016
Das ist schon der Gipfel, deutsche-Nicht Südtiroler-Sprachwissenschaftler huldigen den Faschismus,
solche Typen können sich bei der Antifa bewerben «Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen:
‹Ich bin der Faschismus›. Nein,
er wird sagen: ‹Ich bin der Antifaschismus›.» (Ignazio Salone politisch engagierter italienischer Schriftsteller.)
Es ist wieder bemerkenwert, dass die angeblichen antifaschistischen gegen Rechts-Moralmedien jenseits des Brenners
darüber ein kollektives Stillschweigen vereinbaren.
Die Rechtsextreme antisemitische Casa Pound in Südtirol erhält mehr Aufmerksamkeit, die an zwei Händen zu zählende
Minderheit in Südtirol bei den deutschen (BRD)-Medien, wie die zahlreichen politischen Faschistinhuldiger
sowohl bei der SVP , wie auch noch zahlreicher im römischen Senat.
19.10.2016
die von Faschisten Tolomeis frei erfundene Orts- und Flurnamen sind auch nach mittlerweile fast 100 Jahren in keinster Weise als Kulturgut zu betrachten. Es war einfach blinder Faschismus.
Herr Tolomeis ist bereits mehrfach aus seinem Grab gebombt worden. Und jetzt wollen ausländische, leider auch deutsche, real nur Geschäftspartner die üblen faschistischen Ergüsse des Herrn Tolomeis als Kulturgut sehen. Um Gottes Willen, was sind das für Wissenschaftler.
19.10.2016
hallo
wer diese von Tolomei erfundenen ital. Namen als Kulturgut bezeichnet, hat eigentlich aus der Geschichte nichts gelernt; wenn es, wo möglich, wenigstens nachvollziehbare Übersetzungen gewesen wären, könnte man darüber diskutieren, aber z.B. aus Afers wurde Eores gemacht, was sollte das?
im übrigen halte ich mich in Südtirol nach wie vor an die deutsche Sprache und verstehe erst südlich der Salurner Klaus italienisch