von fe 24.10.2017 19:15 Uhr

Lombardei und Venetien stellen Autonomie-Forderungen an Rom

Nach dem klaren Votum für mehr Autonomie bei den Referenden in Venetien und in der Lombardei erheben die Präsidenten der beiden norditalienischen Regionen Forderungen an die Zentralregierung in Rom. Der Präsident Venetiens, Luca Zaia, will sich nicht nur mit mehr regionalen Kompetenzen begnügen, sondern fordert für seine Region ein Sonderstatut wie Südtirol. Rom zeigt sich gesprächsbreit.

Luca Zaia fordert Sonderstatut – APA (AFP/Archiv)

“Venetien kann jetzt von einer Autonomie wie Trentino-Südtirol träumen. Alle Regionen können davon träumen, weil das Parlament die Verfassung ändern kann. Wichtig ist, die Stimmen dafür im Parlament zusammenzubringen”, erklärte Zaia, der wie sein lombardischer Kollege Roberto Maroni der föderalistisch-orientierten Rechtspartei Lega Nord angehört. Maroni schlägt moderatere Töne an. Ihm genügt es, für die Lombardei mehr Befugnisse zu bekommen und weniger Steuern abführen zu müssen.

In Italien haben nur fünf der 20 Regionen – Trentino-Südtirol, Friaul-Julisch Venetien, Aostatal, Sizilien und Sardinien – ein Sonderstatut, das ihnen wegen ihrer besonderen Eigenschaften und der Präsenz sprachlicher Minderheiten eine besonders große Autonomie, vor allem im Umgang mit Steuergeldern, sichert. Die Lombardei und Venetien beklagen seit langem, dass sie als Wirtschaftslokomotive den schwachen Süden des Landes mitziehen müssen.

Die Region Venetien, die an zwei Regionen mit Sonderstatut – Trentino-Südtirol und Friaul-Julisch Venetien – grenzt, bekommt deren Konkurrenz schmerzhaft zu spüren. Viele Bewohner und Unternehmer in den Grenzgebieten wandern in die begünstigteren Nachbarregionen aus, wo der Steuerdruck niedriger und die Dienstleistungen für Familien und Betriebe effizienter sind. Die Autonomie-Bestrebungen in Venetien sind aus kulturellen und historischen Gründen stärker als in der Lombardei. Viele Separatisten träumen in der Region von einer Neugründung der “Serenissima”, der Republik Venedig, die 1.100 Jahre lang ein eigenständiger Staat war.

Die radikale Forderung Zaias nach einem Sonderstatut hat Maroni laut eigenen Angaben überrascht. “Ich hatte gehofft, dass die Lombardei und Venetien zusammen mit der Regierung verhandeln. Jetzt weiß ich nicht mehr, ob das möglich ist”, kommentierte Maroni. Der Lombarde kündigte an, er werde in Rom um “mehr Macht und Ressourcen” bitten. Dies solle aber “im Rahmen der nationalen Einheit” erfolgen. Er kündigte an, innerhalb von zwei Wochen detaillierte Vorschläge zur stärkeren Regionalisierung zu unterbreiten. Er hofft, dass noch vor Auflösung des Parlaments am Ende der Legislaturperiode im Frühjahr das Gesetz für mehr regionale Kompetenzen von den Kammern abgesegnet wird.

Der italienische Premier Paolo Gentiloni erklärte sich am Dienstag zu Gesprächen über mehr regionale Autonomie bereit. “Die Regierung ist zu Gesprächen bereit, um zu effizienteren Regionen zu gelangen”, sagte Gentiloni. Die Diskussion müsse jedoch im Rahmen der Verfassung erfolgen.

“Ich beobachte mit Interesse, Respekt und Offenheit die Debatte, die nach dem Autonomie-Referendum begonnen hat”, betonte Gentiloni bei einem Besuch am Dienstag in Venedig. Er rechne mit einer “komplexen Diskussion”, die im Rahmen der geltenden Gesetze und der Verfassung erfolgen müsse. Es sei wichtig, Konflikte zu vermeiden, mahnt der Regierungschef. “Wir diskutieren darüber, wie Italien besser funktionieren kann”, meinte Gentiloni.

APA

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