10.000 Flüchtlinge in vier Tagen gerettet – Rom unter Druck
Innenminister Marco Minniti, der am Dienstag zu einem institutionellen Treffen nach Washington unterwegs war, musste nach Italien zurückkehren, um den Umgang mit den Tausenden neu ankommenden Migranten zu koordinieren. “Diese Massenankünfte haben eine Dimension erreicht, die für Italien unerträglich geworden ist”, sagte Ex-Premier Matteo Renzi.
Staatschef Sergio Mattarella beschuldigte die EU, zu wenig zur Unterstützung Italiens zu unternehmen. “Italien ist an der vordersten Front engagiert, um angesichts des epochalen Flüchtlingsphänomens tausende Menschenleben zu retten. Es fehlen jedoch einschneidende, gemeinsame Initiativen auf europäischer Ebene, um mit diesem Notstand umzugehen”, so Mattarella.
Seit Sonntag wurden 10.000 Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet, 2.000 allein am Dienstag. Drei Leichen befinden sich an Bord der Schiffe der italienischen Küstenwache und der NGOS, die in Richtung Sizilien, Kalabrien und Sardinien unterwegs sind. Zu den Leichen an Bord zählt auch jene eines Neugeborenen, das auf See zur Welt kam, die Geburt jedoch nicht überlebte, berichteten italienische Medien.
Rund 80.000 Migranten sind seit Jahresbeginn in Italien eingetroffen, das sind 14,5 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2016, wie das Innenministerium mitteilte. Alle Flüchtlingseinrichtungen in Italien sind heillos überfüllt. Das Innenministerium, das im Gesamtjahr 2017 mit über 200.000 Migranten rechnet, macht Druck auf die Gemeinden, um Lösungen für die Flüchtlinge zu finden. Derzeit versorgt Italien über 180.000 Migranten. Innenminister Minniti drängt auf eine faire Lastenverteilung der Flüchtlingsversorgung innerhalb Italiens. Einige Regionen würden mehr als andere ihre Pflichten erfüllen, meinte der Minister.
Die italienischen Rechtsparteien kritisieren die Regierung. Die ausländerfeindliche Lega Nord hat angekündigt, die Regierung wegen Förderung der Schlepperei zu verklagen. Mit der Rettung von Migranten im Mittelmeer durch Schiffe der italienischen Marine und der Küstenwache werde der Menschenhandel stark gefördert. Die Rechtspartei “Brüder Italiens” forderte eine Hafenblockade, um die “Invasion aus Libyen” zu stoppen.
Unterdessen versucht die Regierung in Rom weiterhin Druck auf die EU für internationale Lösungen für die Migrationswelle zu machen. Am 6. Juli wird Italien in Rom als Gastgeber eines Treffens mit einigen afrikanischen Transitländern fungieren. An der Konferenz auf Ebene der Außenminister sollen neben den EU-Partnern, Vertreter der libyschen Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj, des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) teilnehmen.
APA