Nikolaus und Krampus: Der Brauch im Generationsvergleich
„Ein Apfel und eine Orange – das war etwas Besonderes“
Die 75-Jährige erinnert sich noch gut an die Nikolausabende ihrer Kindheit: „Wir Kinder saßen am Abend des 5. Dezember eng zusammengerückt in der warmen Stube, während draußen die Ketten rasselten und die Glocken der Krampusse läuteten. Es war eine Mischung aus Furcht und Vorfreude. Wenn dann der Nikolaus hereinkam, mussten wir alle ein Gebet aufsagen und unsere guten Taten des Jahres aufzählen.“
In ihrer Kindheit gab es weder Schokoladennikoläuse noch aufwendig verpackte Geschenke. „Wir bekamen einen Apfel, ein paar Nüsse und manchmal eine Orange“, erinnert sich die Seniorin. „Und wer nicht brav war, dem drohte der Krampus mit der Rute“, erzählt sie. Mit kritischem Blick auf die Gegenwart fügt sie hinzu, dass der Krampus früher noch deutlich „traditioneller und authentischer” aussah als heute: „Die modernen Masken haben meiner Meinung nach nichts mehr mit dem ursprünglichen Teufel zu tun, sondern erinnern eher an außerirdische Gestalten!“ Besonders die großen Krampusläufe, die mittlerweile schon im November stattfinden, sieht die 75-Jährige als übertriebene Kommerzialisierung der Tradition.
Der moderne Nikolausbrauch
Eine andere Sichtweise hat der neunjährige Schüler auf den Nikolaustag: „Bei uns in der Schule kommt der Nikolaus schon am Vormittag vorbei. Er trägt einen roten Mantel und einen langen weißen Bart. Sein goldener Bischofsstab wird während seiner Rede von seinem Gehilfen Knecht Ruprecht gehalten.“ Auch ein Krampus ist in der Schule mit dabei, doch von der üblichen Angst keine Spur – im Gegenteil: „Der Krampus macht eigentlich nur Spaß und erschreckt uns ein bisschen.“
Allerdings zeigt sich bei seinen Klassenkameraden ein anderes Bild, vor allem wenn es um den abendlichen Nikolausumzug geht. In ihrem Dorf wird der Nikolaus von zahlreichen Krampussen begleitet, sodass diese mehr im Fokus stehen als der Heilige selbst. „Ich gehe seit meiner Kindergartenzeit nicht mehr zum Nikolausumzug, weil ich viel zu große Angst vor den vielen Krampussen habe. Die sind immer so böse und schauen richtig gruselig aus!“, gesteht seine Klassenkameradin.
Auch bei den Geschenken spiegelt sich der Wandel der Zeit wider. „In mein ‚Nikolaussackl’ sind meistens Süßigkeiten, manchmal auch kleine Spielsachen oder Buntstifte“, berichtet der Schüler. Von den bescheidenen Gaben früherer Zeiten zur heutigen Geschenkevielfalt – auch hier zeigt sich eine Veränderung der Tradition.
Zwischen Bewahrung und Wandel
Was früher ein ernster Brauch mit erzieherischem Charakter war, hat sich heute vielerorts zu einem Event gewandelt, bei dem Unterhaltung im Vordergrund stehen. Dennoch bleiben die Grundzüge der Tradition erhalten: Der Nikolaus als gute Figur, der Krampus als böse.
„Natürlich war früher nicht alles besser – nur anders“, so die 75-Jährige. „Das Wichtigste ist doch, dass die Kinder Freude haben und die Tradition weiterlebt“, betont sie. Dem stimmt auch der Neunjährige begeistert zu: „Ich finde es cool, dass der Nikolaus schon so lange zu den Kindern kommt. Und ich freu mich jetzt schon riesig auf den 6. Dezember!”