von red 01.10.2024 14:00 Uhr

Alte Tirolensien neu gelesen (Teil 30)

Frauenklöster im Alpenraum, herausgegeben 2012 von Brigitte Mazohl und Ellinor Forster in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Kulturinstitut, ist ein Sammelband und bietet eine tiefgehende und vielschichtige Erkundung der Rolle von Frauenklöstern im Alpenraum. Es bietet dem Leser einen umfassenden Blick auf die aufschlussreiche, mehrfach unterbewertete Rolle dieser klösterlichen Institutionen und deren Einflussnahme auf die kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung der Region. Eine Rezension von Andreas Raffeiner.

Klöster bewahrten Traditionen

Das Buch beginnt mit einer präzisen und prägnanten Einführung, die den geschichtlichen Rahmen und die Macht der Frauenklöster im mittelalterlichen Tirol und Trentino umreißt. Die unterschiedlichen Aufsätze werfen Licht auf die facettenreiche Geschichte und die abwechslungsreichen Funktionen der Frauenklöster. Julia Hörmann-Thurn und Stefan Benz bieten eine detaillierte Analyse der historischen Verhältnisse und der Geschichtsschreibung, die sich in den Frauenklöstern entwickelt hat. Diese Klöster waren keinesfalls nur religiöse Rückzugsorte, sondern auch kulturelle und intellektuelle Zentren, die den Wissensaustausch und die Bewahrung von Traditionen förderten.

Das Klosterleben der Nonnen

Die Abhandlungen von Ingrid Facchinelli und Erika Kustatscher untersuchen die inneren Dynamiken und spirituellen Ideale der Klöster. Sie zeigen, wie das Klosterleben sowohl von idealistischen Visionen als auch von den praktischen Herausforderungen des Alltags geprägt war. Die detailreiche Beschreibung des Alltags im Kloster, einschließlich der spirituellen und sozialen Aspekte, bietet einen tiefen Einblick in die komplizierten Realitäten, denen sich die Nonnen gegenübersahen.

Klöster als Schauplatz der Politik

Eva Cescutti und Ellinor Forster widmen sich den politischen und sozialen Dimensionen der Frauenklöster in der frühen Neuzeit und beleuchten die Spannungen und Herausforderungen, die durch die wechselnden politischen und sozialen Kontexte entstanden. Diese Klöster waren häufig Schauplätze politischer Verhandlungen und gesellschaftlicher Veränderungen, die weit über ihre religiösen Funktionen hinausgingen.

Klösterliche Handwerkskunst

Ein außerordentlicher Schwerpunkt des sehr interessanten und guten Buches liegt auf der künstlerischen und handwerklichen Produktion innerhalb der Klöster. Herta Arnold untersucht die wertvollen kulturellen Beiträge, die durch die klösterliche Handwerkskunst und Kunstfertigkeit entstanden sind, und reflektiert darüber hinaus die Bedeutung dieser Traditionen für die kulturelle Identität der Region.

Aktuelle Bedeutung der Frauenklöster

Abschließend bietet der Band eine Reflexion über die fortwährende Bedeutung der Frauenklöster in der Moderne. Der Beitrag von Selma Mahlknecht über die filmische Darstellung von Nonnen und die Analyse der Repräsentation von Klöstern in der Popkultur zeigt, wie das Bild des Klosters im öffentlichen Bewusstsein verwurzelt ist und welche Herausforderungen bestehen, diese Traditionen am Leben zu halten.

Der zu besprechende Sammelband ist in den Augen des Rezensenten somit mehr als nur eine historische Betrachtung; er ist eine bedeutsame Auseinandersetzung mit der kulturellen, sozialen und spirituellen Größe der Frauenklöster und deren kontinuierlichen Einfluss auf die Region und ihre Menschen. Den beiden Herausgeberinnen ist nur zu gratulieren, ihnen ist in dieser Hinsicht und in dieser Thematik mehr als nur ein guter Wurf gelungen.

von Andreas Raffeiner
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Brigitte Mazohl/Ellinor Forster (Hrsg.): Frauenklöster im Alpenraum (Schlern-Schriften, Bd. 355), Innsbruck 2012.

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