von gk 23.01.2024 10:06 Uhr

„Die Aufmerksamkeit der Welt ist auf Südtirol gerichtet“

Nach der Sprengung des Aluminium-Duce am 30. Jänner 1961 und den folgenden Unruhen in Südtirol, fanden im ganzen Land wahllos Hausdurchsuchungen und Festnahmen statt. Arretierungen Hunderter von Personen und noch viel mehr Hausdurchsuchungen erfolgten vielfach ohne die erforderliche gesetzliche Begründung.

SVP-Obmann und Landeshauptmann von Südtirol. Dr. Silvius Magnago.

Obwohl es nach den ersten Verhaftungen scharfen Protest vonseiten des Südtiroler Landeshauptmannes Dr. Silvius Magnago gab (UT24 berichtete), ließ der italienische Ministerpräsident Fanfani verlauten, dass man weiterhin gegen die Aufwiegler in Südtirol vorgehen werde, um seine Staatsbürger zu schützen. Die Polizeiaktionen richteten sich im Besonderen gegen Persönlichkeiten der Südtiroler Volkspartei, der Schützen und der freiwilligen Feuerwehren. Die zum Verhör Geholten wurden in Ketten abgeführt. Bei den Einvernahmen und Hausdurchsuchungen musste festgestellt werden, dass sich die italienischen Polizeiorgane Methoden bedienten, die eine Verletzung der Menschenwürde darstellten.

Die Leitung der Südtiroler Volkspartei sah sich daher veranlasst, zu erklären:
„Das Verhalten der Polizeiorgane bei Einvernahme und Festnahme steht oft im krassen Gegensatz zu den Grundsätzen der europäischen Menschenrechtskonvention.“

Der Landeshauptmann von Tirol, Dr. Hans Tschiggfrey, sagte in einer Rundfunkansprache:

Wir sahen, daß Ideologien, die in unserer Zeit keinen Boden mehr haben, noch immer ihr Haupt erheben. Wir mußten erkennen, daß man von dem so notwendigen und so viel im Munde geführten europäischen Denken noch immer weit entfernt ist. Wie in den Tagen Mussolinis zogen jugendliche Scharen schreien und drohend durch die Gassen, jenen Geist bekundend, der unsere Landsleute jenseits des Brenners so sehr peinigte und bedrängte und nicht einmal auf dem Friedhof in Ruhe ließ. Dennoch geben wir die Hoffnung nicht auf. Wir glauben, daß europäische Gesinnung auch dort, wo wir sie besonders schmerzlich vermissen, Einkehr halten muß. Es kann nicht sein, daß man sich auf der einen Seite zu den Kreuzrittern des Rechtes und der Freiheit gesellt und diese hehren Begriffe auf der anderen, innerhalb der eigenen Grenzen, auf die Dauer mißachtet. Man kann einem freiheitsgewohnten Volk im Herzen Europas nicht den von ihm geforderten Teil jenes Rechtes vorenthalten, das heute in Afrika und in Asien als selbstverständlich in Anspruch genommen wird. Die Aufmerksamkeit der Welt ist weiter auf Südtirol gerichtet. Das Recht wird siegen, das Recht muß siegen.

Protest aus vielen Bewegungen und Gemeinschaften

Da die Polizeiaktionen nicht aufhörten, wandten sich am 10. Februar die Landesleitung des Katholischen Verbandes der Werktätigen, die Katholische Bewegung und die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Ärzte Bozen in einem Protest und Appell an das italienische Ministerratspräsidium, den Regierungsvizekommissär und den Quästor von Bozen und verurteilten scharf die Beleidigung der menschlichen Würde durch das Vorgehen der italienischen Polizei, nämlich das Abführen unschuldiger Menschen in Ketten, die Rücksichtslosigkeit gegen alte und kranke Menschen, die Festhaltung in ungenügender Kleidung und unhygienischen Lokalen, die Schülerdemonstrationen, die Beleidigung der deutschen Bevölkerung, die Morddrohungen gegen den Landeshauptmann, die Duldung all dieser Vorkommnisse durch die Sicherheitsbehörden, die Diskriminierung des Südtiroler Volkes und die Mißachtung der menschlichen Würde.

  • Faschistische Kundgebung in der Bozner Museumsstraße.

Hausdurchsuchung im Sitz der SVP

Auf der am 25. März 1961 in Bozen stattgefundenen Landesversammlung der SVP kam der Parteiobmann Dr. Silvius Magnago ausführlich auf die Ereignisse seit der Sprengung des Aluminium-Duce, die zu Polizeiaktionen gegen die Südtiroler wie in den Tagen des Faschismus führten, zu sprechen. Mit ihrem blinden und wahllosen Vorgehen bewies die Polizei ihre Landfremdheit. Die größte Provokation war die Hausdurchsuchung in der Villa Brigl zu Bozen, dem Sitz der Südtiroler Volkspartei, denn sie war gegen die von der Verfassung geschützte demokratische Interessensvertretung einer volklichen Minderheit gerichtet. Ebenso verurteilte Silvius Magnago die antieuropäischen Demonstrationen italienischer Jugendlicher und die Hetz- und Lügenkampagne, welche in Presse und Rundfunk geführt wird.

Von Zeit zu Zeit erfolgten einzelne Sprengstoffanschläge gegen Sachobjekte. Die italienische Polizei führte danach jedesmal eine umfassende Aktion gegen die Südtiroler Bevölkerung durch, insbesondere aber gegen Funktionäre der SVP. Dieses Vorgehen der Polizei veranlaßte den Parteiausschuß der SVP am 22. April zu einer eindeutigen Stellungnahme:

Die Tatsache, daß von diesem rücksichtslosen Vorgehen in erster Linie Funktionäre der SVP, ihre Bezirks- und Ortsobmänner betroffen wurden, beweist, daß von den Behörden mit diesen Maßnahmen eine Einschüchterung der Südtiroler bezweckt wird, deren Schuld lediglich darin gesehen wird,  daß sie sich im Rahmen der SVP für das Wohl und das Recht unseres Volkes einsetzen. Entsprechendes gilt für Angehörige anderer Verbände, die für das Allgemeinwohl tätig sind, wie Feuerwehren, Schützen, Musikkapellen. Bei der Südtiroler Volkspartei ist dieses Vorgehen um so schwerwiegender, als es sich dabei um die rechtmäßige politische Vertretung unserer Minderheit handelt, für die auch in der italienischen Verfassung besondere Schutzmaßnahmen garantiert sind.

Der obige Auszug stammt aus der Schriftenreihe „Schändung der Menschenwürde in Südtirol“ des „Mondseer Arbeitskreises“, Band Nr. 3.

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