UT24 fragt nach – Heute bei Kabarettistin Monika Gruber
UnserTirol24: Frau Gruber, mit 51 Jahren verabschieden Sie sich nun bereits von der Kabarettbühne. Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen?
Monika Gruber: Ich hab mir einfach gedacht, irgendwann merk ich wenn der Zeitpunkt ist um aufzuhören, nicht weil es mir keinen Spaß mehr machen würde, sondern weil man dann aufhören sollte, wenn es am schönsten ist. Die Leute sollten einen immer noch gerne sehen, der Meinung sein, dass es gut ist und einen Spaß haben und nicht der Meinung sein, dass es früher besser war oder dass es jetzt nicht mehr so unterhaltsam wäre. Diesen Zeitpunkt möchte ich nicht abwarten bis es dann soweit ist, sondern ich möchte dann abtreten, wenn es am schönsten ist. Vielleicht vermisse ich auch in fünf Jahren die Bühne und mir ist langweilig, aber ich denke, dass es nun ein guter Zeitpunkt ist um aufzuhören.
Zudem werden die Zeiten ja nicht einfacher, denn es sind die Bereiche Restaurant, Urlaub und Kultur, wo die Menschen Einsparungen vornehmen. Wir Kulturschaffende hören es zwar nicht gern, aber wir sind im Endeffekt nicht systemrelevant. Und natürlich sparen die Leute bei einer Kulturveranstaltung, für welche man zu zweit bis zu 200 Euro pro Abend ausgeben kann (Eintrittskarten, Essen, Trinken) und das hat man einfach nicht so flockig stecken in diesen Zeiten.
Und die Zeiten werden schwerer. Mir tun meine jungen Kollegen leid, die jetzt gerade am Anfang ihrer Karriere stehen.
UT24: Mit ihrer Abschiedstournee sind Sie jetzt noch ein Jahr lang bis Herbst 2023 unterwegs und haben dabei auch in Südtirol Halt gemacht. Was hat Sie dazu bewogen?
Gruber: Südtirol ist ja immer schon in meinem Kopf rumgegeistert. Immer wenn ich in Innsbruck gespielt habe, waren auch stets viele Südtiroler dort und haben mich gefragt, wann ich endlich mal nach Südtirol kommen würde. Über die Jahre habe ich dies tatsächlich sträflich vernachlässigt, weil ich mich nicht so recht getraut habe oder was weiß ich warum. Eigentlich funktioniert in Südtirol ja alles bestens und auch mit dem Dialekt gibt es keine Sprachbarriere. Der Schmäh ist auch derselbe und von daher gibt es gar keinen Grund, Südtirol auszusparen.
Ich habe vor vielen Jahren schon mal in Steinegg gespielt und habe nur gute Erinnerungen daran. Deshalb wollte ich unbedingt nochmals in Südtirol auftreten und hab mir Anfang dieses Jahres das Kurhaus in Meran angeschaut. Dann hab ich mir gedacht, dass ich das einfach mal probiere und hab mich für ein paar Auftritte dort entschieden.
UT24: Ihr Programm trägt den Titel „Ohne Worte“. Was kann man sich dabei vorstellen?
Gruber: Ich könnte eigentlich auch sagen: Die Lage ist besäufniserregend (lacht). Wenn man aktuell die Schlagzeilen in den Medien hört oder liest, da fehlen einem die Worte zu dem was du da teilweise erzählt kriegst. Man denkt sich dabei, in was für absurden Zeiten man eigentlich lebt. Angefangen hat es vor knapp drei Jahren zunächst mit Corona, dann jetzt mit dem Krieg und der hausgemachten Energiekrise. Das Ganze driftet teilweise ins Absurde ab, wo Politiker bei irgendeiner Ideologie bleiben und dabei riskieren, dass 100.000e Arbeitsplätze vernichtet werden, nur um ihre Ideologie durchzudrücken. Man steht dabei und denkt sich: Meinen sie das wirklich alle ernst? Was willst du da noch sagen außer „ohne Worte“?
Monika Gruber – Foto: Katharina Baumann
UT24: Sie nehmen also Bezug zu den aktuellen politischen Geschehnissen.
Gruber: Ich bin zwar ein politischer Mensch, aber die Programme waren nie politisch. Ich glaube, dass die Leute in diesen Zeiten die Schnauze einfach voll haben. Du wirst täglich bombardiert, nur mit Negativem, nur mit Schreckens- und Weltuntergangsszenarien. Ein normales Gehirn kann das ja gar nicht mehr normal verarbeiten, auch nicht in dieser Frequenz, in welcher man neue Informationen bekommt. Ich glaube, dass die Leute einfach mal einen entspannten Abend verbringen möchten und nicht gesagt bekommen möchten, dass die Welt untergehen wird, dass das Gas nicht mehr zu bezahlen sein wird, dass auch der Strom unbezahlbar geworden ist und dass die Leute bald im Dunkeln sitzen werden oder nicht mehr wissen werden, was sie essen sollen. Die Leute wollen sich einfach mal amüsieren und über belanglose Dinge und Alltagssituationen lachen können. Und das ist auch ihr gutes Recht finde ich.
Monika Gruber
UT24: Nun werden Sie noch bis Herbst 2023 als Kabarettistin auf der Bühne stehen. Wie geht's danach weiter?
Gruber: Ich weiß es nicht. Im nächsten Jahr schreibe ich wieder ein Buch, gemeinsam mit Co-Autor Andreas Hock, mit dem ich auch das letzte Buch „Und erlöse uns von den Blöden“ geschrieben habe. Wir arbeiten an einer Fortsetzung davon und es wird wieder eine Gesellschaftskritik werden. Ansonsten möchte ich mir einfach den Raum geben um mit 50 Jahren sagen zu können, vielleicht noch was ganz anderes anzufangen. Dazu muss man vom Bisherigen einfach mal loslassen und sich treiben lassen können, denn in einer Phase, wo man viel arbeitet und angespannt ist, funktioniert das nicht. Ich habe bereits ein paar Ideen, weiß aber noch nicht, ob ich diese konkretisieren werde. Zudem möchte ich wieder mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Meine Eltern werden natürlich auch immer älter. Sie sind zwar noch fit, aber man weiß nie, wie viel Zeit einem noch mit seinen Eltern bleibt. Ich möchte mir nachher nicht den Vorwurf machen, zu wenig Zeit mit der Familie verbracht zu haben, gerade in einer Zeit, in der man noch was machen und unternehmen kann.
UT24: Das einschneidenste Erlebnis der vergangenen Jahre war natürlich die Zeit mit Corona. Wie haben sie diese erlebt?
Gruber: Naja, am Anfang wusste ja niemand genau, was das genau ist und jeder hatte Angst und war vorsichtig. Es gab die Sorge, ob im eigenen Umfeld Dutzende Leute an dem Virus sterben werden. Deshalb war man zunächst auf Hab-Acht-Stellung und ich war genauso vorsichtig. Zu diesem Zeitpunkt war ich in Italien, genauer gesagt in Florenz, um dort einen Sprachkurs zu machen. Dort hab ich mir für zwei Monate ein Appartement gemietet und hab mich an einer Schule angemeldet. Und schon nach drei Tagen ist die Schule geschlossen worden. Zunächst bin ich noch ein paar Tage dort vor Ort geblieben, aber dann habe ich gemerkt, dass es eng wird. Nachdem die Museen und Kirchen geschlossen haben, hab ich mir gedacht, bevor auch die Restaurants schließen und ich alleine im Appartement sitze, kehre ich zurück nach Hause. Als ich dort einige Zeit alleine bei mir Zuhause war, da ich ja die anderen auch nicht anstecken wollte, hat man relativ bald gemerkt, dass das Virus nicht so gefährlich und tödlich ist, wie Politiker es einem versuchen zu erzählen. Und anstatt die Situation besser geworden ist, ist es immer schlimmer geworden. Die Maßnahmen sind immer drastischer und erschreckender geworden, wie auch der Ton, in dem miteinander gesprochen wurde, mit dem miteinander umgegangen wurde, mit dem auf Ungeimpfte eingeprügelt wurde. Dies war für mich eine sehr beklemmende Zeit. Es war auch eine Zeit, wo ich mir gedacht habe, dass das nicht mehr das Deutschland ist, in dem ich aufgewachsen bin und in dem ich lebe…wo Menschen in so einer Art und Weise übereinander sprechen, so hasserfüllt, so endgültig Freundschaften beendend und auch Beziehungen abbrechen, nur weil sich jemand nicht impfen lässt. Das ist doch jedermanns persönliche Entscheidung. Von mir aus soll sich jeder jeden Montag impfen lassen, das ist doch mir Wurscht, aber die sollen doch die anderen Leute und speziell die Kinder in Ruhe lassen. Kinder, die von diesem Virus überhaupt nicht betroffen waren, wurden ausgesperrt. Die wurden von der Polizei, von Helikoptern, von Hundestaffeln von der Eisfläche beim Schlittschuhlaufen und von Skihügeln mit den Eltern vertrieben. Das waren Bilder, bei denen man gedacht hat ‘Ja wo bin ich denn? Bin ich denn im Gaza-Streifen? Was geht denn hier ab?’ Das war sehr bedrückend und beklemmend für mich und hab dies unglaublich befremdlich und auch für mich beängstigend empfunden. Dies hat mich in ein sehr tiefes Loch gestürzt (den Tränen sehr nahe). Es war für mich schwer, damit fertig zu werden und ich habe manche Leute auch nicht mehr wiedererkannt. Es sind Freundschaften auf der Strecke geblieben und das ist echt bitter. Ich hätte mir das nicht gedacht, dass das in so kurzer Zeit so möglich ist, die Menschen gegeneinander auszuspielen – das hat die Politik auf infame Art und Weise gemacht. Das darf nicht verziehen werden, aber es wird dafür auch keine Entschuldigung geben. Das Ganze müsste aufgearbeitet werden, aber ich kann mir vorstellen, dass auch das nicht passieren wird. Normalerweise müssten wir wieder in die Lage gebracht werden um zu sagen und zu sehen, dass es nur Miteinander wieder funktionieren wird und so jede Krise gemeistert werden kann. Hass und Ausgrenzung bringt gar nichts. Egal was jetzt noch kommt, das schafft man bloß miteinander. Sollten wir bald Zuhause frieren und die Supermärkte nicht mehr öffnen, dann gehen wir auch zum Nachbar um Hilfe zu fragen. Ich hab mir geschworen, dass ich mir meine Menschlichkeit und Warmherzigkeit bewahren muss und auch die Großzügigkeit gegenüber anderen Menschen, egal was kommen wird.
Monika Gruber
UT24: In der Coronazeit blieb auch die Arbeit auf der Strecke, speziell im kulturellen Bereich. Wie ist es Ihnen dabei ergangen?
Gruber: Ich glaube, Bordelle und Hundefrisöre hatten länger offen als kulturelle Einrichtungen. Die Kulturschaffenden sind tatsächlich am Ende der Nahrungskette. Es war wirklich dramatisch und jetzt ist es gerade der Energiepreis, wo viele Menschen dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Die Politik unternimmt dahingehend zu wenig, um dies abzuwenden, weil sie einfach einer gewissen Ideologie der Klimawende folgt, die im Eiltempo zu der Vernichtung einer blühenden Volkswirtschaft führt. Man bleibt oft nur sprachlos zurück. Aber es wird immer weiter gehen. Nach jedem Desaster, nach jedem Krieg ist es immer weitergegangen und man muss stets positiv bleiben.
UT24: Kürzlich ist das Münchner Oktoberfest zu Ende gegangen, welches in den vergangenen Jahren coronabedingt nicht mehr stattfand. Auch Sie waren dort heuer wieder zu Gast.
Gruber: Ich bin immer schon Oktoberfest-Fan gewesen. Deshalb war ich heuer auch auf der Wiesn, um meinen Geburtstag nachzufeiern und weil ich das Fest vermisst habe die vergangenen Jahre. Die Leute waren ausgehungert nach Miteinandersein, Feiern und Vergessen der Alltagssorgen. Es hat sich ein wenig angefühlt wie der Tanz auf der Titanic, so ganz nach dem Motto, bevor alles untergeht, hauen wir nochmals so richtig auf die Pauke. Es war richtig schön und geprägt von einer Sorglosigkeit. Weil man wird sonst schon genug mit Dingen bombardiert, die man eigentlich sowieso nicht selber beeinflussen kann. Auch wenn man einen idiotischen Song wie ‘Layla’ mit grölt, war es so, dass man einfach die Leichtigkeit des Seins genossen hat. Es hat gut getan, so viele Gesichter nach Jahren wieder zu sehen und Menschen zu begegnen. Und nach dem Fest hatte nicht jeder, der gesundheitlich angeschlagen war, Corona, sondern den ganz normalen Wiesentrip, so wie jedes Jahr (lacht).
UT24: Frau Gruber, wenn Sie bayerische Ministerpräsidentin wären, würden Sie sich von Deutschland abspalten und mit Österreich und Südtirol einen eigenen Staat gründen, haben sie in diesem Jahr mal erwähnt.
Gruber: Das wird wahrscheinlich eine Wunschvorstellung bleiben, aber schön wärs schon (UT24 berichtete). Das wäre dann die Insel der Glückseligen. Natürlich gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Bayern und Südtirol, das fängt schon mal mit der Sprache an. Wenn man sich gegenseitig versteht, versteht man auch, wie der Andere empfindet, wie der Andere was meint, wenn man einen Witz macht. Wir haben gemeinsame Wurzeln und gewisse Werte sind ähnlich heimatverbunden. Während der Rest Deutschlands unsere Trachten in Richtung ‘Disneyland’ abstempelt, verstehen wir, dass dies Tradition ist. Ob sie das nicht kapieren oder einfach nur neidisch sind, weiß ich nicht. Da ist man als Bayer dann oft frustriert, wenn man Teil von Deutschland ist. Eine schöne Alpenrepublik mit Bayern, Österreich und Südtirol wird wohl ein Wunschgedanke bleiben, aber schön wärs schon. Ich würde mich auf alle Fälle als Kaiserin oder Königin anbieten. Auf meine alten Tage müsste ich bloß noch schauen, dass ich einen jungen Prinzgemahl finden würde (lacht).
Monika Gruber
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10.10.2022
Eine großartige Frau! Sie und Lisa Eckhart konnten wahren breiten und intelligenten Humor gebündelt auch mit Derbheit und Sarkasmus in jeweiliger individuell vorgebrachter Form noch wenig eingeschränkt vorbringen. Bei vielen männlichen Kollegen bin ich enttäuscht: aus Komfort haben diese die Nicht-Anecken-Scheuklappen aufgesetzt und bringen laue Witze auf Kosten Ausgegrenzter, anstatt die Mächtigen und deren Dogmen auf die Schippe zu nehmen.
Ich verstehe ihren Abschied, aber sie wird sehr vermisst werden, da es kaum Ersatz für ihren dialektalen Stil gibt – Lisa Eckhart hat einen anderen (hochdeutschen) Stil.