Zahlreiche Besucher bei „100 Jahre Marsch auf Bozen“
Gefolgt waren dem Aufruf zur Gedenkveranstaltung rund 2.000 Schützen, Marketenderinnen sowie Gäste aus nah und fern. Unter den Teilnehmern befanden sich unter anderem auch der Bozner Vize-Bürgermeister Luis Walcher, die Landtagsabgeordneten Myriam Atz Tammerle, Sven Knoll und Andreas Leiter-Reber.
Nach dem Eintreffen der Teilnehmer am Landhausplatz erfolgte der Marsch des Zuges zur ehemaligen Kaiserin-Elisabeth-Schule, wo eine Gedenktafel zur Erinnerung an die gewaltsame Besetzung und Umbenennung der Schule angebracht wurde. Landeskommandant Mjr. Roland Seppi trug eine kurze Erklärung vor. Noch immer wurde die gewaltsame Umbenennung der Schule nicht rückgängig gemacht. Es gibt in Bozen kein Gedenken an die tragischen Ereignisse vor 100 Jahren, als den deutschen Schülern plötzlich der Zutritt zur Schule verwehrt wurde. Ein Vorzeichen auf das Verbot der deutschen Schule im Folgejahr.
Foto: © Südtiroler Schützenbund
Nach dem Marsch durch die Bozner Lauben erfolgte die Hauptveranstaltung am Rathausplatz, berichtet der Südtiroler Schützenbund. Die Begrüßung nahm der Obmann des Südtiroler Heimatbundes, Roland Lang, vor, es folgten die Grußworte durch den Hausherrn, Vize-Bürgermeister Luis Walcher. Durch die Veranstaltung führte der Kulturreferent Mjr. Martin Robatscher. Begleitet wurde die Veranstaltung durch multimediale Bilder und Zeitberichte, welche die Impulsreferate begleiteten.
Foto: © Südtiroler Schützenbund
„Nett luglassen“
Den Anfang machte das Impulsreferat der Historikerin Margareth Lun, die auf die historischen Ereignisse blickte und die tragischen Vorgänge am 1. und 2. Oktober 1922 präzise beleuchtete. Der Marsch auf Bozen sei inszeniert gewesen und als Staatsstreich zu werten, weil die Staatsbehörden mitspielten. Der stellvertretende Landeskommandant Christoph Schmid bezog sich in seinem Impulsreferat auf die Gegenwart und ermahnte die Politik in Bozen und Rom, aus den historischen Ereignissen zu lernen und volkstumspolitische Konsequenzen zu ziehen. Bundesgeschäftsführer Egon Zemmer wagte den Blick in die Zukunft und erwartete sich konsequente Schritte für ein Südtirol ohne Italien und für eine Stärkung der Tiroler Identität sowie der Minderheitenrechte. Eine konsequent volkstumspolitische Politik sei notwendig und das „Nett luglassen“ Franz Gschnitzers von 1959 sei Programm.
In seiner Hauptrede mahnte der aus Rofreit stammende Rechtsanwalt Nicola Canestrini vor faschistischen und neofaschistischen Umtrieben und ermutigte zum Kampf für Minderheiten- und Grundrechte. Dazu gehören der Gebrauch der Muttersprache, die Wahrung der Bürgerrechte gegenüber der Exekutive sowie autonome Zuständigkeiten. Es sei auch in Zeiten wie diesen notwendig, konsequent und auf der Grundlage des Gesetzes für die eigenen Rechte einzutreten, ansonsten seien die zuerkannten Rechte eine vergängliche Angelegenheit.
Das Manifest
Das Manifest des Südtiroler Schützenbundes, das durch die Marketenderin Nadin Rabensteiner verlesen wurde, markierte die Positionen des Südtiroler Schützenbundes in Bezug auf 100 Jahre Marsch auf Bozen. Beendigung nationalistischer Symbolik und historischer Fälschungen in Südtirol, Schluss mit einseitig eingeschränkten Debatten unter Verweis auf das so genannte „Zündeln“ und den „ethnischen Frieden“, Unabhängigkeit für Südtirol in Anbetracht der historischen Ereignisse und Einberufung einer Wahrheitskommission zur Feststellung des historischen Unrechtes, werden im Manifest gefordert.
Foto: © Südtiroler Schützenbund
In der Schlussrede verlangte Landeskommandant Roland Seppi die Herstellung der historischen Gerechtigkeit in Südtirol und untermauerte die Position des Schützenbundes: „Wir werden jeden Tag dafür arbeiten, dass historisches Unrecht in Südtirol beseitigt wird. Wir werden mit Nachdruck und Bestimmtheit dafür Sorge tragen, dass die Aufweichung unserer Identität rückgängig gemacht wird. Wir erachten es als Auftrag und Ehre, dafür einzutreten, dass unseren Nachkommen eine lebenswerte Tiroler Heimat hinterlassen wird“.
Der Südtiroler Schützenbund blickt auf eine erfolgreiche Veranstaltung zurück, welche der Verantwortung vor der eigenen Geschichte sowie dem Auftrag, aus dieser Geschichte die richtigen Lehren zu ziehen, gerecht wird. Die Teilnehmer zeigten sich von der sehr würdigen Veranstaltung begeistert.
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03.10.2022
Fratelli-d’Italia-Koordinator Galateo sieht in diesem Auftritt eines Traditions- und Trachtenvereins gegen den Faschismus 2.0 eine Provokation gegen Wahlsiegerin Meloni. Auch Hannes Obermair stoßt dieser sichtbare “etablierte Anti-Faschismus in Südtirol” in der Tradition eines Hans Egarters auf.
Als was weisen sich eigentlich Obermairs Animositäten gegenüber der Einheit des Landes Tirols, den Bozner Bürgermeister Perathoner, sein Umgang mit Geschichte aus?
Wer diesen nach dem 24. April 1921 weiteren Gewalthöhepunkt des Mussolini-Faschismus als “gewaltförmigen Versuch”, (Hannes Obermair, Rai – Südtirol, Tagesschau vom 01.10.2022) abtut, verharmlost nicht nur, sondern verfälscht postfaktisch die Ereignisse jener Zeit, kurzum Geschichte. Denn die Gewalt war konkret. Es hatte Täter und Opfer.
Ebenso bekannt ist, dass am 25.09. 2022 in Italien die Feinde der offenen Gesellschaft nunmehr die politische Mehrheit haben.
“Die italienische Demokratie spielt zur Stunde offen mit einem leisen Selbstmord” (vgl. P. Sloterdijk).
Einige Frauen geben auf Plätzen noch Lebenszeichen. In Bozen ein Traditionvervein. Anderes Personal hat es offenbar nicht. Auch wenn alle gelernt haben müssten. Principiis obsta! Wehret den Anfängen! Und obgleich das Ignorieren der größeren und kleineren Zusammenhängen in der Südtiroler Atmosphäre wohl weniger zulässig ist.