„Der Klügere gibt nach“
Herr Gallmetzer, Schuler hat die Anzeige gegen Schiebel und Bär zurückgezogen. Wie bewertet die Arbeitsgruppe Zukunft Landwirtschaft diesen Schritt?
Georg Gallmetzer: Das Thema ist in den vergangenen Tagen sehr komplex geworden. Die Landwirtschaft ist gewissermaßen in den Hintergrund getreten und auf einmal wurden Täter zu Opfern gekürt. Südtirol ist als Ganzes in Verruf gekommen und es hieß, man wolle die Meinungsfreiheit durch Klagen unterdrücken. Wir wissen, dem ist nicht so, aber Verleumdung und Beleidigung sowie Diffamierung sind nicht Teil der Meinungsfreiheit. Anscheinend ist aber der Druck innerhalb der Landesregierung zu groß geworden und man hat die Landwirtschaft sozusagen dem Image von Südtirol geopfert. Wir als Arbeitsgruppe waren selbstverständlich über die Verhandlungen mit den Beklagten informiert, waren mit einem Vergleich auch einverstanden, aber dieser Kompromiss hätte die Entschuldigung von Seiten der Beklagten beinhalten müssen und zwar in einer öffentlichen und angemessenen Form. Wenn man dem Ganzen etwas Gutes abgewinnen kann, dann wohl unter dem Motto „der Klügere gibt nach“.
Mehr als 1.000 Bauern haben gemeinsam mit Schuler Klage eingereicht. Wurden diese vor den Kopf gestoßen?
Es steht außer Frage, dass die Solidarität zu unserem Landesrat ziemlich strapaziert wird. Vor allem, da wir in den Presseberichten davon lesen, dass alle Bauern, die sich als Nebenkläger eingelassen haben, auch die Klage zurückziehen. Ich glaube kaum, dass alle Nebenkläger überhaupt kontaktiert wurden, geschweige denn, dass sie so spontan von ihrer Klage ablassen. Dies wird insbesondere das Verhalten der Beklagten in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten zeigen. Nämlich, ob nicht doch viele Bauern ihre Klage durchziehen. Andererseits muss man auch sagen, dass in der Kommunikation mit den Anwälten bereits vor Wochen gesagt wurde, dass eine Aussicht auf Schadensersatz sehr gering sei. Dies wussten wir und es ging ja nie um Geld, sondern die Art und Weise wie Mals, Schiebel und der Verein aus München gearbeitet und kommuniziert haben. Dies hat das Maß an Ertragbarem weit überschritten und mit Meinungsfreiheit rein gar nichts mehr zu tun. Zusätzlich muss man sagen, dass die Klage wegen Verleumdung vielleicht fallen gelassen wird, die Staatsanwaltschaft ihren Strafprozess gegen die Verantwortlichen der Vereins aus München unabhängig davon durchziehen kann. Eventuelle Proteste könnten sich darum in Zukunft nicht mehr gegen die Landesregierung oder die Bauern richten, sondern gegen die italienische Justiz. Des weiteren hat es Schiebel und Bär einfach nicht verdient als Märthyrer dargestellt zu werden und dadurch von Spenden noch mehr zu profitieren.
Hat das Münchner Umweltinstitut Ihrer Meinung nach dem Ansehen des Bauernstandes geschadet?
Der Münchner Verein, denn mit einem öffentlichen Institut hat dieser Verein absolut gar nicht gemeinsam, hat allen Südtiroler Bauern geschadet. Damit meine ich ausdrücklich allen. Denn in ihrer Plakataktion haben sie ja als allerschlimmstes Beispiel für der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln einen biodynamischen Betrieb abgebildet. Deswegen haben sich ja auch so viele Biobauern der Klage angeschlossen. Es scheint fast so, als ob der Obmann von Bioland mit seinen Äußerungen in den letzten Tagen der Einzige sei, der das nicht durchblickt hat. Für Teile der Bio-Lobby war es natürlich einfach zu glauben in ein besseres Licht gerückt zu werden, weil andauernd gegen die integrierte Landwirtschaft im Südtiroler Obstbau geschossen wurde. Tatsache ist allerdings, dass der gestiegene Pflanzenschutzmittelverbrauch in den letzten Jahren fast ausschließlich auf die Umstellung auf Bio zurückzuführen war, da man im Bioanbau andere Mittel einsetzt, bei denen man unverhältnismäßig mehr Menge einsetzen muss. Das geht schnell ins xfache der Menge gegenüber dem Integrierten Südtiroler Obstbau. Seit Jahren haben Verantwortliche der Bio-Lobby das Werken von Schiebel und Co. gutgeheißen und der Boomerang kommt jetzt durch erhöhten Pflanzenschutzmitteleinsatz und am schlimmsten durch den Preisverfall im Biosegment zurück. Somit mag es komisch klingen, aber mittelfristig hat das Werken der Beklagten am meisten den Biobauern in Südtirol geschadet.
Glauben Sie, das es nun zu einem respektvollerem Umgang in der Pestiziddiskussion kommt?
Südtirol war und ist immer noch Vorreiter und Innovationsleader im Obstbau weltweit – und das nicht nur was Qualität angeht. Sondern vor allem seit den 1980er Jahren für Nachhaltigkeit und den gezielten und minimalsten Pflanzenschutzmitteleinsatz. Deshalb war es uns schon immer ein Anliegen, nie stehen zu bleiben, sondern immer weiter in die Richtung einer ökologischen und nachhaltigen Landwirtschaft zu gehen. Die Kritik aus Mals, vom Münchner Verein in Figur eines studierten Historikers ohne Fachwissen über der Landwirtschaft, deren Plakataktion bewiesen hat, dass sie nicht mal den Unterschied zwischen Bäumen und Reben kennen, geschweige denn zwischen Bio, konventionell und integriert. Kommunikator Schiebel glänzte wegen mangelndem Fachwissen, denn wir alle wissen das die Erde keine Scheibe ist.
In Zukunft wird sich zeigen, ob dem Verein und Schiebel etwas daran liegt, die Südtiroler Entwicklung noch mehr zu beschleunigen und eine ehrliche nachhaltige Alternative zum Modebegriff Bio zu entwickeln. Oder ob der Verein nur Spenden sammeln will und der Kommunikator nur ein Ziel vor Augen hat – nämlich sich selbst zu profilieren. Gerne können sie uns Fachleute vermitteln. Wir als Arbeitsgruppe sind ja bekannt dafür, dass wir Fachleute aus der ganzen Welt einladen, um uns weiterzubilden. Wir werden sehen, wie sich die Beklagten jetzt verhalten. Und wenn es einen Anlass gibt, dann entscheiden wir als Arbeitsgruppe Zukunft Landwirtschaft (Verein zur Förderung der nachhaltigen und umweltbewussten Landwirtschaft), ob rechtlich interveniert wird. Wenn in den Presseberichten steht, dass LR Schuler die Anzeige zurückgezogen hat, dann entspricht dies faktisch einer Verschiebung des Gerichtstermins. Bis zum nächsten Termin müssen dann effektiv alle Bauern auch auf ihre Ansprüche verzichten. Was in der Kürze der Zeit jetzt nicht möglich war, unabhängig ob es die einzelnen Bauern möchten oder nicht. Im Moment sieht es so aus, als würden die Bauern dem Ansehen und dem Image Südtirols zuliebe auf eine Schlammschlacht verzichten – unter dem Motto „der Klügere gibt nach“.
Vorstand der Argbeitsgruppe Zukunft Landwirtschaft
(Verein zur Förderung der nachhaltigen und umweltbewussten Landwirtschaft)