Vor 75 Jahren: Südtiroler Klerus fordert die Wiedervereinigung Tirols
Patriotische Pfarrer
Im August 1945, also vor genau 75 Jahren, unterstütze der Südtiroler Klerus in einer aufsehenden Aktion die hiesige Bevölkerung. Die damalige Führung der Diözese unter Fürstbischof Johannes Geisler und Generalvikar Alois Pompanin verlangte von den Vereinten Nationen nämlich die Selbstbestimmung für Südtirol.
Begleitet wurde dieser Einsatz der Kirchenführung zur Widervereinigung Tirols von mehr als 200 Briefen der damaligen Südtiroler Seelsorger. Nach über 26-jähriger widernatürlicher Trennung wurden Südtirols Pfarrer vom Brenner bis Salurn, vom Reschen bis nach Innichen selbst aktiv und forderten vehement die Wiedervereinigung mit Nordtirol und Österreich. Zeitgleich sprach sich auch der Nordtiroler Klerus klar für den Zusammenschluss des ganzen Landes aus.
Briefe für die Freiheit
Einhellig bringen die Pfarrer in ihren Briefen – in zum Teil sehr bewegenden Formulierungen – den sehnlichsten Wunsch ihrer jeweiligen Seelsorgegemeinde nach Wiedervereinigung mit Tirol und Österreich zum Ausdruck. So schreibt z.B. Josef Oberholzer, Pfarrer von Gufidaun: „Unterfertigter Seelsorger von Gufidaun erlaubt sich, den einhelligen und sehnlichsten Wunsch seiner Pfarrangehörigen, die er seit 25 Jahren betreut, deren innerste Gesinnung er auch gut kennt, zum Ausdruck zu bringen in der dringenden Bitte, bei der bevorstehenden Entscheidung über das künftige Los unserer Heimat Südtirol wieder mit Nordtirol zu vereinen. Die Wunde, welche uns durch die Zerreißung des Landes geschlagen wurde, ist heute noch gleich frisch und schmerzlich wie 1919, die Sehnsucht aber nach Wiedervereinigung hat sich nach Allem, was wir seit 25 Jahren ausgehalten haben, verhundertfacht.“
Bemerkenswert auch die Meinung des Probst und Stadtpfarrers von Bozen, welcher am 7. August 1945 schreibt: „dass es der einstimmige Wunsch der deutschen Bevölkerung von Bozen ist, Südtirol mit Nordtirol und Österreich wieder vereint zu sehen“.
In dieselbe Kerbe schlägt Hochwürden Franz Kolhaupt, ehemaliger Seelsorger von Ahornach. Er erklärt in seinem Brief vom 1. August 1945: „dass die einheimische Bevölkerung von Südtirol aus ganzem Herzen die Wiedervereinigung mit dem übrigen Tirol ersehnt“.
Bischof verlangt die Selbstbestimmung
Da zwischen Fürstbischof Geisler und den führenden Geistlichen des deutschsprachigen Anteils der Diözese Trient gute Kontakte bestanden, die der Erzbischof Karl von Ferrari von Trient durchaus respektierte, konnte Geisler als Sprecher für ganz Südtirol auftreten.
Die patriotischen Briefe wurden schließlich von der Südtiroler Kirchenführung gesammelt. In Form einer Petition an den englischen Premierminister Clement Attlee im August 1945 verlangte Bischof Geisler daraufhin für Südtirol das Selbstbestimmungsrecht.
Leider blieben aber auch diese Bestrebungen der Kirche ohne Erfolg. In einem Memorandum vom Juli 1946 unterstrich Bischof Geisler das Missbehagen, das die Entscheidung über den Verbleib Südtirols bei Italien hervorberufen hat. Er reklamierte die Revision dieser Entscheidung, forderte erneut das Selbstbestimmungsrecht und bat die Alliierten, selbige organisatorisch umzusetzen. Dies wohl auch, um Manipulationen durch die italienischen Militär- und Polizeikräfte zu verhindern.
Briefe digital
UT24 hat sämtliche Briefe digitalisiert. Sie interessiert wie sich der Pfarrer Ihrer Pfarrgemeinde zur Selbstbestimmung für Südtirol äußerte? Dann kontaktieren Sie uns bitte unter info@unsertirol24.com. Gerne lassen wir Ihnen daraufhin den Brief per E-Mail zukommen.