Georg Dekas
Lohn ohne Arbeit
Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) macht von sich reden. Die Frage lautet ungefähr so: „Soll jeder Bürger, dessen Verdienst unter den allgemeinen Lebenskosten liegt, ein monatliches Gehalt geschenkt bekommen, um auch ohne Erwerbsarbeit über die Runden zu kommen?“ Was wie aus dem Schlaraffenland klingt, gewinnt heute in der linken Reichshälfte Europas stetig neue Anhänger. Die Schweizer, wie gewohnt, belassen es nicht beim Reden, sondern haben schon einmal darüber abgestimmt. Mit klarem Nein. Die Finnen haben eine Art von BGE ausprobiert und es nach anderthalb Jahren aufgegeben.
Alles, was die Werbetrommler zugunsten des ‚Gratis-Lohns’ vorbringen, klingt toll. Sie sagen: Geld wird in Hülle und Fülle gemacht, aber die hohen Renditen aus der digitalen und globalen Wirtschaft gehen am gewöhnlichen Menschen und Arbeiter vorbei und müssten deshalb umgelenkt werden. Dann gäbe es genug für jeden. Sie begeistern sich für den Gedanken, dass der Mensch sich edleren Tätigkeiten zuwenden könnte, als sich in Billigjobs abzumühen. Ganz die schlauen Rechner führen sogar ins Feld, dass der Staat Kosten einsparen würde.
Wellness oder was?
Wäre diese Umverteilung à la Robin Hood ein förderliches Wellness-Programm für die Gesellschaft, dann sollte man das BGE experimentell testen anstatt zu spekulieren. An den volkswirtschaftlichen Messgrößen wäre dann abzulesen, ob das BGE zu mehr Wohlstand und Produktivität führte oder nicht. Freilich müsste ein Investor gefunden werden, der das dafür nötige Geld vorschießt, weil er dem positiven Ausgang des Experiments vertraut. Private Investoren haben sich bislang nur in der Größe von Spurenelementen gefunden und der Staat hat sich außer im finnischen Zaghaft-Versuch noch nicht erweichen lassen, Gelder ohne Gewähr springen zu lassen. Die Effizienz-Variante des BGE, die wie eine Nebelkerze vor uns abbrennt, verdeckt die Sicht auf das, was das BGE in Wirklichkeit ist: Die Fortsetzung des marxistischen Traums mit anderen Mitteln.
Maschinen sind nicht Allgemeingut
Nach den Lehren des BGE gibt es einen mächtigen Ãœberschuss, den die digitalisierte Technik erwirtschaftet und der heute in (zu) wenigen Händen landet. Der Staat müsse den Profit, den digitale Maschinen erwirtschaften, nur umlenken und „gleichmäßiger verteilen“. Die Befürworter der BGE reden von einer Maschinensteuer. Eine Maschine brauche doch nix, also tut ihr das Steuerzahlen nicht weh. Nein, es werden nicht die Maschinen besteuert, sondern ihre Eigentümer und Betreiber, und das zusätzlich. Hinter jeder Maschine, hinter jedem digitalen Programm stecken letztlich einzigartige menschliche Leistungen – von der Entdeckung oder Erfindung bis zum täglichen Betrieb. Solange die freie Gesellschaft den Privatbesitz schützt – was nichts anderes bedeutet, als dass jedermann die Früchte seines Fleißes dauerhaft behalten und sogar vererben kann – werden alle Produktivkräfte mit einer angemessenen Abgabe zum Wohl der Gemeinschaft einverstanden sein. Jedoch, wenn die Abgabe an die Allgemeinheit nicht dazu dient, Straßen und Krankenhäuser zu bauen, Recht zu sprechen, Sicherheit zu schaffen und Gemeinsinn zu fördern, sondern wenn die Abgabe dazu dient, jene zu speisen, die gemütlich zugeschaut haben, wie sich einer abgemüht hat, bevor es zum Erfolg kam, dann ist Schluss.
 Schub für neuen National-Sozialismus
Die Produktivkräfte werden in weniger steuergierige Staaten abwandern. Jetzt müssen sich die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens an ein globales Maschinensteuergesetz heranmachen. Wie wenig erfolgversprechend das sein wird, zeigen heute schon die Beispiele Aufteilung von Migranten und einheitliche Kapitalertragssteuer in der Europäischen Union. Also müssen stärkere Mittel eingesetzt werden. Egal welche sie sein mögen, sie werden uns unfreundlich an die Bolschewiki von 1917 und an die Volksgenossen von 1933 erinnern. Denn um nicht noch einmal in die Falle der unkontrollierten Einwanderung von außen in die Sozialsysteme Europas zu tappen, wird es notwendig sein, das BGE-Paradies durch die Nationalisierung der Sozialleistungen abzusichern. Dann aber müsste man auch die Maschinen und ihre Besitzer zwingen, innerhalb der Landes- oder Unionsgrenzen zu bleiben und ihr Geld dort abzuführen. Dieser „national-sozialistische“ Ansatz ist seit „The Donald“ gelüftet. Mit einem Wort, die sozialen und politischen Verwerfungen sind heute schon groß und werden mit der Einführung des BGE nur noch größer.
 Zuerst die Arbeit, dann der Lohn
Der marxistische Traum vom BGE hat aber auch eine fatale Dimension jenseits der Berechnungen der Sozialingenieure und Politiker. Kreative Menschen sind heute schon kreativ, ganz ohne bedingungsloses Grundeinkommen. Aber nicht alle Menschen sind aufbauend. Zu viele stecken ihr Zuviel an Freizeit, ihr geschenktes, selbst verdientes oder geerbtes Geld, oft sogar ihr ganzes Leben in nichtswürdige oder zerstörerische Dinge. Ob (Drogen-)Rausch, Sex-Manie, Glücksspiel oder Endlos-Shopping – jede Menge Zeitvertreibe höhlen Hirn und Seele aus und hinterlassen reparaturbedürftige menschliche Wracks. Übersteigt deren Zahl eine bestimmte Schwelle, ist die tragende Gesellschaftsordnung tot. Ganze Länder oder Gesellschaftsschichten werden dann zur leichten Beute für robustere Gemüter. Schon heute gibt es überdeutliche Anzeichen für diesen gesellschaftlichen Verfall. Er hält sich noch in Grenzen, weil das Leistungs- und Verantwortungsprinzip in unserer Gesellschaft aus Tradition tief verankert ist. Und dieses fordert: Zuerst die Arbeit, dann der Lohn. Sollte das bedingungslose Grundeinkommen schwache Menschen mehrheitlich dazu verführen, Lastern anstatt Tugenden zu folgen, dann erhöht sich das Risiko gewaltig, dass unser Kahn absäuft. Ob die Folge eine konservative Gegenrevolution im eigenen Land sein würde oder eine „feindliche Übernahme“ von außen oder eine Implosion, das sei erst einmal dahingestellt.