Wirtschaft nach US-Zöllen: Ein Tanz auf dem Vulkan

Die Auswirkungen der US-Zölle sind auch in Südtirol spürbar, wo sich die Wirtschaft bislang überraschend stabil zeigt. Die Stimmung unter den Arbeitnehmern bleibt trotz der weltwirtschaftlichen Unsicherheit erstaunlich optimistisch. Doch klar ist: Auch Südtirol wird sich den neuen Herausforderungen stellen müssen.
Ein Wendepunkt in der globalen Wirtschaft
Vor dem 1. April war die Weltwirtschaft auf einem Wachstumskurs. Laut dem OECD-Report von März 2025 rechneten die internationalen Wirtschaftsexperten mit einem globalen Wachstum von 3,1 Prozent, während für die USA ein Plus von 2,2 Prozent und für die Eurozone ein Anstieg von 1,0 Prozent prognostiziert wurde. Die Inflation hatte sich weitgehend normalisiert, und die Arbeitsmärkte in Europa zeigten sich stabil. Doch all diese positiven Aussichten wurden durch die Ankündigung von Donald Trump, reziproke Handelszölle in Höhe von 20 Prozent auf EU-Produkte einzuführen, zunichte gemacht.
Nach der Zollerklärung kam es zu massiven Kurseinbrüchen an den internationalen Börsen, die an die Finanzkrise von 2008 oder den Ausbruch der Corona-Pandemie erinnerten. Auch wenn in der EU unterschiedliche Auffassungen über die geeignete Reaktion auf diese Entwicklung bestehen, haben viele Wirtschaftsforschungsinstitute bereits ihre Wachstumsprognosen für 2025 nach unten korrigiert.
Südtirol: Widerstandsfähig, aber unter Beobachtung
Die aktuelle Wirtschaftslage in Südtirol zeigt, dass das Land bislang gut durch die globalen Turbulenzen navigiert. Die Arbeitsmarktstatistiken für 2024 und die ersten Monate 2025 zeigen ein stetiges Wachstum. 2024 stieg die Beschäftigung um 1,6 Prozent, und auch im ersten Quartal 2025 gab es einen Anstieg von 1,4 Prozent. Der Außenhandel erlebte 2024 ein Plus bei den Exporten von 3,2 Prozent und einen Anstieg der Importe um 5,1 Prozent. Auch der Tourismus setzte 2024 einen Rekord bei den Nächtigungen, mit einem Anstieg von 2,6 Prozent.
Dennoch gab es erste Anzeichen für eine Schwäche im vierten Quartal 2024. Die Inflation in Bozen blieb mit 1,7 Prozent relativ moderat, zog jedoch zu Beginn des Jahres 2025 auf 2,5 Prozent an. Auch das Kreditvolumen der Südtiroler Banken erholte sich nach einem Rückgang im ersten Halbjahr, bleibt jedoch mit einem Minus von 4,4 Prozent noch negativ.
Positive Stimmung bei den Arbeitnehmern
Trotz der globalen Unsicherheit bleibt die Stimmung unter den Südtiroler Arbeitnehmern überwiegend positiv. Im März 2025 zeigte eine Umfrage, dass die Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden 12 Monaten weiterhin optimistisch bleiben.
Der Indexwert für die Einschätzung der Arbeitsplatzsicherheit liegt bei einem positiven Wert, was darauf hinweist, dass nur wenige mit einem Arbeitsplatzverlust rechnen. Auch die Fähigkeit, mit dem Einkommen zurechtzukommen, hat sich etwas verbessert, auch wenn noch immer ein erheblicher Teil der Beschäftigten „größere“ oder „einige“ Schwierigkeiten angibt.
Die Aussicht, in den kommenden Monaten Geld zu sparen, hat sich ebenfalls verbessert, was ein positives Signal für die Konsumstimmung darstellt. Die Perspektiven, einen gleichwertigen Job zu finden, haben sich jedoch eingetrübt, was auf mögliche Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt hinweisen könnte.
BIP-Prognose für Südtirol: Wachstumsprognose von +0,8 Prozent
Trotz der globalen Unsicherheiten rechnet AFI-Direktor Stefan Perini mit einem moderaten Wachstum der Südtiroler Wirtschaft von +0,8 Prozent im Jahr 2025. Historisch betrachtet treffen internationale wirtschaftliche Schwankungen Südtirol häufig mit einer gewissen Verzögerung und in abgeschwächter Form.
Dies liegt vor allem an der geringeren Internationalisierung der Südtiroler Wirtschaft, dem Fokus auf Nischenprodukte und dem stabilisierenden Einfluss von Tourismus, Selbstverwaltung und öffentlichem Dienst.
Die Südtiroler Wirtschaft ist insgesamt gesund, doch gibt es wichtige Indikatoren, die im Auge behalten werden müssen, wie Produktionskosten, Verbraucherpreise und die Inanspruchnahme der Lohnausgleichskasse.
Politische Stellungnahmen
In Bezug auf die globalen Herausforderungen äußerte sich AFI-Präsident Andreas Dorigoni besorgt über den zunehmenden Protektionismus, insbesondere vonseiten der USA. „Die Wettbewerbsfähigkeit wird wieder stärker in den Mittelpunkt rücken, aber diese darf nicht auf Kosten unserer hohen europäischen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards gehen“, betonte Dorigoni. Stattdessen müsse man darauf hinarbeiten, diese Standards weltweit zum Maßstab zu machen.
Landesrätin Magdalena Amhof zeigte sich ebenfalls besorgt über die Auswirkungen des Handelskrieges auf die Südtiroler Wirtschaft. „Die kommenden Monate werden besonders herausfordernd sein“, sagte Amhof. Dennoch betonte sie, dass die Südtiroler Wirtschaft eine solide Grundlage für die bevorstehenden Aufgaben habe. Das Vertrauen der Arbeitnehmer:innen bleibe trotz der Herausforderungen ungebrochen, was zuversichtlich stimme.






