Autonomiereform Südtirol: Wird der Minderheitenschutz geopfert?

Ein Rechtsanwalt hat im Gespräch mit UT24 darauf hingewiesen, dass die sogenannte „Kann-Bestimmung“ zur Zusammensetzung der Landesregierung nur auf dem Papier als Kann-Bestimmung existiert. De facto wird sie zu einem ständigen Druckmittel der italienischen Koalitionspartner.
Was ist die Kann-Bestimmung?
Die sogenannte „Kann-Bestimmung“ betrifft die Zusammensetzung der Landesregierung in Südtirol. Bisher galt, dass Regierungsmitglieder nach Ergebnis der Landtagswahlen bestimmt wurden. Künftig jedoch soll es möglich sein, die Besetzung der Landesregierung nach dem ethnischen Proporz gemäß den Ergebnissen der letzten Volkszählung vorzunehmen – sofern der Landtag dies mit absoluter Mehrheit beschließt.
Kann-Bestimmung als Mogelpackung?
Laut Einschätzung des Anwalts ist die Kann-Bestimmung zur Zusammensetzung der Landesregierung nach Volkszählungsergebnissen ein gefährliches Täuschungsmanöver. Zwar wird betont, dass diese Regelung nur angewandt wird, wenn eine absolute Mehrheit im Landtag dies beschließt. Doch die Realität sieht anders aus.
Regierungskoalitionen in Südtirol sind von italienischen Partnern abhängig. Da diese Teil der Koalition sind und mit ihren Stimmen den Machterhalt der SVP sichern, wird diese „Kann-Bestimmung“ faktisch zu einer Verpflichtung. Jeder italienische Koalitionspartner wird darauf pochen, dass der Proporz nach Volkszählung angewandt wird – und die SVP wird sich diesem Druck beugen müssen. Die angebliche Kann-Bestimmung ist somit nicht mehr als ein Feigenblatt.
Kann-Bestimmung als Mogelpackung?
Laut Einschätzung des Anwalts ist die Kann-Bestimmung zur Zusammensetzung der Landesregierung nach Volkszählungsergebnissen ein gefährliches Täuschungsmanöver. Zwar wird offiziell betont, dass diese Regelung nur angewandt wird, wenn eine absolute Mehrheit im Landtag dies beschließt. Doch die Realität sieht anders aus.
Regierungskoalitionen in Südtirol sind stark von italienischen Partnern abhängig, um überhaupt regierungsfähig zu sein. Diese Partner sind nicht bloß symbolische Unterstützer, sondern besitzen erheblichen politischen Einfluss. Da italienische Parteien Teil der Koalition sind und mit ihren Stimmen den Machterhalt der SVP sichern, wird diese „Kann-Bestimmung“ faktisch zu einer Verpflichtung. Die italienischen Koalitionspartner werden darauf pochen, dass der Proporz nach Volkszählung angewandt wird – allein schon deshalb, weil ihnen dadurch in der Regel mehr Regierungsplätze zustehen als das Wahlergebnis hergibt.
In der Praxis bedeutet dies: Auch wenn die Anwendung der Kann-Bestimmung theoretisch einer Abstimmung im Landtag unterliegt, wird jeder italienische Koalitionspartner, der an der Regierungsbildung beteiligt ist, diese Bedingung zur Voraussetzung seiner Zusammenarbeit machen. Die SVP, auf deren Stimmen diese Partner angewiesen ist, wird sich diesem Druck beugen müssen. Die angebliche Kann-Bestimmung ist somit nicht mehr als ein Feigenblatt.
Unsicherheiten bleiben bestehen
Der Rechtsanwalt äußerte auch Zweifel daran, dass die angeblich wiederhergestellten autonomen Kompetenzen dauerhaft gesichert sind. Selbst wenn im Rahmen der Autonomiereform versucht wird, die seit der Verfassungsreform 2001 verlorengegangenen Zuständigkeiten zurückzuholen, bleibt ein grundlegendes Problem bestehen: Der Verfassungsgerichtshof in Rom.
Schon mehrfach hat dieser gegen die Interessen Südtirols geurteilt und Landesbefugnisse eingeschränkt. Das Risiko, dass zukünftige Urteile des Verfassungsgerichtshofs erneut zu Verlusten autonomer Kompetenzen führen, ist daher nicht gebannt. Auch wenn die Reform auf dem Papier eine Rückgewinnung dieser Kompetenzen vorsieht, bleibt die Gefahr, dass Rom diese jederzeit über den Verfassungsgerichtshof wieder einkassiert.
Minderheitenschutz als Verhandlungsmasse?
Der Anwalt betont, dass es grundsätzlich positiv zu bewerten sei, wenn man sich darum bemüht, verlorengegangene Kompetenzen zurückzuholen. Doch er warnt vor dem Preis, der dafür gezahlt wird. Wenn Minderheitenrechte zu Verhandlungsmasse degradiert werden, ist dies nicht akzeptabel.
Die Kann-Bestimmung ist dabei nur ein Beispiel. Die Reduktion der Ansässigkeitsklausel und das Weiterbestehen des „nationalen Interesses“ sind weitere Punkte, die den Schutzstatus der Minderheiten aushöhlen könnten. Die Autonomiereform könnte so zu einem Pyrrhussieg werden: Kompetenzen werden auf dem Papier zurückgewonnen, während der Schutz der Minderheiten faktisch geschwächt wird.
Ein gefährliches Spiel
Die Einschätzungen des Anwalts werfen ein beunruhigendes Licht auf die geplante Reform. Was als Fortschritt verkauft wird, könnte in Wirklichkeit ein gefährliches Spiel mit dem Minderheitenschutz sein. Vor allem die Kann-Bestimmung zur Zusammensetzung der Landesregierung erscheint als trojanisches Pferd – offiziell eine Option, in der Praxis ein unvermeidlicher Kompromiss.
Bleibt die Frage, ob sich Südtirol hier nicht auf einen Pakt eingelassen hat, der langfristig mehr Schaden als Nutzen bringt. Wird der Minderheitenschutz tatsächlich geopfert, um Kompetenzen zurückzugewinnen? Und wenn ja, ist dies ein akzeptabler Preis?
