Zweisprachigkeit in Gefahr: Wie positioniert sich die SVP?
Obwohl die Zweisprachigkeit ein Symbol für den Schutz der deutschsprachigen Bevölkerung sein soll, fühlen sich viele Bürger längst als Bittsteller. Die jüngsten Vorfälle rund um die Agentur der Einnahmen sind nur die Spitze des Eisbergs: Termine können online nur auf Italienisch gebucht werden, deutsche Anträge sind Fehlanzeige. Und dies in einem Land, dessen Autonomie weltweit als Vorbild gilt?
In einer neuen Artikelserie beleuchtet UT24 die schleichende Aushöhlung eines Grundrechts, fragt nach Verantwortlichkeiten und fordert Antworten von den politischen Entscheidungsträgern im Landtag. Denn eines steht fest: Die Zukunft der Autonomie hängt auch davon ab, ob das Versprechen der Zweisprachigkeit gehalten wird – oder ob es nur auf dem Papier existiert. Heute mit Harald Stauder von der SVP.
Wie bewerten Sie die Tatsache, dass deutschsprachige Bürger in Südtirol bei staatlichen Einrichtungen wie der Agentur der Einnahmen systematisch benachteiligt werden? Halten Sie diesen Zustand gegenüber der deutschen Bevölkerung für fair und vertretbar?
Es kann keine Rede davon sein, dass es eine systematische Benachteiligung gibt. Es gibt jedoch immer wieder Fälle, in denen staatliche Stellen nicht in der Lage sind, Stellen mit zweisprachigem Personal zu besetzen. Dies ist bedauerlich und der momentan schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt geschuldet. Die staatlichen Stellen sind jedoch angehalten, bei Personal, das Publikumsverkehr hat, streng auf die Verwendung der Muttersprache des Bürgers bzw. der Bürgerin zu achten. Wenn dies nicht respektiert wird, sollte dies gemeldet.
Welche konkreten Maßnahmen werden Sie ergreifen, um sicherzustellen, dass die deutsche Sprache in öffentlichen Einrichtungen den ihr gebührenden Platz erhält? Wie sieht Ihr Einsatz für die Zweisprachigkeitspflicht aus?
Es ist nicht richtig, dass die deutsche Sprache in öffentlichen Einrichtungen keinen gebührenden Platz hat, im Gegenteil sie hat einen sehr wichtigen Stellenwert. Dies ist eine der wichtigsten Errungenschaften des zweiten Autonomiestatutes. Wir sind jedoch in einigen Fällen noch nicht so weit, wie wir uns das wünschen würden.
Was sagen Sie den Bürgern, die sich von öffentlichen Institutionen im Stich gelassen fühlen und den Eindruck haben, dass die deutsche Sprache systematisch ignoriert wird? Welche Verantwortung trägt die Politik hier?
Der Bürger hat die Möglichkeit bei einem eigens eingerichteten Amt zu melden und auf diese Missachtung hinzuweisen. Das Amt wird dann dem Fall nachgehen. Die Politik hat in den vergangenen Jahrzehnten im Zuge der Umsetzung des zweiten Autonomiestatutes dafür gesorgt, dass die deutsche Sprache in Südtirol wieder den Stellenwert bekommen hat, der ihr zusteht. Dies war ein langer und intensiver Kampf. Man muss jedoch weiterhin wachsam bleiben und auch immer wieder bei jenen Stellen intervenieren, die nicht in die Kompetenz des Landes fallen.
Halten Sie es für gerecht, dass trotz zahlreicher gemeldeter Verstöße gegen die Zweisprachigkeitspflicht keine Strafen verhängt werden? Welche Schritte werden Sie setzen, um sicherzustellen, dass der Schutz der deutschen Sprache nicht länger nur auf dem Papier existiert?
Der Schutz der deutschen Sprache existiert nicht nur auf dem Papier, das erleben die Südtiroler tagtäglich. Ich werde nachfragen, wo Bürger interveniert und die Missachtung der Zweisprachigkeitspflicht gemeldet haben. Einige Fälle werde ich mir persönlich ansehen, um herauszufinden, was der Grund für den eventuellen Verstoß war und nachfragen, welche Konsequenzen es gegeben hat bzw. geben wird.