von aw 11.01.2025 08:00 Uhr

Agentur der Einnahmen: Deutsch? Fehlanzeige!

Die Autonomie Südtirols ist ein international anerkanntes Modell des Minderheitenschutzes und ein Symbol für das friedliche Zusammenleben der deutschen und italienischen Sprachgruppen. Doch was bleibt von dieser Autonomie übrig, wenn essenzielle Rechte wie die Zweisprachigkeitspflicht in der Praxis nicht eingehalten werden?

Der Dienst wird nur in italienischer Sprache angeboten (Quelle: Bildschirmbild/Agentur der Einnahmen)

Aktuell sorgt die Agentur der Einnahmen für massive Verärgerung: Deutschsprachige Bürger können weder online in ihrer Muttersprache einen Termin vereinbaren noch grundlegende Anliegen erledigen. Für viele Menschen ist dies mehr als eine Unannehmlichkeit – es ist ein klarer Verstoß gegen ein fundamentales Recht und ein Angriff auf ihre Identität.

Die Realität: Deutsch bleibt außen vor

„Alle öffentlichen Verwaltungen und Körperschaften mit Sitz in Südtirol müssen den Gebrauch der deutschen und italienischen Sprache gewährleisten.“ Dies sehen die Bestimmungen der Südtirol-Autonomie vor. Doch für die Agentur der Einnahmen scheinen diese Worte bedeutungslos zu sein.

Auf ihrer Website ist die Terminvereinbarungsfunktion nur auf Italienisch verfügbar – ein einfacher technischer Schritt, der bisher schlicht unterlassen wurde. Ähnlich verhält es sich, wenn es um Anträge wie die Verlängerung eines Mietvertrags geht, die online ebenfalls nur in italienischer Sprache abgewickelt werden können.

Für viele Bürger ist dies eine enorme Hürde. „Man fühlt sich einfach nicht ernst genommen“, erklärt ein verärgerter Bürger gegenüber UT24. „Es ist, als ob unsere Sprache nicht zählt, als ob wir Bürger zweiter Klasse wären.“

Zahlen, die schockieren

Die Missachtung der Zweisprachigkeitspflicht durch staatliche Institutionen ist kein neues Problem. Doch eine Landtagsanfrage des Abgeordneten Hannes Rabensteiner von der Süd-Tiroler Freiheit im März letzten Jahres zeigt das wahre Ausmaß: Von 2020 bis zum Zeitpunkt der Anfrage wurden insgesamt 158 Verstöße gegen die Zweisprachigkeitspflicht gemeldet. Davon betrafen 134 explizit die deutsche Sprache, bei den anderen Verstößen wurde nicht angegeben, welche Sprache betroffen war. Besonders bitter: Trotz dieser hohen Anzahl an Verstößen wurden in den letzten fünf Jahren keine Strafen seitens des Regierungskommissars verhängt. Dies geht aus der Antwort auf die Anfrage hervor.

Für viele Bürger ist das nicht nachvollziehbar: „Wie ernst kann man die Zweisprachigkeitspflicht nehmen, wenn Verstöße keinerlei Konsequenzen haben?“, fragt ein Bürger aus Bozen.

Eine schleichende Erosion der Autonomie

Die Zweisprachigkeitspflicht ist kein bloßer Verwaltungsakt. Sie ist ein Grundpfeiler der Südtiroler Autonomie und damit ein Symbol für das friedliche Zusammenleben der Sprachgruppen im Land. Doch immer mehr Bürger fühlen sich von den Institutionen im Stich gelassen. Wenn selbst grundlegende Anliegen wie die Terminvereinbarung nicht in beiden Amtssprachen angeboten werden, entsteht der Eindruck, dass der Respekt für die deutsche Sprache nur auf dem Papier existiert.

Besonders beunruhigend ist, dass diese Missstände keine Einzelfälle sind. Die Agentur der Einnahmen ist nur ein Beispiel von vielen. Auch in anderen staatlichen und lokalen Institutionen wird das Recht auf deutsche Kommunikation häufig ignoriert. Bürger berichten von Formularen, die nur auf Italienisch verfügbar sind, oder von Mitarbeitern, die nicht bereit oder in der Lage sind, auf Deutsch zu antworten.

Wie stehen die Südtiroler Parteien zur Zweisprachigkeitspflicht? UT24 liefert die Antworten ab nächster Woche

UT24 hat die Verärgerung der Bürger zum Anlass genommen, die Südtiroler Parteien im Landtag mit klaren Fragen zu konfrontieren. Die Bürger wollen Antworten: Warum wird die Zweisprachigkeitspflicht so häufig verletzt? Warum gibt es keine Konsequenzen für die verantwortlichen Institutionen? Und vor allem: Was wird getan, um diese Missstände endlich zu beheben?

Die Zweisprachigkeit ist kein Luxus, sondern ein Recht – ein Recht, das viele Deutsch-Südtiroler immer weniger durchgesetzt sehen. Was sagen die politischen Vertreter zu diesen Vorwürfen? Welche Lösungen schlagen sie vor? UT24 wird in einer Serie die Positionen der Landtagsparteien veröffentlichen und hat den Parteien folgende Fragen gestellt:

  • Wie bewerten Sie die Tatsache, dass deutschsprachige Bürger in Südtirol bei staatlichen Einrichtungen wie der Agentur der Einnahmen systematisch benachteiligt werden? Halten Sie diesen Zustand gegenüber der deutschen Bevölkerung für fair und vertretbar?
  • Welche konkreten Maßnahmen werden Sie ergreifen, um sicherzustellen, dass die deutsche Sprache in öffentlichen Einrichtungen den ihr gebührenden Platz erhält? Wie sieht Ihr Einsatz für die Zweisprachigkeitspflicht aus?
  • Was sagen Sie den Bürgern, die sich von öffentlichen Institutionen im Stich gelassen fühlen und den Eindruck haben, dass die deutsche Sprache systematisch ignoriert wird? Welche Verantwortung trägt die Politik hier?
  • Halten Sie es für gerecht, dass trotz zahlreicher gemeldeter Verstöße gegen die Zweisprachigkeitspflicht keine Strafen verhängt werden? Welche Schritte werden Sie setzen, um sicherzustellen, dass der Schutz der deutschen Sprache nicht länger nur auf dem Papier existiert?

Lese ab nächster Woche auf UT24, wie die Parteien auf diese Fragen antworten. Wir geben den Bürgern eine Stimme – und lassen die Politik Stellung beziehen.

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