Das schleichende Desinteresse der SVP am Minderheitenschutz
Diese Partei, die noch knapp mehr als ein Drittel der Südtiroler Wähler hinter sich hat, maßt sich an, allein über die Zukunft der Autonomie zu bestimmen. Dabei drängt sich die berechtigte Frage auf, ob Interessen der Minderheiten – der deutschen und ladinischen Südtiroler – zugunsten anderer Prioritäten geopfert werden.
Die Ansässigkeitsklausel: Schutzmechanismus oder Relikt?
Ein zentrales Thema der Diskussion war die Ansässigkeitsklausel, die seit Jahrzehnten einen wichtigen Schutzmechanismus für die deutschen und ladinischen Minderheiten darstellt. Sven Knoll betonte, dass dieser Schutz nicht gegen Verwaltungsbefugnisse eingetauscht werden dürfe, die Südtirol im Laufe der Jahre verloren hat. Demgegenüber bezeichnete Karl Zeller die Ansässigkeitsklausel sinngemäß als überholt. Sie habe in einer Zeit Sinn gemacht, als zahlreiche Militär- und Polizeikontingente nach Südtirol verlegt wurden, sei jedoch heute nicht mehr notwendig.
Diese Einschätzung greift jedoch viel zu kurz. Zeller ignoriert die realen demografischen Entwicklungen: Die deutsche und ladinische Volksgruppe schrumpfen kontinuierlich, während die italienische Bevölkerung stetig wächst. Einer der Gründe dafür ist der Zuzug von Italienern nach Südtirol. Im Gesundheitswesen etwa arbeiten Italiener in dominanter Zahl, was selbst ohne eine Statistik augenscheinlich ist. Der ethnische Proporz, der eigentlich ein Garant für das Gleichgewicht zwischen den Sprachgruppen sein soll, wird faktisch nicht eingehalten. Fehlende Fachkräfte werden aus dem Süden Italiens angeworben, und an der Freien Universität Bozen ist ein Großteil der Vorlesungen italienischsprachig. Auch im Gastgewerbe haben Italiener die osteuropäischen Arbeitskräfte längst verdrängt.
Karl Zeller ist zu intelligent und zu gut informiert, um diese Tatsachen nicht zu kennen. Dass er die Bedeutung der Ansässigkeitsklausel dennoch herunterspielt, zeigt klar, dass ihm die Instrumente des Minderheitenschutzes weniger wichtig sind als das Streben nach mehr Verwaltungsbefugnissen.
Die SVP spielt der italienischen Rechten in die Karten
Besonders fatal ist, dass diese Haltung der SVP einem politischen Gegner zuspielt, der die Schwäche der deutschen und ladinischen Minderheit nur zu gern ausnutzt: Alessandro Urzì. Einst als ultrarechter Verteidiger der Italianità im Südtiroler Landtag kaum ernst genommen, hat er sich dank der Verhandlungsbereitschaft der SVP in eine strategische Position gebracht. Seine Vorschläge zur Reform der Autonomie, wie etwa die Abkehr vom strengen ethnischen Proporz bei der Erstellung der Gemeindeausschüsse und eine italienische Mindestvertretung von zwei Italienern in der Landesregierung, stoßen innerhalb der SVP nicht auf kategorische Ablehnung.
Karl Zeller selbst erklärte in einem Interview mit der Neuen Südtiroler Tageszeitung, dass diese Forderungen „vertretbar“ seien. Damit wird klar, dass die SVP bereit ist, jahrzehntelange Errungenschaften des Minderheitenschutzes leichtfertig aufzugeben. Noch bedenklicher ist, dass die Fratelli d’Italia, eine Partei, die in ihrem Kern nationalistisch ist, durch die Allianz mit der SVP in Südtirol salonfähig gemacht wurde. War es nicht Landeshauptmann Kompatscher selbst, der diese Partei als Regierungspartner akzeptierte? Die offizielle Begründung dafür war, verloren gegangene autonome Kompetenzen von 1992 wiederherzustellen. Doch nun zeigt sich: Der Preis für diese Allianz ist hoch. Forderungen der italienischen Volksgruppe werden nicht nur toleriert, sondern zunehmend integriert. Dies ist besonders brisant, denn es sind nicht die Italiener, sondern die deutschen und ladinischen Südtiroler, die in Italien eine Minderheit darstellen.
Ein intransparenter Prozess und demokratisches Defizit
Noch ein anderer Aspekt der Debatte sorgt für berechtigten Unmut: Karl Zeller gab offen zu, dass er den Text zur Autonomiereform kennt, während die Abgeordneten – selbst jene im Südtiroler Landtag – bis dato keinen Einblick erhalten haben. Dass eine so fundamentale Reform hinter verschlossenen Türen und ohne breite Einbindung der politischen Vertreter verhandelt wird, ist ein demokratietheoretischer Skandal. Abgeordnete der Opposition, die einen Sonderlandtag fordern, um über diese Reform mitzubestimmen, haben voll und ganz recht. Die Autonomie Südtirols betrifft alle Südtiroler, und kein Alleingang der SVP darf darüber entscheiden.
Ein Kurswechsel ist dringend notwendig
Die SVP befindet sich auf einem gefährlichen Kurs: Sie distanziert sich nicht ausdrücklich vor einer systematischen Schwächung der Instrumente des Minderheitenschutzes, die die deutsche und ladinische Volksgruppe jahrzehntelang geschützt haben. Stattdessen hofiert sie italienische Forderungen und riskiert, das Gleichgewicht zwischen den Sprachgruppen nachhaltig zu zerstören. Dass diese Entwicklung von der italienischen Rechten aktiv genutzt wird, ist kaum verwunderlich.
Die Autonomie Südtirols ist eine Errungenschaft, die auf dem Fundament des Minderheitenschutzes aufgebaut wurde. Wird dieses Fundament zerstört, verliert die Autonomie ihren eigentlichen Sinn. Es ist höchste Zeit, dass die Südtiroler Bevölkerung der SVP klare Grenzen setzt und sich entschieden für den Schutz der Minderheiten einsetzt. Demokratie und Autonomie sind keine Selbstverständlichkeiten – sie müssen stets verteidigt und gestärkt werden. Nur so kann Südtirol auch in Zukunft ein Ort sein, an dem alle Volksgruppen gleichberechtigt leben können.
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20.12.2024
Ich habe das im TV gesehen
Der Zeller ist neben Sven Knoll nur ein kleines Würstchen ,der sich mit den Händen am Tisch festhalten muss
Was die SVP da vorhanden ist mehr als Vertuschung u verkaufen der Autonomie,was nützt es wenn ich 3 Sachen verschenke U eine Sache bekomme,den Italienern nützt es ,wir bekommen eine Arschtritt
Das schönste ist auch das Zeller alles Verharmlost was Urzi vordert
Wacht auf u haut die SVP mit seinen Komplizen raus