„Ich nehme oft kein Blatt vor den Mund!“ – Michael Wendler im UT24-Gespräch

Hallo, Michael. Es gab ja letztes Jahr einen Konzerttermin von dir in Innsbruck, auf den sich viele Fans gefreut haben. Generell hast du es in letzter Zeit mit vielen Konzertabsagen und der Cancel-Culture zu tun. Wie gehst du persönlich mit diesem Gegenwind um, der seit 2020 von allen Seiten auf dich einprasselt?
Das ist eine sehr berechtigte Frage! Ich habe viele dieser Fragen in der letzten Zeit erhalten. Ich kann es mir nur so erklären, dass ich und auch mein familiäres Umfeld unfassbar stabil geblieben sind, weil wir das halt schon jahrelang so kannten. Ich bin ja kein Newcomer mehr! Ich bin seit 25 Jahren in der Musikbranche unterwegs. Deswegen ist es auch nicht so leicht, das, was ich geschaffen habe, einfach wegzupixeln – auch wenn das manche Fernsehsender versucht haben oder nach wie vor versuchen. Das geht einfach nicht!
Es gibt einfach so viel „Micha Wendler“, so viele Fernsehformate, dass man diese ganze Cancel-Culture mit mir nicht machen kann. Ich meine, man hat es ja versucht. Im Grunde genommen hat mir das Ganze aber nur bestätigt, was ich auch vermutet habe – nämlich, dass es nicht einfach wird, die Sicht der Dinge, die ich habe, gerade in den Corona-Jahren, darzustellen. Deshalb dachte ich mir, das braucht noch Zeit. Das braucht einfach Zeit – vor allem Zeit für Aufklärung. Deshalb habe ich mich auch für längere Zeit zurückgezogen, um das Thema jenen Menschen zu überlassen, die wirklich etwas davon verstehen.
Ich bin ja im Grunde nur Schlagersänger und habe damals persönliche Konsequenzen gezogen, als ich im September 2020 gesagt habe, dass ich mich nicht länger diesem ganzen Wahnsinn aussetzen will. Daraufhin habe ich mich erst einmal vorläufig von den Dreharbeiten zu DSDS zurückgezogen. Aufgrund meiner Aussagen, die ich danach gemacht habe, hat RTL mich dann gekündigt.
Was daraufhin passiert ist: Da ist eine Lawine über mich hereingebrochen, mit der ich gar nicht gerechnet habe. Aber das hat mir nur bestätigt, worum es sich hier wirklich gehandelt hat. Jetzt ist es aber so, dass ich sage: Es sind so viele Jahre vergangen! Jetzt ist auch einmal die Zeit gekommen, miteinander zu sprechen und sich zu versöhnen. Es wurden nämlich auf beiden Seiten Fehler gemacht – auf der einen Seite bei den Aufklärern oder Querdenkern und auf der anderen Seite von der Politik und den Medien. Und da ist jetzt, glaube ich, eine ganz wichtige Zeit gekommen, dass wir aufgrund dessen, was alles schon bekannt geworden ist, versuchen, das Ganze fair aufzuarbeiten – und so auch abzuschließen.
Ich glaube, das ist ganz wichtig – auch für diejenigen, die damals nicht verstanden haben, was alles so vor sich geht. Und ich glaube, eine solche Versöhnung macht man am besten mit Musik. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, das wieder umzusetzen. Meine ursprüngliche Entscheidung war ja, erst einmal nicht nach Deutschland zurückzukehren, sondern zunächst im Ausland aufzutreten. Für 2024 gab es eine Konzertplanung in Griechenland sowie zwei weitere Konzerte – eines davon in Österreich und eines in der Schweiz. Durch unglückliche Umstände sind diese Konzerte dann aber leider ausgefallen. Ich wäre da gewesen und hatte mich schon darauf gefreut. Aber jetzt ist endlich die Zeit gekommen, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Und man sieht ja, dass es tatsächlich noch Veranstalter mit Rückgrat gibt, die nicht nur sagen: „Jeder hat eine zweite Chance verdient“, sondern die auch danach leben.
Wenn ich diesen Satz mit der zweiten Chance alleine schon höre, dann kräuseln sich bei mir die Nackenhaare. Dieser Ausspruch suggeriert ja von vornherein, man hätte irgendetwas Schlimmes angestellt. Das habe ich ja nicht!
Wenn ich dazu eine kurze Nachfrage stellen darf: Du sagst ja, jeder hat eine zweite Chance verdient. In dieser Hinsicht hat man das Gefühl, dass anderen Künstlern, wie zum Beispiel Nena oder Xavier Naidoo, eine solche zweite Chance tatsächlich zuerkannt wird. Bei einem Michael Wendler hingegen wird mit Boykott und Konzertabsagen reagiert. Hast du auch das Gefühl, dass man dir weniger verzeiht als anderen?
Also bei Xavier Naidoo kann ich das wirklich nicht beurteilen. Und bei Nena habe ich schon festgestellt, dass sie lange nicht in der Art und Weise kommuniziert hat, wie ich das während der Corona-Jahre gemacht habe. Da war sie ja viel zurückhaltender. Deswegen ist es für sie auch ein bisschen leichter gewesen, in den Mainstream zurückzukehren.
Aber wir sind ja alle nur Menschen! Das muss man einfach mal sagen. Ich bin ja auch nicht fehlerlos, und wenn ich mal etwas rausgehauen habe, dann kann das genauso fehlerhaft gewesen sein wie vor 15 Jahren. Da habe ich auch viele Sachen gesagt, wo die Leute sich am Kopf gefasst haben und meinten: „Wie kann der sich das wagen? Warum sagt der das?“ So bin ich halt! Das ist nun einmal mein Naturell.
Ich nehme halt oft kein Blatt vor den Mund – aber dann muss ich es auch aushalten, wenn Gegenwind kommt. Aber das kann ich sehr gut, das wissen auch meine Fans. Ich lasse mich nicht unterkriegen, und wenn der Wind stärker wird, dann stemme ich mich nur mehr dagegen. Man kann den Disco-Fox einfach nicht besiegen und ausradieren. Das geht einfach nicht.
Eine letzte Frage noch zum vorhin thematisierten Innsbruck-Konzert, das abgesagt wurde: Ist denn noch etwas für Tirol, Österreich oder vielleicht sogar Südtirol geplant?
Anfragen gibt es ja immer. Die Frage ist nur, ob man dann letzten Endes auch einen Vertrag zustande bekommt. Das sind dann noch mal zwei Paar Schuhe. Aber ich bin auf jeden Fall wieder da. Und das ist auch das, was die Leute im Mai 2025 sehen werden: Ich bin wieder da. Ich freue mich auf euch. Ich singe für euch. Und wenn man mich nicht mag, dann braucht man ja auch nicht kommen.
Ich verstehe diese ganze Diskussion auch oft nicht von vielen Hatern, die sich so viel Mühe geben und die Veranstalter anschreiben, um die Konzerte zu verhindern – womöglich noch mit einer Petition, wie es sie ja auch für das anstehende Konzert in der Arena Oberhausen gegeben hat. Das ist echt balla balla.
Wer keinen Bock auf Disco-Fox, Popschlager oder Michael Wendler hat – der braucht einfach nicht kommen. Aber man sieht ja: Es gibt trotzdem Tausende von Menschen, die Lust darauf haben. Und da sind bestimmt auch viele darunter, die sagen: „Ach, was der alles für einen Blödsinn gesagt hat. Aber hier geht es nicht um Politik, sondern um Musik.“
Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
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