Sprachkompetenz als Voraussetzung: Eine Analyse der Lernstandserhebungen Deutsch 2023/24
Gleichzeitig stellt sich die Frage: Welche Rolle soll die deutsche Schule in Südtirol spielen? Die Antwort darauf muss klar und mutig formuliert werden.
Deutsch als Voraussetzung: Deutliche Leistungsunterschiede
Bereits in der ersten Klasse der Mittelschule zeigen sich erhebliche Unterschiede in den Testergebnissen. Schüler, die zuhause Deutsch sprechen, erreichen im Leseverständnis eine durchschnittliche Lösungshäufigkeit von 50,44 Prozent. Schüler, die zuhause Italienisch sprechen, fallen auf 35,93 Prozent zurück, und Kinder aus nicht-italienischen oder -deutschen Haushalten erreichen lediglich 28,88 Prozent. Dieser Trend setzt sich auch in höheren Jahrgangsstufen fort und verschärft sich häufig, da sprachliche Defizite nicht ausreichend aufgeholt werden. Besonders problematisch ist das Leseverständnis, das als Schlüsselkompetenz für den schulischen Erfolg gilt. Während sprachlicher Gebrauch durch gezielte Übungen im Unterricht verbessert werden kann, bleibt das Leseverständnis langfristig hinter den Anforderungen zurück. Diese Schülergruppen laufen Gefahr, dauerhaft im Unterricht abgehängt zu werden. Das wirkt sich nicht nur auf ihre Leistungen aus, sondern auch auf das Gesamtniveau der Klasse.
Folgen für das deutsche Bildungssystem
Die zunehmende Heterogenität in den deutschen Schulen hat tiefgreifende Auswirkungen. Lehrer sind gezwungen, den Unterricht an die sprachlich schwächsten Schüler anzupassen. Dadurch können anspruchsvolle Inhalte nicht im vorgesehenen Tempo vermittelt werden. Dies benachteiligt leistungsstarke Schüler, vor allem jene, die zuhause Deutsch sprechen und eigentlich von einem höher angesetzten Unterricht profitieren könnten. Gleichzeitig sehen sich Lehrer mit der Aufgabe konfrontiert, nicht nur die vorgesehenen Inhalte zu vermitteln, sondern grundlegende Sprachdefizite auszugleichen. Der Unterricht wird dadurch von Sprachförderung dominiert, während andere Fächer oder vertiefte Inhalte zu kurz kommen. Besonders bedenklich ist jedoch die Gefährdung der Identität der deutschen Schule. Diese wurde gegründet, um die Sprache und Kultur der deutschsprachigen Minderheit zu bewahren. Ein hoher Anteil nicht-deutschsprachiger Schüler verwässert dieses Ziel, da die deutsche Sprache zunehmend als Fremdsprache behandelt wird.
Ein notwendiger Schritt: Deutschkenntnisse als Grundvoraussetzung
Angesichts dieser Entwicklung ist es unumgänglich, Deutschkenntnisse als klare Voraussetzung für den Eintritt in eine deutsche Schule festzulegen. Schüler, die nicht primär Deutsch sprechen, müssen vor der Einschulung ein ausreichendes Sprachniveau nachweisen. Ein Sprachtest vor der Einschulung ist hierbei ein sinnvolles Instrument. Dies ist notwendig, um Fairness gegenüber deutschsprachigen Schülern sicherzustellen, die einen berechtigten Anspruch auf Unterricht haben, der auf ihrem Niveau stattfindet und nicht von Grundlagendefiziten anderer Schüler gebremst wird. Gleichzeitig ermöglicht dies Chancengleichheit, indem Schüler mit Sprachdefiziten durch verpflichtende Vorbereitungsklassen gezielt gefördert werden und so später besser in das reguläre Schulsystem integriert werden können. Es geht nicht zuletzt darum, den Bildungsauftrag der deutschen Schule zu erhalten, nämlich die Sprach- und Kulturkompetenzen der deutschen Minderheit zu stärken.
Vorbereitungsklassen als Lösung
Ein Modell, das sich in vielen Bildungssystemen bewährt hat, sind Vorbereitungsklassen. Diese Klassen könnten in Südtirol eingeführt werden, um nicht-deutschsprachigen Schülern die Möglichkeit zu geben, ihre Sprachkompetenzen zu verbessern, bevor sie in die regulären Klassen aufgenommen werden. Solche Vorbereitungsklassen bieten intensiven Deutschunterricht in kleinen Gruppen und konzentrieren sich auf die Vermittlung grundlegender Sprachkompetenzen, die den Kindern später eine erfolgreiche Teilnahme am regulären Unterricht ermöglichen. Diese Maßnahme würde nicht nur den betroffenen Schülern zugutekommen, sondern auch den regulären Unterricht entlasten und das Unterrichtsniveau insgesamt stabil halten.
Der Schutz der deutschen Schule: Eine Quotenregelung
Neben der Einführung verpflichtender Sprachtests sollte auch eine Quotenregelung für nicht-deutschsprachige Schüler eingeführt werden. Eine solche Regelung könnte sicherstellen, dass der Anteil nicht-deutschsprachiger Schüler in einer Klasse nicht so hoch wird, dass das Unterrichtsniveau leidet. Dies würde die deutschsprachigen Schüler schützen und gleichzeitig sicherstellen, dass nicht-deutschsprachige Schüler in einer stabileren sprachlichen Umgebung lernen können. Dies ist keine diskriminierende Maßnahme, sondern eine sinnvolle und notwendige Regulierung, die sowohl die Qualität des Unterrichts als auch die Integration fördert.
Die deutsche Schule als Ort der Identität
Die deutsche Schule in Südtirol hat eine besondere Aufgabe: Sie muss die Sprache und Kultur der deutschsprachigen Minderheit bewahren und fördern. Diese Aufgabe wird durch die steigende Anzahl nicht-deutschsprachiger Schüler immer schwieriger. Die Ergebnisse der Lernstandserhebungen belegen, dass ohne klare Maßnahmen wie verpflichtende Sprachtests, Vorbereitungsklassen und Quotenregelungen sowohl die Qualität des Unterrichts als auch die kulturelle Identität der deutschen Schule gefährdet sind. Es ist an der Zeit, konsequent zu handeln, um sicherzustellen, dass die deutsche Schule auch in Zukunft ein Ort bleibt, an dem deutschsprachige Kinder ihre Sprache, Kultur und Identität stärken können. Dies ist keine Frage der Diskriminierung, sondern der Verantwortung gegenüber der deutschen Minderheit in Südtirol.