Neue Studie zu muslimischen Migranten erschienen
Frauen sind in der Religionsausübung und anderen Bereichen offener als Männer
Ungefähr die Hälfte der interviewten Muslime mit westafrikanischem, somalischem oder sudanesischem Hintergrund ist als religiös tolerant einzustufen (48,7 Prozent), zirka ein Drittel (32,8 Prozent) weist zumindest einzelne diskriminierende Einstellungen zu Personen mit anderen religiösen Überzeugungen auf. Rund einer von zehn Befragten mit sudanesischer (11,1 Prozent) oder westafrikanischer (7,5 Prozent) Herkunft fühlt sich Angehörigen eines anderen Glaubensbekenntnisses überlegen, bei Gläubigen aus Somalia liegt dieser Anteil höher (56,1 Prozent).
Frauen erweisen sich deutlich offener (56,9 Prozent) als Männer (42,9 Prozent). Der Koranunterricht ist der Mehrheit wichtiger als der Schulunterricht (52,3 Prozent), wobei diese Ansicht von männlichen Interviewteilnehmern (63,3 Prozent) deutlich häufiger vertreten wird als von weiblichen Interviewteilnehmerinnen (38,3 Prozent). Dass eine Muslimin ihren Ehemann selbst auswählen sollte, befürworten 52,8 Prozent der Frauen, aber nur 36,6 Prozent der Männer. Dass Frauen in der Öffentlichkeit selbstbewusst auftreten sollten, wird von 68,5 Prozent der weiblichen Befragten und 41,7 Prozent der männlichen Befragten unterstützt.
Männer weniger tolerant
Mehr als die Hälfte (53,3 Prozent) sprach sich in den Interviews für die Gleichberechtigung von Frauen in allen Lebensbereichen aus. Dass eine Muslimin den Beischlaf mit ihrem Ehemann niemals verweigern sollte, befürwortet über ein Viertel der Gruppe aus Somalia (25,2 Prozent), weit seltener befürworten dies die Befragten aus dem Sudan (7 Prozent) oder Westafrika (8 Prozent). Die männliche Zustimmung (17,1 Prozent) ist ungefähr doppelt so hoch wie bei den weiblichen Interviewten (9,4 Prozent). „Eine wesentliche Erkenntnis der DPI-Studie liegt darin, dass Frauen öfter eine weit offenere und tolerantere Haltung in vielen Fragen einnehmen. Für eine erfolgreiche gesellschaftliche Integration und die Überwindung von religiös-extremistischen Tendenzen können Frauen daher eine wichtige Rolle spielen“, so Lisa Fellhofer, die Direktorin der Dokumentationsstelle.
Segregation und mangelnde Deutschkenntnisse begünstigen Rechtsverletzungen
Die Erhebung zeigt zudem auf, dass bei einer individuellen Tendenz zur Segregation von der Mehrheitsgesellschaft sowie bei mangelnden Deutschkenntnissen – und in ganz besonderem Maße bei Vorliegen einer Kombination beider Phänomene – die Befürwortung und Akzeptanz von Rechtsverletzungen deutlich ansteigt. Hingegen zeigt sich, dass die Kenntnis der deutschen Sprache nicht nur mit einer größeren Integrationsbereitschaft einhergeht, sondern auch die Partizipationschancen in allen Bereichen deutlich erhöht. Dies findet wiederum Niederschlag in einer größeren Zustimmung zur pluralistischen Gesellschaft und ihren Werten sowie zum Rechtsstaat westlicher Prägung.
Die Mehrheit der Befragten (55,6 Prozent) schätzt die Vorzüge einer auf dem Grundprinzip von „leben und leben lassen“ basierten pluralistischen Gesellschaft; etwas weniger als ein Viertel (24,7 Prozent) steht dieser Gesellschaftsform negativ bis intolerant gegenüber. „Gute Deutschkenntnisse wie intensivere Austauschbeziehungen mit der Mehrheitsgesellschaft sind extrem wichtig, um in Österreich anzukommen. Beides hilft, die eigenen Vorurteile abzubauen sowie Partizipationschancen zu erkennen und zu ergreifen, welche eine Gesellschaft auch anbieten muss“, betonen die beiden Studienautoren Erwin Ebermann und Martina Gajdos.
Die Studie sowie alle weiteren Publikationen des Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam) können auf der Website www.dokumentationsstelle.at abgerufen werden.
OTS