von ih 25.10.2024 15:23 Uhr

Österreich: Wahlverlierer starten Verhandlungen für Regierung

Die Sondierungsgespräche zwischen den beiden Wahlverlierern (ÖVP und SPÖ) zur Bildung einer Regierung sind am Freitag gestartet worden. Kurz nach 11 Uhr trafen sich die Teams von Volkspartei und Sozialdemokraten im Palais Epstein nahe dem Parlament. In einem Pressestatement im Bundeskanzleramt hatte ÖVP-Obmann Karl Nehammer davor redliche Gespräche versprochen. Beim Eintreffen zu der Unterredung meinte SPÖ-Chef Andreas Babler, es handle sich um einen „ersten Austausch über die großen Herausforderungen“.

APA/ROLAND SCHLAGER

Nehammer weiterhin auf Kriegsfuß mit Kickl

Während die ÖVP unbemerkt den Tagungsort betrat, kam die SPÖ im Team durch den Vordereingang. Begleitet wurde Babler von Frauenchefin Eva Maria Holzleitner, ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, der Dritten Nationalratspräsidentin Doris Bures, Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder und Vize-Klubchef Philip Kucher. Die ÖVP stellt sich mit Nehammer, Generalsekretär Christian Stocker, dem geschäftsführenden Klubobmann August Wöginger, Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Staatssekretärin Claudia Plakolm auf.

Nach der Besprechung, die rund vier Stunden dauern dürfte, wollen Nehammer und Babler in getrennten Statements über den Austausch berichten. Der Kanzler hat im Anschluss noch Einzel-Termine mit NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Bundessprecher Werner Kogler vor sich, die sich bis in die Abendstunden ziehen werden. Geplant ist ja, eine der beiden Parteien noch hinzuzuziehen, da Schwarz-Rot im Nationalrat nur ein Mandat Überhang hätte.

Nehammer hatte am Vormittag noch einmal klargestellt, dass auch er selbst zunächst für einen Regierungsbildungsauftrag an die stärkste Partei gewesen sei und zeigte sich dessen bewusst, dass „bei manchen eine gewisse Aufregung um das Thema der Vergabe des Regierungsauftrags herrscht”. FPÖ-Chef Herbert Kickl habe jedoch in den von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragten Gesprächen mit ÖVP und SPÖ keinen Partner für eine Regierungsbildung gefunden. „Und damit ist die Kickl-FPÖ nicht regierungsfähig.“ Die Regierungsverhandlungen wolle er mit großer Ernsthaftigkeit und Redlichkeit führen und Lösungen finden, bei denen auch „die, die uns nicht gewählt haben“, mitgenommen werden können, betonte Nehammer. Österreich brauche eine stabile Regierung mit einer starken parlamentarischen Mehrheit, um die großen Zukunftsfragen des Landes zu lösen. „Faktum ist: Die radikalen Kräfte haben sich selbst aus dem Spiel genommen.“

Bundeskanzler kritisiert Demonstration gegen Verlierer-Regierung

Gleichzeitig hatte Nehammer vor einer für 9. November geplanten Demonstration von Gegnern einer Koalition ohne FPÖ gewarnt. Der ÖVP-Obmann erinnerte daran, dass die Demonstration unter dem Motto „Macht euch bereit“ just am Jahrestag der nationalsozialistischen Novemberpogrome von 1938 stattfinden soll. „Wofür machen sich die Menschen bereit, und wessen Wille geschieht hier?“, fragte er in Anspielung an den Slogan „Euer Wille geschehe“ der FPÖ im Nationalratswahlkampf, der offenbar auf das Vaterunser („dein Reich komme, dein Wille geschehe“) rekurrierte. Für den ÖVP-Chef und Bundeskanzler ist diese Demonstration „ein Schlag ins Gesicht der Demokratie, des Rechtsstaates, der Versammlungsfreiheit, unserer freien Gesellschaft”, aber auch für die Angehörigen der Opfer dieser Pogrome. „Aus meiner Sicht ist das unerträglich“, so Nehammer. Er forderte daher alle Parteien dazu auf, sich von dieser Demonstration zu distanzieren.

Nehammer sei offenbar „zu feig“, Verhandlungen mit FPÖ-Chef Herbert Kickl aufzunehmen, reagierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung. Stattdessen schlage der ÖVP-Chef nun den Weg einer Austro-Verlierer-Ampel ein. Eine stabile Regierung in den kommenden fünf Jahren könne es aber nur mit der FPÖ mit Herbert Kickl geben, die bei der Nationalratswahl schließlich klar stärkste Kraft geworden sei.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim forderte die FPÖ hingegen dazu auf, die Entscheidung Van der Bellens zu respektieren. „Kickl hat seine Partei mit ihrer Politik und radikalen Rhetorik selbst aus dem Spiel genommen.“ Kickl solle sich außerdem von der angekündigten Demo distanzieren und zur Deeskalation beizutragen. Mache er das nicht, wäre das „ein weiterer Beweis, dass mit dieser Partei kein Staat zu machen ist”. Kritik an der geplanten Demo übten auch die Grünen. Diese zeige erneut, „welche Geister die Kickl-FPÖ weckt“. „Würden Kickl und Rosenkranz die Abgrenzung zur rechtsextremen Szene ehrlich meinen, müssten sie sich glaubwürdig von den Organisatoren und deren verschwörungstheoretischen, antisemitischen und rechtsextremen Auslassungen distanzieren“, so Grünen-Chef Werner Kogler auf X.

apa/ut24

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  1. Itstime
    25.10.2024

    Endlich wieder ein Komödiantenstadl.

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