von red 19.10.2024 12:06 Uhr

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger im UT24-Interview

Markus Abwerzger, Obmann der Tiroler FPÖ, spricht im Interview über den Wahlsieg seiner Partei, den Umgang von Bundespräsident Van der Bellen mit Herbert Kickl, und die Strategie der FPÖ in urbanen Gebieten. Zudem äußert er sich zur EU-Politik, den Pflegesektor und die Herausforderungen rund um den Herdenschutz. Abwerzger betont die Bedeutung von klarer Kommunikation, verteidigt seine politische Rhetorik und gibt Einblicke in seine Vision für Tirols Zukunft – auch im Kontext der Beziehungen zu Südtirol.

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger - Bild: APA/EXPA/JOHANN GRODER

UnserTirol24: Herr Abwerzger, Ihre FPÖ hat den ersten Platz bei der Wahl zum Nationalrat errungen. Stimmt es Sie nachdenklich, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen Herbert Kickl nicht den Regierungsauftrag erteilt hat? Müsste sich ein Staatsoberhaupt nicht parteiübergreifend und neutral verhalten?

Markus Abwerzger: Der Bundespräsident agiert hier keinesfalls überparteilich. Es ist Usance in der Zweiten Republik, dass der Obmann der stimmenstärksten Partei diesen Auftrag erhält. Der Bundespräsident spielt hier ganz klar auf Zeit, um es den Verlierern von ÖVP und SPÖ zu ermöglichen, eine Koalition mit den NEOS oder den Grünen im Hinterkämmerchen zu schmieden.

Eine Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und NEOS/Grünen entspricht nicht dem Wählerwillen. Österreich braucht eine stabile Regierung. Bundeskanzler Karl Nehammer soll sich zusammenreißen und sich seines Amtes entsprechend verhalten. Persönliche Animositäten haben in der Politik nichts verloren, es geht um Österreich.

UT24: Hinsichtlich der vergangenen Tiroler Landtagswahl sagten Sie, dass Städte schwierig sind und es dort Probleme gibt. Welche signifikanten Schritte wollen Sie setzen, um diese Probleme zu eruieren und die Wahlchancen der FPÖ in städtischen Gebieten zu verbessern?

Abwerzger: Das Stadt-Land-Gefälle ist gegeben, das kann man nicht leugnen. Wobei wir jetzt auch bei der Nationalratswahl in Innsbruck die zweitstärkste Partei mit knapp 23 Prozent waren. Das ist sehr erfreulich und zeigt das vorhandene Potential. Bei der vergangenen Gemeinderatswahl in Innsbruck in diesem Jahr sind 14 Listen angetreten.

Ich halte es da wie der ehemalige Landeshauptmann Günther Platter, der mal meinte, jede Laus beißt. Mehr Parteien führen natürlich zu Aufsplitterung der Stimmen. Wir haben aber gerade in Innsbruck eine sehr starke Mannschaft mit Stadtrat Lassenberger und Urgestein Rudi Federspiel. Wir führen die Opposition an und werden mit gewissenhafter und harter Oppositionspolitik punkten. Innsbruck hat sich eine bessere Regierung verdient.

Wir haben in Innsbruck eine sehr starke Mannschaft mit Stadtrat Lassenberger und Urgestein Rudi Federspiel. Wir führen die Opposition an und werden mit gewissenhafter und harter Oppositionspolitik punkten. Innsbruck hat sich eine bessere Regierung verdient.

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger über die politische Situation in Tirols Landeshauptstadt

UT24: Sie haben die EU-Wahl als „bahnbrechend“ beschrieben. Welche konkreten Unterschiede sehen Sie zwischen der EU-Wahl und der Nationalratswahl? Letztere hat die FPÖ noch stärker positionieren lassen…

Abwerzger: Bei beiden Wahlen wurden wir zur Nummer 1. Bei der Nationalratswahl noch deutlicher. Das ist sehr erfreulich, aber auch eine große Verantwortung. Wir müssen Tag für Tag für die Bevölkerung arbeiten, um dieses Vertrauen, das in uns gesetzt wird, nicht zu enttäuschen. Mich freut, dass wir offenbar mittlerweile über sehr treue Wähler verfügen, die uns hauptsächlich, so die Nachwahlbefragungen, wegen der Inhalte wählen. Das ist eine Bestätigung dafür, dass wir auf die richtigen Themen setzen.

UT24: Sie haben bei der vergangenen Landtagswahl den Anspruch auf den Landeshauptmannsessel erhoben. Welche Lehren ziehen Sie aus dem verlorenen Duell gegen Anton Mattle und wie beabsichtigen Sie, diese im nächsten Urnengang anzuwenden? Wie ist dessen ungeachtet das Verhältnis zu Mattle, politisch wie privat?

Abwerzger: Ich habe bereits die Revanche ausgesprochen, ob Landeshauptmann Mattle allerdings noch einmal mit mir in den politischen Ring steigt, steht in den Sternen. Parteiintern ist er aufgrund der Wahlniederlagen schwer angeschlagen. Es rumort sozusagen innerhalb der ÖVP.

Es würde mich daher nicht wundern, wenn Landeshauptmann Mattle innerparteilichen Machtkämpfen zum Opfer fällt. Wir werden weiterhin eine unangenehme und starke Opposition sein. Wir werden aufzeigen, dass Tirol zu schön und zu wichtig ist, um es einer zerstrittenen ÖVP und einem selbstverliebten sozialistischen Landeshauptmannstellvertreter zu überlassen.

Wir werden weiterhin eine unangenehme und starke Opposition sein. Wir werden aufzeigen, dass Tirol zu schön und zu wichtig ist, um es einer zerstrittenen ÖVP und einem selbstverliebten sozialistischen Landeshauptmannstellvertreter zu überlassen.

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger über die politische Situation im Tiroler Landtag

UT24: In Bezug auf den Pflegeberuf forderten Sie, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Wie genau planen Sie, die Finanzierung im Pflegebereich zu verbessern, und welche konkreten finanziellen Maßnahmen würden Sie priorisieren?

Abwerzger: Da liegt die Lösung klar auf der Hand. Es muss zu einer budgetären Schwerpunktsetzung durch die Landesregierung und auch durch die zukünftige Bundesregierung kommen. Die unzähligen Millionen, welche derzeit in der linkslinken Flüchtlingsindustrie versickern, sind im Pflegebereich eindeutig besser investiert.

UT24: Sie haben sich gegen die Zuwanderung von Pflegekräften aus anderen Ländern ausgesprochen. Wie wollen Sie den Pflegeberuf in Tirol attraktiver machen und welche konkreten Schritte sind nötig, um die Ausbildung und Arbeitsbedingungen in diesem Sektor zu verbessern?

Abwerzger: Bevor Pflegekräfte aus dem Ausland angeworben werden, wäre es dringend angebracht, die heimischen Pflegekräfte, welche tagtäglich enorme Leistungen abrufen, gerecht zu entlohnen. Nicht nur mittels Einmalzahlungen und Boni, sondern durch kräftige Gehaltsreformen.

Bevor Pflegekräfte aus dem Ausland angeworben werden, wäre es dringend angebracht, die heimischen Pflegekräfte, welche tagtäglich enorme Leistungen abrufen, gerecht zu entlohnen. Nicht nur mittels Einmalzahlungen und Boni, sondern durch kräftige Gehaltsreformen.

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger über die Personalsituation im Tiroler Pflegebereich

UT24: Ihre Kritik an der EU-Richterentscheidung zum Wolfsschutzstatus ist deutlich. Wie bewerten Sie die rechtlichen und praktischen Herausforderungen, die bei der Umsetzung der Wolfsabschüsse in Tirol bestehen, und welche alternativen Lösungen sehen Sie für den Herdenschutz?

Abwerzger: Mit der – übrigens nur durch das Mitwirken der Tiroler FPÖ vom Landtag beschlossenen – Entnahmemöglichkeit von Schadwölfen haben wir der heimischen Jägerschaft ein wirksames und rechtlich abgesichertes Instrument in die Hand gegeben, um unsere traditionelle Form der Almbewirtschaftung abzusichern. Alternative Lösungen, sprich Herdenschutz, sind schön gemeinte Ideen, aber topographisch und finanziell nicht umsetzbar. Wobei ich auch ganz klar festhalten möchte, dass jeder Wolf auf den Almen ein Schadwolf ist.

UT24: Sie haben erklärt, dass Sie die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bezüglich des Wolfsschutzes nicht unterstützen. Welche rechtlichen und politischen Schritte könnten Sie unternehmen, um die Position Tirols in dieser Angelegenheit zu stärken? Wird hier auch nach Südtirol geblickt?

Abwerzger: Natürlich schauen wir hier auch ganz genau auf Südtiroler Lösungsansätze, aber der eigentliche rechtliche Ansatz muss auf EU-Ebene angegangen werden. Aufweichung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfes im Gleichklang mit der Aufweichung der vielen Abschusshindernisse durch die europäische Rechtsprechung. Ohne Rücksichtnahme auf unsere spezielle topographische Situation im Alpenraum darf es nicht gehen. Stopp dem Brüsseler Diktat und Zentralismus von oben herab.

UT24: Ihr Politstil, der bisweilen als „nicht zimperlich“ beschrieben wird, wird des Öfteren kritisiert. Wie reagieren Sie auf diese Kritik, und wie beeinflusst diese Wahrnehmung Ihre politische Strategie und Ihre Kommunikation? Kann man da den Anwalt erkennen, der auch mal lautstark seinem Mandanten Gehör verschaffen muss?

Abwerzger: Derartige Kritik kommt ja vom politischen Gegner und gehört zum politischen Tagesgeschäft. Für mich steht das Artikulieren unserer Kernbotschaften in knapper Sprache als direkte Verbindung zum Wähler. Sich für den Wähler auch mal kernig, pointiert und lautstark einzusetzen ist meine Pflicht als Politiker, wie eben auch als Anwalt für meine Mandanten. Ich finde die Wahrheit ist den Menschen zumutbar, da darf man – gerade in Opposition – auch mal überspitzt formulieren.

Sich für den Wähler auch mal kernig, pointiert und lautstark einzusetzen ist meine Pflicht als Politiker, wie eben auch als Anwalt für meine Mandanten. Ich finde die Wahrheit ist den Menschen zumutbar, da darf man – gerade in Opposition – auch mal überspitzt formulieren.

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger über seinen Politstil

UT24: Sie haben die Social-Media-Nutzung als Plattform beschrieben, auf der der Ton oft schärfer ist. Wie gehen Sie persönlich mit den Herausforderungen um, die durch die Kommunikation auf sozialen Medien entstehen, und wie stellen Sie sicher, dass Ihre Aussagen nicht untergriffig werden?

Abwerzger: Da ich von Haus aus kein untergriffiger Mensch bin, stellt sich diese Frage für mich nicht wirklich. Der scharfe Ton auf diesen Kanälen und Plattformen ist eben deren Markenzeichen. Natürlich gibt es immer wieder untergriffige Anwürfe gegen mich und die freiheitliche Gesinnungsgemeinschaft, aber dadurch darf man sich nicht mundtot machen lassen.

UT24: Heuer erinnern wir uns zum 85. Mal an die Option in Südtirol, aber auch die „Paket“-Schlacht um Silvius Magnago und Peter Brugger jährt sich zum 55. Mal. Wie begeht das offizielle Bundesland Tirol diese Gedenktage? Kann man hie und da auch eine „blaue Handschrift“ erkennen?

Abwerzger: Das offizielle Tirol legt keinen übergroßen Wert auf derartige geschichtsträchtige Termine und wird wohl oder übel nur das dringend notwendige Programm abspulen. Daran erkennt man auch, dass die FPÖ leider nicht in Regierungsverantwortung ist. Unzählige Anträge betreffend der Schutzmachtfunktion Österreichs und der vertiefenden Zusammenarbeit von Nord- und Südtirol werden von Schwarz-Rot in Tirol, aber auch in Wien bis zur Unkenntlichkeit abgeändert oder schubladisiert.

Unzählige Anträge betreffend der Schutzmachtfunktion Österreichs und der vertiefenden Zusammenarbeit von Nord- und Südtirol werden von Schwarz-Rot in Tirol, aber auch in Wien bis zur Unkenntlichkeit abgeändert oder schubladisiert.

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger über den politischen Einsatz Tirols für Südtirol

UT24: Im Tiroler Landtag sitzt mit Gudrun Kofler eine energische Abgeordnete aus Südtirol. Im Innsbrucker Gemeinderat kandidierte mit Sibylle Walcher eine weitere mutige Zeitgenossin aus dem Land an Etsch, Eisack und Rienz. Werden die südlichen Tiroler weiterhin das politische Parkett nördlich des Brenners aufmischen?

Abwerzger: Patriotische Politikerinnen, welche mit voller Überzeugung unsere freiheitlichen Wertvorstellungen repräsentieren und verteidigen, werden in unserer Gesinnungsgemeinschaft immer einen Platz haben und gefördert werden. In Wahrheit bräuchten wir noch wesentlich mehr engagierte junge Frauen, welche sich mit Herz und Verstand dem herrschenden Genderwahn und der Beschneidung der Rechte von Frauen mutig entgegenstellen.

UT24: Wie ist das Verhältnis zu den Südtiroler Freiheitlichen? Was hat Ulli Mair richtig gemacht, um in die Landesregierung, wenngleich mit einem komplexen Ressort, gehievt zu werden?

Abwerzger: Das Verhältnis war bekanntermaßen nicht immer friktionsfrei. Wir wünschen jedoch Ulli Mair zur Ressortverantwortung weiterhin alles Gute und hoffen, dass es ihr schon möglich ist, gerade den beiden italienischen Rechtsparteien in der Koalition Paroli bieten zu können. Das Wohl Südtirols ist für uns nicht verhandelbar.

Wir wünschen Ulli Mair zur Ressortverantwortung weiterhin alles Gute und hoffen, dass es ihr schon möglich ist, gerade den beiden italienischen Rechtsparteien in der Koalition Paroli bieten zu können. Das Wohl Südtirols ist für uns nicht verhandelbar.

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger über die Freiheitliche Landesrätin Ulli Mair

UT24: Noch einmal ein Stimmungsbild: Macht es Sie traurig, dass Karl Nehammer ohne Not mit Giorgia Meloni „kuschelt“ und Herbert Kickl als Koalitionspartner ausschließt, während Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher besagte Ministerpräsidentin an die Wiederherstellung der Südtirolautonomie vor ein Ultimatum stellt, ansonsten die Koalition im Südtiroler Landtag platzen lässt? Außerdem kommentierte Kompatscher die österreichischen Nationalratswahlen nicht. Ist das ein gefährlicher Weg, die zukünftigen Verantwortlichen rund um Südtirol in Wien zu befragen?

Abwerzger: Es war von Herrn Nehammer nichts anderes zu erwarten. Sein Gekuschel mit Frau Meloni sollte eher Frau Nehammer beunruhigen, für uns ändert sich seine Haltung zu ihm in keinster Weise. Er klebt an seinem Kanzlersessel und wird ohne Not die Möglichkeit einer rechtskonservativen Reformregierung am Altar der Eitelkeiten opfern.

Landeshauptmann Kompatscher hat sehr wohl den Wahlausgang kommentiert (UT24 berichtete) und lächerlicherweise wieder einmal das Schreckgespenst Herbert Kickl heraufbeschworen. Gerade jener Kompatscher, der ohne Hilfe zweier faschistischer, italienischer Parteien nicht mehr Landeshauptmann wäre. Also, ohne eine FPÖ-Regierungsverantwortung in Wien werden Südtiroler Anliegen weiterhin lächerlich und stiefmütterlich behandelt werden.

UT24: Der Lieblingsplatz in Südtirol von Markus Abwerzger ist…

Abwerzger: Ganz Südtirol, aber wenn ich mich entscheiden muss, dann das Seiser-Alm-Gebiet und Meran. Von der Seiser Alm hängt auch ein großes wunderschönes Bild in meinem Büro.

Das Interview führte Andreas Raffeiner

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