von mag 07.10.2024 11:56 Uhr

Tiroler Gespräche 2024: Jugend debattiert Zukunft der Europaregion Tirol

Am vergangenen Samstag (5. Oktober) haben die „Tiroler Gespräche 2024“ im eindrucksvollen Schloss Palaus in Sarns bei Brixen stattgefunden. Im Fokus stand die Zukunft der Europaregion Tirol, und es war die Jugend der politischen Parteien, die in spannenden Debatten ihre Visionen und Ansichten austauschte. Die Veranstaltung bot nicht nur eine Plattform für politische Diskussionen, sondern auch für konstruktiven Dialog und gegenseitiges Lernen in entspannter Atmosphäre. Organisator der Veranstaltung war die Europaunion Tirol (EUT).

Die Diskussionsteilnehmer bei den Tiroler Gesprächen 2024, von links nach rechts: Tim Gerstgrasser (Freiheitliche), Anna Künig (SVP), Christopher Pfister (ÖVP), Melanie Mair (Süd-Tiroler Freiheit), Noah Faber (FPÖ) und Daniel Posch (SPÖ) - Foto: UT24/mag

Globale Regierungsformen: Macht und Ethik

Die erste Diskussionsrunde startete mit der Frage, welche Regierungsformen langfristig die besten Erfolgschancen haben. Anna Künig (SVP) und Christopher Pfister (ÖVP) waren sich einig: Die Demokratie hat sich bewährt und bietet die stabilste Basis für eine nachhaltige Zukunft. Künig betonte, dass sich demokratische Systeme langfristig am besten durchsetzen werden, während Melanie Mair (Süd-Tiroler Freiheit) für mehr direkte Demokratie plädierte, um die Bürger stärker einzubeziehen.

Eine interessante Wendung nahm die Diskussion durch Noah Faber (FPÖ), der auf das Wahlergebnis der kürzlich stattgefundenen Bundestagswahl verwies. Die FPÖ ging als Wahlsieger hervor, und Faber kritisierte, dass die Demokratie gefährdet sei, wenn andere Parteien das Ergebnis nicht akzeptieren. „Herbert Kickl ist der gewählte Kanzler, und das gilt es zu respektieren“, ergänzte Tim Gerstgrasser (Freiheitliche).

Daniel Posch (SPÖ) vertrat dagegen die Ansicht, dass es Grundrechte gibt, die nicht zur Abstimmung stehen sollten, wie etwa Menschenrechte oder die Frage der Todesstrafe. Auch bei der Flüchtlingspolitik gingen die Meinungen auseinander: Während Faber Viktor Orban für seine rigide Flüchtlingspolitik lobte, warnte Posch: „Orban kann kein Vorbild sein, wenn er Flüchtlinge aus seinem Land abschiebt, nur um sie nach Österreich zu schicken.“ Die Diskussion über Migration und Demokratie zeigte, wie groß die Meinungsunterschiede zwischen den Parteien sind, insbesondere bei Themen, die nationale Interessen und europäische Werte berühren.

Europa: Stark oder fragil?

In der zweiten Diskussionsrunde wurde die Zukunft Europas thematisiert. Melanie Mair (STF) betonte die Stärke Europas als Friedensprojekt, während Noah Faber (FPÖ) konterte, dass der aktuelle Krieg in der Ukraine das Bild eines friedlichen Europas stark trübe. Für Christopher Pfister (ÖVP) lag Europas Stärke in der gemeinsamen Währung und den offenen Grenzen, während Daniel Posch (SPÖ) den Wohlstand als wichtigstes Gut Europas hervorhob.

Die Tiroler Gespräche 2024 fanden im Schloss Palaus in Sarns bei Brixen statt – Foto: UT24/mag

Ein zentrales Thema war der Begriff „Heimat“. Während Pfister betonte, dass die jüngere Generation Heimat anders definiert als frühere Generationen, blieb die Frage nach der Bedeutung des Begriffs offen. Für Faber ist Heimat „dort, wo man sich daheim fühlt“, während Mair Heimat als ein Gefühl beschreibt, das untrennbar mit einem Ort verbunden ist. Spannungen ergaben sich beim Thema Minderheitenschutz: Mair kritisierte die mangelnde Unterstützung von EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann für deutsche Schulen in Südtirol, worauf Künig (SVP) entgegnete, dass die SVP hier eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet habe.

Ein weiteres Thema, das viel Raum einnahm, war der Tourismus. Während Gerstgrasser (Freiheitliche) argumentierte, dass das Problem des Overtourismus nicht flächendeckend sei, forderte Pfister (ÖVP) nachhaltige Maßnahmen, um Touristen mehr zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu bewegen.

Heimat wachküssen: Die aktive Gestaltung der Zukunft

Die abschließende Diskussionsrunde blickte in die Zukunft der Europaregion Tirol. Pfister (ÖVP) sah die Euregio als ein Musterbeispiel für wirtschaftlichen Erfolg, während Faber (FPÖ) auf das Konzept eines „Europa der Vaterländer“ pochte, das er als Alternative zu einem „Misch-Masch-Europa“ bezeichnete. Mair wies darauf hin, dass die Lösung der Migrationsfrage entscheidend für die Zukunft der Region sei, während Künig die Zusammenarbeit innerhalb der EU als Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft ansah. „Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, sind wir verloren“, so Künig.

Posch (SPÖ) äußerte die Hoffnung, dass die Europaregion in 20 Jahren eine starke Position innerhalb eines noch stärkeren Europas einnehmen werde. Noah Faber brachte schließlich den Gedanken ein, dass die Tiroler, egal ob aus Nord-, Süd- oder Osttirol, ein Volk seien – eine Aussage, die in der Runde auf Zustimmung traf.

Der Diskussion folgte ein interessiertes Publikum – Foto: UT24/mag

Ein erfolgreicher Nachmittag voller Ideen

Die Tiroler Gespräche 2024 boten einen äußerst interessanten und intensiven Diskussionsnachmittag in einem wunderbaren Ambiente. Moderator Eberhard Daum führte gekonnt durch die Debatten und schuf eine offene, aber auch kritische Atmosphäre, in der die jungen Vertreter ihre Gedanken und Visionen frei äußern konnten.

Die Veranstaltung endete mit einem gemütlichen Umtrunk im Schlosspark, der Raum für persönliche Gespräche und weiteren Austausch bot. Zahlreiche Interessierte nahmen teil und sorgten dafür, dass dieser Nachmittag zu einem gelungenen Beispiel für engagierten Dialog und eine inspirierende Auseinandersetzung mit der Zukunft der Europaregion wurde. Es bleibt spannend, wie die präsentierten Ideen und Ansätze in den kommenden Jahren das politische und gesellschaftliche Leben Tirols prägen werden.

Ein Umtrunk am Ende der Veranstaltung – Foto: UT24/mag

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