von hz 29.09.2024 07:31 Uhr

Österreich wählt

Die Nationalratswahl in Österreich ist seit den frühen Morgenstunden im Gang – seit 6 Uhr haben einige wenige Wahllokale bereits geöffnet, die meisten folgen dann um 7 oder 8 Uhr. Rund 6,3 Millionen Österreicher sind aufgerufen, die 183 Abgeordneten neu zu wählen und damit die Weichen für die nächste Regierung zu stellen. Das vorläufige Ergebnis wird am späten Sonntagabend bzw. in der Nacht erwartet, laut Wahlbehörden voraussichtlich nicht vor 23 Uhr.

Das Parlamentsgebäude auf der Wiener Ringstraße - Bild: APA/THEMENBILD

Frühaufsteher können schon seit 6 Uhr in einem Wahllokal im niederösterreichischen Wiener Neustadt ihre Stimme abgeben. Möglich ist das auch bereits in allen drei Wahllokalen der Gemeinde Euratsfeld (ebenfalls Niederösterreich). Insgesamt öffnen am Sonntag 9.889 Wahllokale ihre Pforten, wobei in vielen Fällen an einem Standort mehrere Lokale eingerichtet sind, etwa in Schulen.

Am Nachmittag ist Schluss

Wahlschluss ist in ganz Österreich spätestens um 17 Uhr, wobei man sich nur in Wien und in Großgmain (Salzburg) so lange für die Stimmabgabe Zeit lassen kann. Früh Schluss macht traditionell der äußerste Westen des Landes: In Vorarlberg schließen alle Wahllokale spätestens um 13 Uhr. Abseits der Bundeshauptstadt Wien am längsten geöffnet haben die Wahllokale im niederösterreichischen Pernitz – und zwar bis 16.30 Uhr. Sonst ist auch in ganz Niederösterreich spätestens um 16 Uhr Wahlschluss.

Erste Hochrechnungen um 17 Uhr

Zwar wird das Wahlergebnis erst für den späten Abend bzw. die Nachtstunden erwartet, ein Bild über den Wahlausgang wird das Land aber bereits kurz nach dem Wahlschluss um 17 Uhr haben: Dann werden die ersten Hochrechnungen veröffentlicht, die auch bereits eine Prognose der (zahlreichen) Briefwahlstimmen beinhalten.

Volkspartei steht vor Absturz

Zur Wahl stehen österreichweit neun Parteien, in einzelnen Bundesländern noch mehr. 2019 lag die ÖVP mit 37,46 Prozent klar auf dem ersten Platz (damals noch unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz). Für heuer prognostizieren die Umfragen der mittlerweile von Bundeskanzler Karl Nehammer geführten Partei deutliche Verluste und eher Platz zwei hinter der FPÖ, dennoch hofft man bei der Volkspartei auf die Verteidigung des ersten Ranges.

FPÖ auf Platz eins?

Die Freiheitlichen können laut den Meinungsforschern mit deutlichen Zuwächsen rechnen, Ziel von Parteichef Herbert Kickl ist daher auch klar Platz eins und die Kanzlerschaft. 2019 hatte es in Folge des Ibiza-Skandals von Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache eine herbe Niederlage gesetzt: Die Freiheitlichen sackten um 9,79 Prozentpunkte ab und landeten bei 16,17 Prozent.

Spannung bei SPÖ nach Wechsel an Spitze

Für die SPÖ geht es um die Frage, ob der im Juni 2023 erfolgte Wechsel an der Spitze zu Parteichef Andreas Babler die erhoffte Trendwende bringt. Bei der Wahl 2019 erlitt die Sozialdemokratie mit 21,18 Prozent (ein Minus von 5,68 Prozentpunkten) ihr Rekord-Negativergebnis. Umfragen legen ein etwas besseres Ergebnis als 2019 nahe.

Grüne Regierungsbeteiligung wohl vorbei - NEOS werden zulegen

Die Grünen werden wohl ihr Rekordergebnis von 2019 (13,9 Prozent/+10,1) nicht halten können, laut Umfragen dürften sie sich mit Werten um die neun Prozent mit den NEOS um Platz vier matchen, wobei die Meinungsforscher die Liberalen im Vorteil sehen. Die Pinken werden gegenüber ihren 8,10 Prozent aus 2019 aber wohl zulegen.

Schaffen kleine Listen Hürde? Koalitionsentscheidend!

Ebenfalls in ganz Österreich auf dem Wahlzettel stehen die Bierpartei, die Liste Madeleine Petrovic, die KPÖ und die Liste „Keine von denen“. Nur in einzelnen Bundesländern treten die MFG, die Liste GAZA und „Die Gelben“ an, was deren Aussichten auf Erfolg deutlich schmälert.

Entscheidend – und zwar für die Frage möglicher Koalitionsmehrheiten – könnte sein, ob eine der Kleinparteien den Einzug in den Nationalrat schafft oder nicht. Chancen darauf wurden während des Wahlkampfes lange Zeit vor allem der Bierpartei eingeräumt, allerdings zeigten Umfragen seit Wochen einen Trend nach unten. Sollte es keine der „Kleinen“ in den Nationalrat schaffen, diese gemeinsam aber dennoch um die sieben Prozent oder mehr erringen, werden die Mandate für die größeren Parteien „billiger“. Folge wäre, dass neben der ziemlich gesicherten gemeinsamen Mandatsmehrheit von FPÖ und ÖVP auch eine knappe Mandatsmehrheit für eine Koalition zwischen ÖVP und SPÖ entstehen könnte. Laut Wahlforschern könnten bereits 45 oder 46 Prozent der Stimmen dafür ausreichen.

Endergebnis gegen Mitternacht

Sehr schwer abzusehen ist laut Wahlbehörde, wann das vorläufige Endergebnis vorliegen wird. Denn dank der Wahlrechtsreform 2023 wird bei der Nationalratswahl erstmals der überwiegende Teil der Briefwahlstimmen gleich am Sonntag mitausgezählt. Das führt laut Wahlbehörde vermutlich dazu, dass die Auszählung länger dauern wird. Im Innenministerium geht man recht fix davon aus, dass das Gesamtergebnis nicht vor 23 Uhr vorliegen wird – anstatt wie bisher gewohnt rund um 21 Uhr.

Viele Wahlkarten

Dazu kommt, dass die Zahl der auszuzählenden Wahlkarten dieses Mal sehr hoch liegen wird: Ausgegeben wurden 1.436.240 Wahlkarten, das bedeutet einen neuen Rekord. Bei der Nationalratswahl im Jahr 2019 waren es 1.070.933 Karten, bei der EU-Wahl im heurigen Juni 958.948.

Dennoch werden kurz nach dem bundesweiten Wahlschluss um 17 Uhr Hochrechnungen (inklusive Briefwahl-Prognose) ein recht genaues Bild des Wahlausgangs zeichnen. Allerdings könnten diese eine etwas größere Schwankungsbreite (von ca. zwei Prozentpunkten) aufweisen als bei vorangegangenen Wahlen, schätzt Christoph Hofinger, der Leiter des Foresight-Instituts, das die Hochrechnungen für ORF und APA durchführt. Einzelne Fragen könnten zu diesem Zeitpunkt eventuell noch offen bleiben, etwa die Platzierungen der Parteien oder die Frage, ob eine der kleinen Listen die Vier-Prozent-Hürde für den Nationalratseinzug schafft oder nicht.

Die übrigen Briefwahlstimmen (nur mehr rund 15 Prozent der ausgestellten Karten) werden dann am Montag und Donnerstag ausgezählt, diese werden das Ergebnis aber deutlich weniger verändern als in den vergangenen Jahren. Das macht auch die Briefwahlprognose einfacher: Nach Auszählung aller Gemeinden am Sonntagabend wird die Hochrechnung dann voraussichtlich nur noch eine Schwankungsbreite von rund 0,4 Prozentpunkten aufweisen.

APA

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