von red 18.09.2024 17:00 Uhr

Dominik Oberhofer im UT24-Interview zwischen Visionen und regionalen Herausforderungen

Seit ihrer Gründung im Oktober 2012 unter der Leitung des Vorarlbergers Matthias Strolz haben sich die NEOS als liberale Kraft im österreichischen politischen System etabliert. Mit ihrer markant-pinken Parteifarbe und einer klaren Botschaft strebt die Partei danach, frischen Wind in die politische Landschaft zu bringen und dabei den klassischen Liberalismus neu zu interpretieren. Zehn Jahre nach ihrer Gründung haben sie sich auf allen politischen Ebenen – von der Bundes- bis zur Gemeindepolitik – fest verankert.

Dominik Oberhofer, Landtagsabgeordneter und Klubobmann der NEOS Tirol - Foto: NEOS Tirol

Im UnserTirol24-Interview sprechen wir mit dem Landtagsabgeordneten und Klubobmann Dominik Oberhofer über die Erfolge und Herausforderungen seiner Partei, die Zusammenarbeit innerhalb der Euregio Tirol und die wichtigsten Reformvorhaben. Wir werfen überdies einen Blick auf die Balance zwischen individueller Freiheit und staatlicher Verantwortung und erfahren, wie regionale Anliegen mit der nationalen Agenda in Einklang gebracht werden können. So stehen auch die Zukunft der Wohnraumpolitik, der Bürokratieabbau und die kritische Betrachtung der Steuerreform auf der Agenda. Begleiten Sie uns auf einer spannenden Reise durch die politischen Ideen und Visionen der NEOS.

UnserTirol24: Herr Oberhofer, die NEOS wurden im Oktober 2012 unter dem Vorsitzenden Matthias Strolz gegründet, um zum einen im innerstaatlichen politischen Wettbewerb liberale Akzente zu setzen und zum anderen diesen nach bestem Wissen und Gewissen aufzumischen. Die Parteifarbe ist mit Pink eher schreiend bis laut. Hat die Kernbotschaft der pinkfarbenen Revolution – in der Ukraine gab es zum Vergleich eine orangefarbene Revolution (Anm. A. R.) – für Sie bislang ausreichend Gehör bekommen?

Dominik Oberhofer: In den vergangenen zehn Jahren ist es uns NEOS gelungen, eine liberale Kraft im politischen System Österreichs fix zu verankern. Dieses Vorhaben ist in der zweiten Republik mehrfach gescheitert und niemand, Politikwissenschaftler oder Journalist, hat das für machbar gehalten. Zehn Jahre nach der Gründung sind wir NEOS auf bundespolitischer wie auf landespolitischer Ebene und in vielen Gemeinden Tirols nicht mehr wegzudenken.

UT24: Wagen wir nun einen Blick über den Brenner. Welche politische Partei zeigt eine ähnliche Ausrichtung wie die NEOS, insbesondere in Bezug auf Bürokratieabbau und Steuerreform? Können sich hier im Laufe der Zeit auch Berührungspunkte in der Umsetzung der Reformen auf europaregionaler Ebene ergeben?

Oberhofer: Ich bin stolz, dass wir mit dem Team Köllensperger vom ersten Tag ihrer Gründung sehr gut zusammengearbeitet haben und sie auch als Mitglied in der Fraktion Europäische Liberale (ALDE) auf unser Fürsprechen aufgenommen wurden.

UT24: Für viele ist die Euregio Tirol ein Projekt, das noch nicht ganz bei den Menschen im Land angekommen ist. Wie könnte die Zusammenarbeit innerhalb der drei Länder gesteigert werden, um eine stärkere Integration und Koordination in Bereichen wie Wirtschaft, Infrastruktur und Bildung zu erreichen? Und: Wie könnte die Transparenz der gemeinsamen Aktivitäten gegenüber den Bürgern verbessert werden, um das Vertrauen in das überregionale grenzüberschreitende Projekt zu garantieren?

Oberhofer: Die Euregio und der Dreierlandtag müssen zusammengeführt werden. Der Dreierlandtag braucht Budgethoheit über die Ausgaben der Euregio. Momentan ist die Euregio ein Prestigeprojekt der Landeshauptleute ohne demokratische Entscheidungslegitimation.

Die Euregio und der Dreierlandtag müssen zusammengeführt werden.

Dominik Oberhofer, Landtagsabgeordneter und Klubobmann der NEOS Tirol

UT24: Vielerorts ist von Kompetenzkonflikten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden die Rede. Wie können diese minimalisiert oder im Idealfall aufgelöst werden, ohne dabei den Föderalismus zu schwächen, der mitunter als Garantie für regionale Selbstbestimmung wahrgenommen oder sogar interpretiert werden kann?

Oberhofer: Das Problem ist, dass wir in Österreich den Föderalismus falsch verstehen. Wenn wir ein System wie in der Schweiz hätten, könnten wir wirklich von föderalen Strukturen reden. Tatsache ist aber, dass wir in Tirol über das Jagdgesetz und den Jugendschutz frei entscheiden dürfen, aber nicht über die Finanzen. Das Geld muss dort eingenommen werden, wo es ausgegeben wird, deswegen fordern wir NEOS die Steuerautonomie den Ländern zu übertragen, so stärken wir den Föderalismus und sorgen für einen Wettbewerb unter den Bundesländern im Sinne der Steuerzahler.

Dominik Oberhofer im Tiroler Landtag – Foto: NEOS Tirol

UT24: Die Steuerreform ist eine Reform, die nicht nur notwendig ist, sondern des Öfteren von den politisch Verantwortlichen mit Samthandschuhen angegriffen wird. Welche Mechanismen könnten entwickelt und welche Hebel müssen umgelegt werden, um sie durchzuführen und sie parallel dazu an die Anforderungen einer modernen Wirtschaft anzupassen? Kann es Nachwehen geben, wenn Sie die Verteilung der Einkommen und den sozialen Zusammenhalt als Parameter heranziehen?

Oberhofer: In den vergangenen Jahren sprudelten die Steuer- und Abgabenleistungen wie arabische Ölquellen. Trotzdem haben die Bundes- und Landesregierung einen Rekordstand an Schulden aufgerissen. Die öffentliche Hand ist die Raupe Nimmersatt. Wir alle wissen, dass wir kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem haben, deswegen braucht es mutige Reformen, die zum Ziel haben, dass die öffentliche Hand auch sparen muss.

In den vergangenen Jahren sprudelten die Steuer- und Abgabenleistungen wie arabische Ölquellen.

Dominik Oberhofer, Landtagsabgeordneter und Klubobmann der NEOS Tirol

UT24: Auch der Bürokratieabbau ist vielerorts ein Thema, das jeden von uns einmal beschäftigt hat. Wie können Sie ihn vorantreiben, ohne bedeutsame Mechanismen der Sicherheit und der Kontrolle zu schwächen? Gerade diese Punkte sind doch von Bedeutung, wenn es darum geht, staatliche Leistungen auf effektive und faire Art und Weise zu verteilen.

Oberhofer: Wir NEOS wollen den gläsernen und athletischen Staat. Dieser ist vor allem bürgernah. Viel Frustration und Misstrauen in die öffentliche Verwaltung hängt mit der überbordenden Bürokratie zusammen.

UT24: Geringe Gehälter, schwindelerregende Mieten,… Viele von uns können sich das Wohnen nicht mehr leisten. Vielerorts bleibt am Ende des Gehaltes zu viel Monat übrig. Können Sie uns einen Blick auf die Wohnraumpolitik in Tirol gewähren, der den Bedürfnissen der wachsenden Bevölkerung und den Rechten der Vermieter einigermaßen gerecht wird? Können Sie einen Südtirolbezug integrieren?

Oberhofer: Sicher war es in den vergangenen Jahren ein großes Problem, dass viel Südtiroler Geld gewinnbringend in Betongold in Nordtirol investiert wurde. Das hat dazu geführt, dass das Angebot verknappt wurde und die Preise explodiert sind. Ich glaube aber, dass dieser Trend stark rückläufig ist und letztlich auch die verschärften Kreditbedingungen dazu geführt haben, dass die Preise wieder sinken. Wer leistbaren Wohnraum in Nordtirol verspricht, muss den Hebel in Wien ansetzen. Vor allem durch die Reform des Mietgesetzes.

Sicher war es in den vergangenen Jahren ein großes Problem, dass viel Südtiroler Geld gewinnbringend in Betongold in Nordtirol investiert wurde.

Dominik Oberhofer, Landtagsabgeordneter und Klubobmann der NEOS Tirol

UT24: Ohne die positiven Errungenschaften des Fremdenverkehrs in Frage zu stellen, möchte ich von Ihnen wissen, welche Alternativen zur Tourismusabgabe entwickelt werden müssen, um die ökonomische Last in Tirol zu schmälern, ohne die Einkommen einer Gefahr auszusetzen, die sowohl für den Lebensstandard als auch für Infrastruktur im Land vonnöten sind?

Oberhofer: Es ist völlig unerklärbar, dass alle Landestourismusorganisationen aus den jeweiligen Landesbudgets finanziert werden. Nur nicht in Tirol. Bei uns werden die Unternehmer doppelt zur Kasse gebeten und müssen sich die Tourismuswerbung komplett selbst finanzieren. Unser Vorschlag zur Reform der Tourismusabgabe liegt seit sieben Jahren auf dem Tisch: Halbieren wir die intransparente Wirtschaftsförderung und stellen dieses Geld im Budget für den Tourismus zur Verfügung, dann können wir das Bürokratiemonster Tourismusabgabe abschaffen und alle Unternehmer in Tirol entlasten.

UT24: Wenn man das Parteigrundsatzprogramm der NEOS genauer unter die Lupe nimmt, erkennt man mit der Betonung des klassischen Liberalismus, das Streben nach umfassenden Reformen, das Vertiefen der europäischen Integration, einhergehend mit dem Erkennen der Europäischen Union als eine zentrale Stütze für Frieden und Wohlstand, und dem Fördern von Transparenz und Integrität vier Kernpunkte. Habe ich etwas Wesentliches vergessen?

Oberhofer: Die Bildung! Aus der Aufklärung kommend, kämpfen Liberale immer für die besten Bildungschancen, weil nur dadurch sozialer Aufstieg und Wohlstand nachhaltig sichergestellt ist.

UT24: Seit jeher kritisiert Ihre Partei die Maßnahmen der Regierenden zur Bekämpfung der Teuerung und Inflation. In Ihren Augen verschärfen Geldspritzen die Inflation. Aus welchem Grund sind diese Geldgeschenke nicht effektiv und wieso liegt der Hund in Form des großen Problems in einer möglicherweise ineffizienten Regierungspolitik begraben?

Oberhofer: Österreich hat in den vergangenen Monaten das internationale Paradebeispiel geliefert, dass Helikoptergeld in Form von Klimabonus, Umsatzersatz etc. die Inflation maximal anfeuert. Mehr als 100 Milliarden Euro an neuen Schulden in vier Jahren sind ein eindrucksvolles „Ergebnis“ dieser Politik. Persönlich überrascht bin ich, dass sowas die ÖVP sogar ohne SPÖ in der Regierung zusammengebracht hat. Für jeden wirtschaftlich denkenden Menschen ist klar: Es gibt keinen größeren Widerspruch zwischen dem, was die Volkspartei im Wahlkampf verspricht und dem, was die Volkspartei in der Regierung umsetzt.

Es gibt keinen größeren Widerspruch zwischen dem, was die Volkspartei im Wahlkampf verspricht und dem, was die Volkspartei in der Regierung umsetzt.

Dominik Oberhofer, Landtagsabgeordneter und Klubobmann der NEOS Tirol

UT24: Wie schmal ist die Gratwanderung zwischen interner Transparenz und öffentlicher Kommunikation, wenn es darum geht, politische Zielsetzungen und Prioritäten den Mitgliedern und bei Urnengängen den politisch Interessierten schmackhaft zu machen?

Oberhofer: Demokratie ist nicht immer einfach, vor allem für jene, die Macht ausüben. Egal ob in einer Partei oder im Staat. Persönlich orientiere ich mich an einem klaren Amtsverständnis: Es ist nicht die Person Dominik Oberhofer, sondern das jeweilige Mandat, das den Rahmen vorgibt.

Dominik Oberhofer – Foto: NEOS Tirol

UT24: Sowohl im Tiroler Landtag als auch im Nationalrat in Wien bekleiden die Abgeordneten Ihrer Partei die Rolle der Opposition. Was muss passieren, abgesehen vom erforderlichen Vertrauen des Wählers, um eines Tages Regierungsverantwortung zu übernehmen? Ist es für Sie daher entscheidend, zu verstehen, wie gut lokale Anliegen mit der nationalen Agenda verbunden werden?

Oberhofer: Wir NEOS sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Die Frage ist, ob die anderen Parteien auch bereit sind, echte Reformen umzusetzen. Wir wollen nicht um jeden Preis mitregieren. Natürlich ist es auch wichtig, lokale Angelegenheiten bei den Koalitionsverhandlungen mitzudenken, denn dort spüren die Bürger die Auswirkungen der Politik am meisten. Für Tirol denke ich hier besonders an den Transit, dieses Problem lässt sich nicht alleine auf Landesebene lösen.

Wir NEOS sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Die Frage ist, ob die anderen Parteien auch bereit sind, echte Reformen umzusetzen.

Dominik Oberhofer, Landtagsabgeordneter und Klubobmann der NEOS Tirol

UT24: Wie beurteilen Sie die Balance zwischen individuellen Freiheiten und staatlicher Verantwortung in Ihrem Parteiprogramm, und welche konkreten Schritte schlagen Sie vor, wenn es darum geht, diese nicht immer einfache Balance in der Praxis authentisch zu gewährleisten?

Oberhofer: Ganz grundsätzlich bin ich mit unserem Parteiprogramm und dem Menschenbild, das es zeichnet, sehr zufrieden. Freiheit endet dort, wo sie andere einschränkt, dass bedeutet natürlich eine unheimliche Eigenverantwortung.

UT24: Was können Sie uns über den pink-politischen Touch hinsichtlich der Rolle Südtirols innerhalb der österreichischen Politik erzählen, und welche spezifischen oder auch konkreten politischen Maßnahmen oder Initiativen werden geplant und dann in die Tat umgesetzt, um die Interessen Südtirols im österreichischen Kontext besser zu berücksichtigen?

Oberhofer: Die Südtiroler Autonomie hat eine besondere Verpflichtung für die Republik Österreich mit sich gebracht. Mir blutet das Herz, wenn ich heute sehe, dass die Faschisten nicht nur in Rom, sondern auch in Bozen mitregieren. Die SVP hat damit viele Interessen verraten und es wird an Österreich liegen, nicht den gleichen Weg einzuschlagen.

Die Südtiroler Autonomie hat eine besondere Verpflichtung für die Republik Österreich mit sich gebracht. Mir blutet das Herz, wenn ich heute sehe, dass die Faschisten nicht nur in Rom, sondern auch in Bozen mitregieren.

Dominik Oberhofer, Landtagsabgeordneter und Klubobmann der NEOS Tirol

UT24: Der Lieblingsplatz von Dominik Oberhofer in Südtirol ist…

Oberhofer: …bei meiner Schwester in Vilpian bei Bozen.

UT24: Danke für das Interview!

Das Interview führte Andreas Raffeiner

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