von red 15.09.2024 17:00 Uhr

Fonso Willeit: Ein Leben für die Musik, die ladinische Kultur und die Gesundheit

Bozen, genauer gesagt im Grieser Stadttheater – ein spätsommerlicher Abend: Es war eine Feier oder beinahe schon eine Hommage, die in die Herzen der Anwesenden drang, als Fonso Willeit, gebürtig aus Mareo (Enneberg) im Gadertal und seit 55 Jahren in der Passerstadt Meran beheimatet, zu seinem 90. Geburtstag geehrt wurde. Der Mann, der keinesfalls nur als Primar für Pädiatrie in Meran Generationen von Kinder begleitet hat, sondern auch als Musiker und Komponist tiefe Spuren im kulturellen Leben der ladinischen Gemeinschaft hinterlässt, wurde im Kreise von Familie, Freunden und Musikliebhabern gefeiert.

Hüter des ladinischen Kulturguts

Fonso Willeit hat nicht bloß in der Medizin Pionierarbeit geleistet, sondern sich mit außergewöhnlich auffallender Hingabe der Pflege und Bewahrung der ladinischen Musik verschrieben. Besonders seine Arbeit an der Operette Le scioz da San Jênn, einem Werk mit Originaltexten von Angelo Trebo und der Musik von Jepele Frontull – beide aus Willeits Heimatdorf Mareo – ist von unschätzbarem Wert. Willeit hat die Melodien neu aufgeschrieben, die Originaltexte harmonisiert und das gesamte Stück durch Rezitative bereichert. Dadurch hat er einem essentiellen Teil des musikalischen Erbes seiner Heimat neues Leben eingehaucht.

Sein Bemühen, das musikalische Kulturgut zu bewahren, geht weit über diese Operette hinaus. Willeit hat zahlreiche Lieder auf Ladinisch komponiert und Texte von bedeutenden ladinischen Autoren wie Angelo Trebo, Lois Ellecosta und Felix Dapoz vertont. Er verfasste darüber hinaus eigene Gedichte und Lieder, die nicht nur die Kultur seiner engeren Heimat widerspiegeln, sondern auch seine niemals endende Liebe zur Musik und seine mehr als tiefe Verbindung zu den Wurzeln der ladinischen Gemeinschaft zum Ausdruck bringen.

Die musikalische Familie

Der festliche Abend bot ein eindrucksvolles Mosaik der generationsübergreifenden Liebe zur Musik, die in Willeits Familie weitergetragen wird. Seine Kinder Matthäus, Christian und Simone – selbst begabte Musiker – trugen dazu bei, die Operette Le scioz da San Jênn mit einem instrumentalen Stück aus der Ouvertüre zu bereichern. Die Geige von Matthäus, das Cello von Christian und die Querflöte von Simone verschmolzen mit der Klavierbegleitung von Fonsos Bruder Ulrich Willeit im Stile einer volltrefflichen Symbiose zu einem harmonischen Zusammenspiel, das die Herzen der Zuhörer berührte.

Die Kinder von Fonso Willeit (Simone, Christian und Matthäus) – Foto: Franco Doné

Ein besonderer Höhepunkt war der Gesang von Amateursängerinnen und -sängern, darunter auch Verwandte von Fonso Willeit, die Teile der Operette aufführten. Sie trugen mit ihren Stimmen im Wesentlichen zur besonderen Atmosphäre dieses unvergesslichen Abends bei, der von familiärer Wärme und tiefer kultureller Verbundenheit geprägt war.

Im Bild von links nach rechts: Ulrich Willeit, Walter Willeit, Marion Palfrader, Susy Rottonara, Erna Ploner Willeit, Sabina Willeit, Matthäus Willeit, Christian Willeit,  Erika Mussner und Katrin Ellecosta – Foto: Franco Doné

Ladinische Klänge und poetische Texte

Ein zweiter Höhepunkt des Abends war der Auftritt dreier ladinischer Sängerinnen, die Lieder aus Fonso Willeits reichem Schaffen interpretierten. Die charismatischen Sopranistinnen Susy Rottonara und Erika Mussner sowie Sabina Willeit, eine Nichte des Jubilars, präsentierten eine Auswahl an Liedern, darunter auch mehrere, die von Figuren aus den Sagen des sagenumwobenen Reichs der Fanes inspiriert sind. Diese Erzählungen, tief verwurzelt in der ladinischen Mythologie, finden in Willeits Musik eine einfühlsame und kraftvolle Vertonung.

Robert Willeit, Samuel Agreiter, Katrin Ellecosta und Marion Palfrader überbrachten dem Jubilar ein Ständchen – Foto: Franco Doné

Besonders bewegend war der Moment, als der ewig junge Fonso Willeit selbst die Bühne betrat. Mit fester Stimme und begleitet von seiner Ukulele sang er die Vertonung des Gedichts Ai Ladins von Tita Alton – ein Lied, das wie eine Hymne an sein Volk und dessen Kultur klang. Es war ein Augenblick, der tief unter die Haut ging, da der Künstler, der zu Recht viel Applaus erntete, nicht nur seine musikalische Virtuosität, sondern auch seine tiefe Liebe zur ladinischen Sprache und Kultur zeigte.

Musik und Gesundheit – Ein Lebenswerk

Doch Fonso Willeit ist keinesfalls nur ein musikalisches Genie, sondern auch ein Mann, der stets den engen Zusammenhang zwischen Musik und Gesundheit betont. In seinen Schriften und Vorträgen hebt er immer wieder die heilende Kraft der Musik hervor und thematisiert deren positiven Einfluss auf das körperliche und seelische Wohlbefinden. Während seiner 35-jährigen Tätigkeit als Primar für Pädiatrie in Meran hat er diese Überzeugung auch in der medizinischen Praxis angewandt, um Kinder nicht nur medizinisch zu versorgen, sondern auch durch Musik zu unterstützen.

Fonso Willeit, Kulturvermittler und Arzt

In vielen seiner Vorträge und Tagungen teilte Willeit seine Erkenntnisse zur Verbindung von Musik und Gesundheit mit der Fachwelt. Seine Ansichten, dass Musik den Menschen ganzheitlich stärkt, wurden weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus beachtet.

Ein Abend voller Dankbarkeit

Die Feier, die von André Comploi mit Einfühlungsvermögen und Charme, garniert mit der einen oder anderen Anekdote, gekonnt moderiert wurde, war nicht nur ein Fest für den 90-jährigen Fonso Willeit, sondern auch ein Zeugnis der Dankbarkeit und Bewunderung, die ihm von vielen Seiten entgegengebracht wird. Seine Lebensleistung als Arzt, Musiker, Komponist und Kulturhüter wurde in den verschiedenen musikalischen Darbietungen und den emotionalen Momenten des Abends spürbar.

Der Moderator André Comploi führte gekonnt durch den Abend – Foto: Franco Doné

Fonso Willeit hat es verstanden, seine Leidenschaft für die Musik und sein tiefes Wissen um die Heilkraft dieser Kunstform mit der Welt zu teilen. Seine Familie, seine Freunde und die gesamte ladinische Gemeinschaft sind stolz auf einen Mann, der nicht nur Leben gerettet und Menschen geheilt, sondern auch kulturelles Erbe bewahrt und bereichert hat.

Ein Leben, das weiterklingt

Der Abend endete in warmherziger Harmonie, die nicht nur die Töne der Musik, sondern auch die Herzen der Anwesenden erfüllte. Fonso Willeit, der Mann, der so viel für die Menschen in seiner Umgebung getan hat, bleibt ein leuchtendes Beispiel für die Kraft der Musik, der Kultur und der Menschlichkeit. Sein Erbe – sowohl in der Medizin als auch in der Musik – wird noch lange nachhallen und kommende Generationen inspirieren. Das Konzert wurde vom Verein „Comunanza Ladina a Bulsan“ und dem ladinischen Beirat der Gemeinde Bozen organisiert.

von Andreas Raffeiner (mit freundlicher Unterstützung von Susy Rottonara und Sabina Willeit)

Susy Rottonara führte in die Sagenwelt ein, um sie dann gesanglich zum Besten zu geben – Foto: Franco Doné

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