von red 11.09.2024 14:17 Uhr

Alte Tirolensien neu gelesen (Teil 10)

Mit Südtirol. Geschichte, Politik und Gesellschaft hat Karl Mittermaier ein umfassendes Werk über seine Heimat, gleichzusetzen mit einer der spannendesten Regionen Europas vorgelegt. Hervorzuheben ist das Kapitel zur Option und zur Umsiedlung, das sich kritisch mit den Folgen dieser Maßnahmen auf die Südtiroler Bevölkerung auseinandersetzt. Eine Rezension von Andreas Raffeiner.

Der 1986 im Österreichischen Bundesverlag in Wien erschienene Band bietet eine detaillierte Untersuchung der Geschichte, Politik und sozialen Dynamiken Südtirols und ist, auch wenn einige neuere Aspekte fehlen, ein Referenzwerk für alle, die sich mit den ersten gut 70 Jahren der Geschichte und der politischen Herausforderungen dieses Gebietes auseinandersetzen möchten.

Einblicke in die Zeit der Friedenskonferenz bis hin zur Ära der Schwarzhemden

Das Buch ist strukturiert in unterschiedliche thematische Abschnitte, die von den Grundlagen des italienischen Risorgimento und des Irredentismus über die turbulente Zeit des Faschismus bis hin zu den komplexen politischen Verhältnissen der 1980er-Jahre reichen. Mittermaier beginnt mit einer lesenswerten Einführung in die historischen und politischen Grundlagen, welche die Basis für das Verstehen der nachfolgenden Entwicklungen bieten. Die Abschnitte zu den Ereignissen nach 1918, insbesondere die Friedenskonferenz von St. Germain und die Ära der Schwarzhemden, bietet detailgetreue Einblicke in die Umstände, die zur großen politischen und sozialen Zäsur in Südtirol führten.

Die Option und Umsiedlung

Hervorzuheben ist das Kapitel zur Option und zur Umsiedlung, das sich kritisch mit den Folgen dieser Maßnahmen auf die Südtiroler Bevölkerung auseinandersetzt. Der Autor beleuchtet dabei sowohl die politischen als auch die gesellschaftlichen Dimensionen jener Epoche und bietet eine kritische Darstellung der Rolle der Kirche und der politischen Akteure. Mittermaier präsentiert seine Forschungsergebnisse in einem klaren und präzisen Stil, der durch zahlreiche Bilder und Dokumente treffend ergänzt wird. Das umfassende Literaturverzeichnis zeugt von der guten Recherchearbeit des Autors und der fundierten Basis wissenschaftlicher Natur des Werkes. Die Abschnitte sind übersichtlich, die zahlreichen Anmerkungen und Nachweise, auch wenn die Literatur nach 1986 nicht mehr berücksichtigt worden ist, gewähren dem Leser eine tiefe Auseinandersetzung mit den behandelnden Themen.

Ausgezeichnetes Referenzwerk für Auseinandersetzung mit einer facettenreichen Region Europas

Das Werk ist nicht nur für Historiker und Politikwissenschaftler von Interesse, sondern auch für alle, die ein breiteres Verständnis für die Südtirolfrage, die noch lange nicht gelöst ist, erlangen wollen. Der Verfasser schafft es, die bunten und in der gleichen Weise vielfältigen Aspekte des Landes verständlich zu machen, ohne die Komplexität der Materie zu bagatellisieren. Die insgesamt sehr gute Darstellung der Parteien, sozialen Strukturen und kulturellen Besonderheiten seines Heimatlandes verleiht dem Ganzen einen zusätzlichen Informationswert. Mehr noch: Es ist ein ausgezeichnetes Referenzwerk für die Auseinandersetzung mit einer facettenreichen Region Europas.

von Andreas Raffeiner
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Karl Mittermaier: Südtirol. Geschichte, Politik und Gesellschaft, Wien 1986.

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