von hz 08.06.2024 13:32 Uhr

Die Jugendring-Posse – Zwei (ehemalige) Jugendsprecher im UT24-Interview

Der Austritt des Vereins für Kinderspielplätze und Erholung (VKE) aus dem Südtiroler Jugendring (SJR) hat für großes Aufsehen gesorgt (UT24 berichtete). Vor allem die Argumentation des VKE, es sei kritisch, wenn die Haltung der politisch gefärbten Jugendorganisationen den Werten sowohl des VKE als auch des SJR widerspricht, ist bedenklich. Im Gespräch mit UT24 spricht Melanie Mair (Landesjugendsprecherin der „Jungen Süd-Tiroler Freiheit“) über einen eventuellen Ausschluss ihrer Bewegung aus dem SJR und Michael Demanega (ehemaliger Landesjugendsprecher der Freiheitlichen Jugend) blickt auf den Austritt seiner ehemaligen Jugendorganisation aus dem Südtiroler Jugendring zurück.

Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der Jungen Süd-Tiroler Freiheit (Foto: STF) und Michael Demanega, ehemaliger Landesjugendsprecher der Freiheitlichen Jugend (Foto: Michael Demanega)

Interview mit Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der „Jungen Süd-Tiroler Freiheit“

UnserTirol24: Frau Mair, wie erleben Sie die aktuelle Situation im Südtiroler Jugendring (SJR) und welche Auswirkungen hat der Austritt des Vereins für Kinderspielplätze und Erholung (VKE) auf den Jugendring?

Melanie Mair: Grundsätzlich ist klar, dass der Südtiroler Jugendring eine sehr tolle Initiative ist: Mehrere Jugendorganisationen bzw. Jugendvereine mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Aktivitäten kommen hier zusammen – mit dem Ziel, sich für die Jugend in unserem Land einzusetzen; jeder auf seine Art und Weise. Dass der VKE vor kurzem aus dem SJR ausgetreten ist, ist natürlich schade und kommt für mich überraschend. Ob dieser Austritt nun Nachwehen im Jugendring mit sich bringt, wird sich erst zeigen.

Medienberichten zufolge soll ein Antrag auf Ausschluss vorliegen. Mir ist diesbezüglich aber nichts bekannt.

Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der „Jungen Süd-Tiroler Freiheit“

UT24: Es wurde berichtet, dass innerhalb des SJR Diskussionen über den Ausschluss der STF-Jugend stattfinden. Wie nehmen Sie diese Diskussionen wahr und was sind Ihre Hauptargumente, um die Mitgliedschaft der STF-Jugend zu verteidigen?

Mair: Medienberichten zufolge soll ein Antrag auf Ausschluss vorliegen. Mir ist diesbezüglich aber nichts bekannt. Bisher wurde der Jungen Süd-Tiroler Freiheit kein derartiges Schreiben zugestellt. Es wurde innerhalb des SJR bereits zur Genüge über so manche Haltung/Aktion der Jungen Süd-Tiroler Freiheit diskutiert. Die Positionen wurden daher klar abgesteckt. Sollte es trotzdem noch weiteren Gesprächsbedarf geben, so werden wir dies intern klären.

  • Melanie Mair, Vize-Landesjugendsprecherin der STF (Foto: STF)

Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der STF – Foto: STF

UT24: Ein Kritikpunkt des VKE ist, dass die Haltung der politisch gefärbten Jugendorganisationen den Werten des VKE und des SJR widerspricht. Wie stehen Sie zu dieser Kritik und wie rechtfertigen Sie die Positionen und Aktionen Ihrer Organisation im Kontext des SJR?

Mair: Es wird im SJR immer wieder betont, wie schön und besonders es ist, dass im Jugendring verschiedene Meinungen vertreten sind und dadurch verschiedene Interessen der Kinder und Jugendlichen vertreten werden. Ich hoffe, dass diese Aussagen auch weiterhin Bestand haben und nicht zu leeren Worten werden. Ich bin der Überzeugung, dass sämtliche Mitgliedsvereine des SJR – somit auch die Junge Süd-Tiroler Freiheit – kompatibel mit der Satzung und der Geschäftsordnung des SJR sind.

Interview mit Michael Demanega, ehemaliger Landesjugendsprecher der Freiheitlichen Jugend

UnserTirol24: Herr Demanega, Sie waren damals Vorsitzender der Freiheitlichen Jugend, als ein Austritt Ihrer Jugendorganisation erfolgte. War das rückblickend der richtige Schritt?

Michael Demanega: Wir hatten 2008 eine Landtagswahl, bei welcher ein Großteil der Jugend patriotisch bis rechts wählte. Dies hatte den damaligen Amtsdirektor sowie die Führung des Jugendringes dazu veranlasst, in einer Stellungnahme gegen die rechts wählende Jugend zu schimpfen, mit teilweise sehr unschönen Adjektiven. Für uns war das damals das Gegenteil von offener und demokratischer Jugendarbeit, sondern eine linksideologische Indoktrinierung. Der Austritt war konsequent und ehrlich, nachdem sich die Führung des Jugendringes nicht hinter die freiheitliche und patriotische Jugend stellen wollte, sondern gegen die eigenen Mitglieder argumentierte.

  • Michael Demanega ist persönlicher Referent der Landesrätin für Wohnbau, Sicherheit und Gewaltprävention (Foto: Fabio Brucculeri)

Michael Demanega ist seit Februar dieses Jahres persönlicher Referent der Landesrätin für Wohnbau, Sicherheit und Gewaltprävention – Foto: Fabio Brucculeri

UT24: Inzwischen ist die Junge Süd-Tiroler Freiheit Teil des Jugendringes. Andere Jugendvereine drohen deshalb mit dem Austritt. Was würden Sie der Jungen Süd-Tiroler Freiheit empfehlen?

Demanega: Ich finde es besorgniserregend, dass ein Teil der vermeintlich „toleranten“ Jugendvereine und -verbände bis heute hin nicht das Prinzip lebt, dass mit Jugendlichen aller politischen Richtungen ein demokratischer Diskurs zu führen ist. Wer eine solche Haltung an den Tag legt und einen wesentlichen Teil der Jugendlichen, die aus freien Entscheidungen patriotisch bis rechts wählen, ausgrenzen will, der leistet der Jugendarbeit einen Bärendienst und forciert die Spaltung und Polarisierung der Gesellschaft. Ich denke, man kann und muss über ideologische Grenzen hinweg im Interesse der Jugend handeln und eine Art Jugendparlament bilden. Das wird dann wie der Südtiroler Landtag von links bis rechts reichen. Folglich würde ich allen patriotischen Bewegungen empfehlen, diesem Anspruch nach einer breiten demokratischen Vertretung der Jugend gerecht zu werden. Ob im Jugendring oder außerhalb, ist Nebensache. Ich kann rückblickend nur feststellen, dass wir die Debatten, die heute anstehen, bereits vor 15 Jahren führten und Vorreiter waren.

Ich denke, man kann und muss über ideologische Grenzen hinweg im Interesse der Jugend handeln und eine Art Jugendparlament bilden.

Michael Demanega, ehemaliger Landesjugendsprecher der Freiheitlichen Jugend

UT24: Wie sehen Sie die Situation im Schul- und Kulturbereich derzeit?

Demanega: Ich glaube, es wäre an der Zeit, einige dringende Herausforderungen anzugehen. Gerade im Kultur- und Bildungsbereich vernehmen wir eine Erosion unserer Identität, es stehen spätlinke fragwürdige Gesellschaftskonzepte inzwischen auch in Südtirol auf der Agenda. Dagegen sollte argumentativ und im Rahmen des politischen Diskurses vorgegangen werden. Leider vernehme ich im Land, dass sich patriotische Bewegungen lieber gegenseitig „befetzen“ und die größeren Herausforderungen rund um einen patriotischen Kulturbegriff lieber meiden. Das ist kurzsichtig, kontraproduktiv und auf lange Sicht eine Tendenz in Richtung Abgrund. Wenn wir heute nicht anfangen, gemeinsame Interessen rund um unsere Identität zu wahren, wird es diese Identität in absehbarer Zeit nämlich nicht mehr geben.

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