Innsbruck-Wahl: Grüner Willi und Ex-Volksparteiler in Stichwahl
Die Ergebnisse
Laut vorläufigem Endergebnis:
Bürgermeister-Wahl
Georg Willi (Grüne) 22,89 Prozent
Johannes Anzengruber (Ex-ÖVP, jetzt JA – Jetzt Innsbruck) 19,37 Prozent
Markus Lassenberger (FPÖ) 15,92 Prozent
Elisabeth Mayr (SPÖ) 15,22 Prozent
Florian Tursky (Das Neue Innsbruck) 10,44 Prozent
Gemeinderatswahl
Grüne 18,87 Prozent
JA – Jetzt Innsbruck 16,83 Prozent
FPÖ 15,21 Prozent
SPÖ 13,58 Prozent
„Das Neue Innsbruck“ (Florian Tursky/ÖVP) 10,15 Prozent
Das sagt der Grüne Willi
Der amtierende Bürgermeister sah für sich beide Wahlziele – erster Platz für die Grünen bei der Listenwahl sowie erster Platz in der Bürgermeisterdirektwahl – erreicht. Dass die Grünen bei der Gemeinderatswahl Verluste einstecken mussten, trübe laut Willi die Freude nur ein wenig: „Ich habe mich selten über ein Minus so gefreut“. In der Bürgermeisterstichwahl gegen Anzengruber heiße es nun „rennen, rennen, rennen“. Er werde alles dafür tun, wieder in der Stichwahl zu obsiegen. „Ich habe auch dazugelernt“, warb Willi um Stimmen. Nun strebe er eine „Fortschrittskoalition“ an und geißelte erneut „Verhinderer“ in der vergangenen Legislaturperiode. Bezüglich konkreter Koalitionsvarianten ließ Willi sich nicht in die Karten blicken. Ihm gehe es vielmehr darum, mit Partnern „große, wichtige Projekte“ umzusetzen.
Volkspartei-Abtrünniger als großer Gewinner
Der ehemalige Arzler Almwirt und ÖVP-Abspalter Anzengruber fühlte sich nach der Bekanntgabe des Ergebnisses „gewaltig“. Das Rennen um den Bürgermeistersessel werde „sehr knapp“, meinte er. Nun gelte es, „parteifreie Kommunalpolitik“ zu machen. Über etwaige Sondierungen oder Koalitionen wollte er sich am Wahlabend indes noch keine Gedanken machen. Erst am heutigen Montag gelte es darüber nachzudenken. Seine ehemalige Heimatpartei ÖVP habe sein Potenzial „vielleicht nicht gesehen“, meinte er dazu, dass nicht er selbst als Spitzenkandidat nominiert worden war.
Große Klatsche für die Volkspartei
Florian Tursky, Spitzen- und Bürgermeisterkandidat vom ÖVP-Für Innsbruck (FI)-Wahlbündnis „das Neue Innsbruck“, zeigte sich geknickt. „Natürlich ist das für uns ein enttäuschendes Ergebnis“, sagte er vor Journalisten. Es sei offenbar im Vorfeld nicht gelungen, das „Neue Innsbruck“ und die dahinterstehende Erneuerung ausreichend zu kommunizieren. „Ich war aber während des Wahlkampfes Tag und Nacht auf den Straßen unterwegs“, erklärte er. Dort habe er einen „großen Wunsch nach Veränderung“ verspürt. Jetzt fokussiere man sich auf die Arbeit im Gemeinderat: „Dort wollen wir uns konstruktiv einbringen“, so der Ex-ÖVP-Staatssekretär. Klar sei definitiv, dass er in Innsbruck und im Gemeinderat bleiben werde: „Nun geht es darum zu schauen, wer Bürgermeister wird und wie die Verteilung der Mandate aussieht“. Man sei in viele Richtungen offen, warte aber vorerst ab: „Klar ist, dass wir mitarbeiten wollen.“
Zufriedene FPÖ
FPÖ-Spitzen- und Bürgermeisterkandidat Markus Lassenberger reagierte verhalten und pragmatisch auf das Wahlergebnis. „Man muss stets mit allen Ergebnissen rechnen“, sagte er. Im Großen und Ganzen müsse man aber „zufrieden sein“, fügte der Frontmann hinzu. Persönlich habe er aber damit gerechnet „in die Stichwahl zu kommen“. Fehler im Wahlkampf wollte er nicht erkennen: „Wir haben unser Möglichstes getan.“ Jetzt gelte es, abwartend und strategisch klug zu agieren: „Wir schauen, was die nächsten Wochen bringen und wir sind dabei prinzipiell für alles offen.“
SPÖ sieht Neustart
Einen „Neustart für die Sozialdemokratie“ sah SPÖ-Spitzenkandidatin Stadträtin Elisabeth Mayr in dem Ergebnis ihrer Partei. Wermutstropfen bleibe die knapp verpasste Stichwahl. Dennoch sei zuletzt immer gesagt worden „nur vier Männer haben eine Chance“ – sie habe nun erfolgreich das Gegenteil bewiesen. In der kommenden Legislaturperiode wolle sie nun „Brücken bauen“ und „wertschätzende Politik“ vorantreiben. Bezüglich möglicher Koalitionen wollte Mayr „keine Rechenspiele anstellen“. Wahlempfehlungen für einen Stichwahl-Kandidaten gebe es von ihr nicht: „Unsere Wähler wissen, wen sie wählen“. Jedenfalls wünsche sie für die kommenden Wochen eine „Diskussion über Inhalte” und keine „Hinterzimmergespräche“.
Kommunisten nun auch im Innsbrucker Gemeinderat
Allen Grund zur Freude hatte KPÖ-Frontfrau Pia Tomedi, deren Liste überraschend den Einzug in den Gemeinderat geschafft hatte. „Das ist unglaublich, einfach toll“, zeigte sich Tomedi im APA-Gespräch begeistert. Sie sehe das Wahlergebnis als „Auftrag“, nun „beginne die Arbeit erst richtig“. Bezüglich Gesprächen mit anderen Parteien sei man „offen“, jedoch stehe das Einhalten eines Wahlversprechens an erster Stelle: „Den anderen Parteien auf die Finger schauen“. Das betreffe vor allem das Thema leistbares Wohnen. Eine Stichwahl-Empfehlung wollte die 35-Jährige nicht abgeben. Nur soviel: Bezüglich des bereits erwähnten Hauptanliegens sei in den vergangenen sechs Jahren nichts weitergegangen – und beide Stichwahlkandidaten seien in dieser Zeit politisch federführend gewesen. Die Innsbrucker sollten sich nun „ihre eigene Meinung bilden“, wen sie wählen wollen, betonte Tomedi.
Respektables Ergebnis für „Liste Fritz“
Andreas Haselwanter-Schneider, Spitzenkandidatin der „Liste Fritz“, gab sich angesichts das Ergebnisses durchaus zufrieden. „Wir haben uns immerhin im Vergleich zur Gemeinderatswahl 2018 in etwa verdoppelt“, sagte sie zur APA. Das im Vorfeld der Wahl ausgegebene Ziel – Haselwanter-Schneider wollte drei Mandate und damit Klubstärke erreichen – werde man aber wohl „dennoch verfehlen”. Man habe aber ein „respektables Ergebnis“ eingefahren und wolle künftig „weiterhin konstruktiv im Gemeinderat arbeiten“, so Haselwanter-Schneider. Das vorläufige Endergebnis wies für die Liste Fritz zwei Mandate aus.
NEOS raus aus Gemeinderat
„Ich persönlich habe gedacht, dass es sich ausgeht“, zeigte sich NEOS-Spitzenkandidatin Julia Seidl über ihren Gemeinderats-„Rauswurf“ bitter enttäuscht. Auch wenn sie gewusst habe, dass es mit 13 Listen und der „Zuspitzung auf die Bürgermeisterwahl schwierig wird.“ Das politische „Momentum“ sei in Innsbruck nicht auf ihrer Seite gelegen, da die „Ränder nach außen driften“. Auf die Bundesebene wollte Seidl das Ergebnis indes nicht umgelegt wissen, nachdem die Tiroler Landeshauptstadt mit ihrer Vielzahl an Abspaltungen ein „totaler Sonderfall“ sei. „Der Bundestrend ist positiv“, hielt die ehemalige Nationalrätin fest. Wie es mit ihr persönlich weiter gehe, wisse sie noch nicht. „Ich werde weiterhin Unternehmerin sein. Ich bin von einem politischen Mandat nicht abhängig“, meinte sie.
APA/UT24
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