Kevin Russell im UT24-Interview: „Wahrscheinlich kein neues Onkelz-Album mehr“
Hallo, Kevin! Erst mal danke für deine Zeit. Es ist absolut nicht selbstverständlich, dass uns als regionales Nachrichtenportal eine solche Koryphäe des deutschen Rocks für ein Interview zur Verfügung steht. Anlass des Ganzen ist ja deine Autobiografie „Circus Maximus“, die vor einigen Monaten erschienen ist. Ein echtes Prachtstück, das in jedem Bücherregal auffällt. Wie kam es eigentlich dazu, dein Leben zu Papier zu bringen?
Kevin Russell: Also dieses Buch zu schreiben, das war schon eine Menge Arbeit. Ich habe da zwei Jahre lang dran gesessen. Da kam mir die Corona-Zeit ganz gelegen, um diese Scheiß-Lockdown-Zeit produktiv zu nutzen.
Die Idee, ein Buch zu schreiben, habe ich schon seit mindestens zehn Jahren. Aber es war nie die Zeit zum Schreiben vorhanden, also nicht so richtig. Anders gesagt: die ganze Scheiß Corona-Kacke hat mir mehr oder weniger ein Buch beschert. Also ich könnte fast dankbar dafür sein, weil die Zeit habe ich deshalb grandios genutzt. Und da ist dann mein Buch entstanden. Ich habe also mal wieder aus den schlechtesten Dingen das Beste gemacht.
Gab es da einen bestimmten Moment, wo du gesagt hast: „Ich fange jetzt einfach mal damit an“?
Wie gesagt, den Gedanken gibt es schon seit zehn Jahren. Ich will nicht sagen, dass es Ballast ist, den ich damit von mir abgeworfen habe. Aber es hat sich gut angefühlt, mein ganzes Leben von Kindheit an, einfach mal niederzuschreiben oder auch rauszukotzen.
Ich bin auch wirklich überrascht gewesen, inwieweit das wirklich Wirkung zeigt. Also dieses „Besserfühlen“ danach, wenn man alles mal niedergeschrieben hat, das ist unglaublich. Ich hätte mir auch nicht zugetraut, dass ich schreiben kann. Ich kann labern, wie ein Wasserfall, – das weiß ich schon von immer. Aber das Schreiben, das hätte ich mir jetzt nicht so vorgestellt.
Und das Ganze hat dann auf einmal so einen Spaß gemacht. Sodass ich gar nicht mehr aufhören wollte mit dem Schreiben. Und das alles mit nur einem Finger. Okay, den Daumen von der linken Hand für die Groß- und Kleinschreibung. Aber sonst alles mit einem Finger geschrieben. Fingerleicht, will ich mal sagen.
Dein Leben verlief ja bekanntlich nicht wie eine gerade Linie, sondern eher wie eine Achterbahn. Wenn du jetzt zurückschaust auf dein Leben bzw auf all das, was du so niedergeschrieben hast. Gibt es da einen Moment in deinem Leben, für den du am dankbarsten bist? Oder wo du am meisten für dein Leben gelernt hast?
Ui. Da sind ganz viele solcher Momente gewesen. Aber ich habe sie nie richtig zur Kenntnis genommen – oder zur Kenntnis nehmen wollen. Ich glaube, das Schlüsselerlebnis in meinem Leben, was auch die Ansicht von Leben und Tod ganz krass geändert hat, waren die Nahtod-Erfahrungen und die schweren Kopf-OPs.
35 Prozent meiner rechten Hirnhälfte wurden entfernt. Und diese Erlebnisse, drei Wochen im Koma zu liegen usw. Das waren wirklich einschneidende Momente! Nur gelernt, in den Tagen oder Monaten danach – ich war ja noch lange in der Reha und sogar halbseitig gelähmt – gelernt habe ich daraus trotzdem nicht! Und das ist das wirklich Erschreckende gewesen.
Dass ich nach all diesen Erlebnissen überhaupt weiter Scheiße gemacht habe – und das noch heftiger als vorher. Um dann wieder durch diese Hölle zu gehen, einen Unfall zu verursachen sowie erneut in Therapie zu landen. Dass ich dann doch irgendwann die Kurve gekriegt habe: das wiederum ist ein kleines Wunder! Ich kann es gar nicht beschreiben, warum das alles so gekommen ist. Denn nach all diesen Erlebnissen müsste man ja eigentlich wirklich sagen: „Ey, jetzt ist doch endlich der Moment gekommen, wo es reicht“.
Das kam mir damals aber gar nie im Sinn. Ich habe stets noch mehr Drogen genommen – trotz des Nahtod-Erlebnisses und der Reha.
Ich habe gelesen, dass der endgültige Groschen bei dir erst nach dem Unfall im Gefängnis gefallen ist. Stimmt das?
Ja, da kann ich dem Staat fast dankbar sein dafür. Die haben mein Leben gerettet. Weil ich plötzlich nicht mehr an die ganzen Drogen rangekommen bin. Klar, man kriegt auch im Knast was – das ist ja kein Geheimnis. Aber das Zeug dort ist der letzte Schrott. Das war mir dann einerseits zu teuer und andererseits nicht das, was mir wirklich den nötigen Kick gegeben hätte. Da war ich schon ganz andere Sachen gewohnt. Gar nichts war das für mich! Und da habe ich mir auch gar keine Illusion gemacht, dass ich da im Knast an das richtige Zeug rankomme.
Ich habe dann irgendwann realisiert, dass ich das jetzt konsequent durchziehen muss und somit einfach in den sauren Apfel beiße. Das macht die Sache dann natürlich um einiges einfacher. Die körperlichen Schmerzen und Gebrechen stehen auf einem ganz anderen Blatt. Aber in Wirklichkeit ist es einfacher, dann wirklich weggesperrt zu sein und zu wissen „Ich komme hier sowieso nicht raus“. Da fügt man sich dann irgendwann dem Schicksal.
Klar, dass der Prozess lange gedauert hat, Monate sogar. Da haben sich bei mir wirklich jede Nacht die Fußnägel hochgerollt. Und Ameisen, die ich unter meiner Haut gespürt habe – einfach grauenhaft! Aber auch das geht zum Glück vorbei. Da ist die Zeit ein großer Faktor gewesen – auch wenn es Wahnsinn ist, wie lange sich die Zeit im Gefängnis hinzieht. Doch selbst das ist nach vier, fünf Monaten überstanden und du kommst auf einmal wieder in einen normalen Flow rein.
Also würdest du sagen, es war einfach nur das Prinzip „Nimm mir die Drogen weg. Ich finde mich damit ab, dass ich an nichts mehr rankomme“. Und das war sozusagen die Lösung deines größten Problems?
Genau! Und ich habe mir nach so drei, vier Monaten wirklich auch gesagt: „Ey, ich kann das hier wirklich packen!“. Ich habe gesehen, es ist möglich – obwohl es mir lange Zeit schier unmöglich erschien. Dann nach ungefähr einem halben Jahr bin ich in die therapeutische Einrichtung gekommen. Und da ging es mir schon relativ gut.
Natürlich: Man hat immer noch den Dorn im Fleisch und im Hinterkopf „Jetzt bist du wieder frei“. Aber von Tag zu Tag wurde die Gewissheit größer, dass ich es nicht nur schaffen könnte, sondern jetzt endlich mal packe – und das ein für alle mal. Diese Vorstellung alleine hat mich so stark gemacht und mir einen unwahrscheinlich großen Flow gegeben.
Das war einfach ein großartiges Gefühl, morgens aufzustehen und kein Verlangen nach Drogen mehr zu verspüren – sondern sich im Spiegel anzusehen und einen befreiten Menschen zu sehen. Alleine das hat schon süchtig gemacht. Zu diesem Zeitpunkt waren vielleicht noch ein, zwei Prozent von diesem „kleinen Teufelchen“, das da auf meiner Schulten sitzt und mich immer auf blöde Gedanken gebracht hat, da.
Und just in dem Augenblick ist ein dummer Zufall passiert. Ein Kumpel hatte mir nämlich ein paar Klamotten in die Therapie vorbeigebracht. Da war ein Teil dabei, wo das Innenfutter zerrissen war. Und da finde ich auf einmal wieder alten Stoff von mir. Und als Dummkopf, wie ich es eigentlich immer schon war, habe mir dann gedacht: „Komm, scheiß drauf, wirst du schon irgendwie aushalten“. Und dann ging dieses Verlangen wieder los. Da hätten die mich fast wieder zurück in den Knast geschickt. Also da musste ich wirklich kämpfen. Aber meine Bezugstherapeutin hat mich da wirklich krass unterstützt. Das waren so die letzten kleinen Lernschritte gewesen. Mittlerweile, also seit 2012 wo ich in mein neues Haus gezogen bin, nach all diesen ganzen Vorfällen, habe ich alles was ich von dem Zeugs noch bei mir hatte, ins Klo runtergeschmissen.
Und du musst dir vorstellen, das war so ein geiles Gefühl von Befreiung. Da musste ich überhaupt keine Sorgen mehr machen. Ich habe ein so großes Verlangen nach Leben ohne Drogen entwickelt. Das ist viel, viel stärker. Selbst, wenn du mir jetzt etwas anbieten würdest, dann würde ich dankend ablehnen.
Eine echt gute Sache, wie du da rausgekommen bist. Was würdest du denn Menschen, die ebenfalls suchtkrank sind, raten? Weil es kann sich ja nicht jeder einsperren lassen, um endlich umzudenken.
Also erst einmal möchte ich den Leuten sagen, dass es am Anfang sehr schwer wird. Vor allem diese Wochen und Monate die da folgen, die sind grauenhaft. Aber im Kontext zum Leben, was da noch drogenfrei folgen kann, das macht wirklich süchtig. Das ist so schön. Diese Leute werden jede Droge nicht nur vermissen. Nein, die wollen nur noch leben dann.
Wenn sie das Gefühl einmal erreicht haben, und da bin ich zu hundert Prozent von überzeugt: selbst der Hardcore-Junkie wird das in zwei bis drei Monaten schaffen können. Er muss nur stark sein und wirklich daran glauben. Und dann kommt irgendwann der Kick am Morgen: „Hey, geil, mir geht’s gut, ich brauche nichts. Und ich bin dennoch am Leben“. Das macht richtig süchtig.
Mittlerweile bin ich richtig geil auf Leben. Da bleibe ich Hardcore-Junkie, der werde ich immer bleiben. Nur habe ich es umgedreht, und zwar auf meinen Lebenswillen. Und das geht jedem so, der diesen Schritt geht. Das kann ich deshalb jedem nur anraten. Und alles andere kommt dann von alleine. Das ist ein Prozess.
Aber ganz ehrlich, wenn man dieses Geschenk „Leben“ nicht nutzt und einfach so in die Tonne kippt bzw sich kaputt macht. Dann hat man so auch nichts auf der Erde verloren. Es ist hart, aber wahr. Weil, auch wenn wir in scheiß Zeiten leben, so kann man sich seinen eigenen Kosmos dennoch adäquat gestalten – und richtig Freude daran haben. Und das ist der Punkt: das kann man mit Drogen nun einmal nicht. Da kommt man damit einfach nicht hin. Aber zu dieser Erkenntnis musst du erst einmal kommen. Ich habe da selbst lange genug gebraucht dafür.
Vor allem blieb dein exzessiver Drogenkonsum ja nicht ohne Folgen. Du warst für deine Bandmitglieder nicht mehr tragbar und es kam zur Auflösung der Böhsen Onkelz. Stephan und Gonzo schlossen für viele Jahre ein Comeback der Onkelz sogar rigoros aus. Selbst in Songs und Interview wurde das immer wieder untermalt. Wann war eigentlich der Moment gekommen, als diese festgefahrenen Überzeugungen zu bröckeln begonnen haben?
Das Ganze nahm seinen Lauf, als mich Stephan und Pe in der Therapie besucht haben – und dort zum ersten Mal einen wirklich drogenfreien Kevin Russell erlebt haben. Und ich habe es denen angemerkt: das muss für die beiden so bewegend gewesen sein, dieser Moment. Da kam ganz natürlich dieser Gedanke einer Wiedervereinigung plötzlich auf. Auch bei mir. Und alleine dieser Gedanke hat schon gereicht, um etwas auszulösen.
Als ich dann aus der Therapie entlassen wurde und mein neues Zuhause, hier im lieblichen Taubertal aufgebaut habe- wo ich dann auch meine ersten Solo-Pfade mit „Veritas Maximus“ gewagt habe. Da haben Stephan, Gonzo und Pe aus der Ferne alles ganz genau beobachtet und überlegt – auch weil sie gesehen haben, dass ich lange schon keine Rückfälle mehr hatte und es wirklich ernst meine.
Erst dann war wirklich klar, dass wir uns irgendwann mal hinsetzen müssen, um ganz offen zu reden – das war 2013 im Oktober, glaube ich. Da haben wir uns dann mal richtig ausgesprochen und überlegt, ob ein Onkelz-Comeback denn im Bereich des Möglichen liegt.
Und tatsächlich: Es hat sofort wieder geknallt! Eigentlich gab es keine große Diskussion, sondern wir haben dieses Comeback schon fast geplant – und zuvor schon im Kopf durchgespielt. Im nächsten Schritte musste man dann natürlich überlegen: Wo, was, wie? Machen wir das jetzt wirklich? Ja! Krass.
Das heißt also, es lautete einfach nur die Devise „Hey, Kevin ist wieder fit. Wollen wir uns wieder gründen?“. Kann man das wirklich so beschreiben?
Natürlich spielen auch finanzielle Aspekte eine Rolle, ist doch ganz klar. Wenn du so einen Apparat, wie den der Böhsen Onkelz wieder an den Start bringst, nach fast neun Jahren Pause.
Jeder denkt dann natürlich auch: „Hey, die Zukunft ist dann aber auch gesichert“. Das ist logisch. Ich sehe daran auch nichts Verkehrtes. Aber das war nicht der Hauptgrund unserer Reunion.
Der Hauptgrund war für mich persönlich wirklich dieses geile Gefühl, endlich wieder gemeinsam mit den Jungs auf einer Bühne zu stehen – und das vor allem nüchtern. Gut, ich habe vielleicht zwei, drei Bierchen drin. Aber das ist gar nix im Vergleich zu vorher. Und das war eigentlich mein persönlich wichtigster Ansporn: Es, jetzt erst recht, allen zu zeigen.
Wie haben deine Bandkollegen eigentlich so auf dein Buch reagiert, wo du jetzt dein ganzes Leben einmal niedergeschrieben hast. Waren die da auch irgendwie involviert in den Schreibprozess, oder wie muss man sich das vorstellen?
Ja, natürlich. Das muss ja auch sein. Ich musste das denen schließlich vorlegen – um es sozusagen absegnen zu lassen. Damit bin ich aber voll und ganz zufrieden gewesen.
Stephan hatte ein paar Punkte zu beanstanden. Sodass ich letzten Endes ein paar wenige Textzeilen wieder umgeschrieben habe. Das lag vor allem daran, dass ich mich an das Geschehene nicht mehr zu einhundert Prozent erinnern konnte. Das ist aber auch legitim. Schließlich habe ich ihn ja auch darum gebeten.
Im Großen und Ganzen gab es von der Band aber ausschließlich positive Resonanz. Jetzt am vergangenen Wochenende haben wir uns ja wieder zu einem Band-Meeting auf Mallorca getroffen und dabei die alten Zeiten aufleben lassen. Wie wir uns da wieder totgelacht haben, das kannst du dir nicht vorstellen. Das war wirklich ein spaßiges Event – neben dem ganzen geschäftlichen Dingen, den wir zu besprechen hatten.
Du sprichst in deinem Buch ja auch sehr offen über deine Krankheit COPD sowie über den Tod. In einem anderen Interview habe ich gelesen, dass du mittlerweile auch kein Problem mehr damit hättest, bald einmal den Löffel abzugeben. Müssen sich die Fans da jetzt große Sorgen machen oder wie geht es dir im Moment?
Sagen wir es mal so: Ich bin ein behäbiger, fauler Sack. Ich habe mich die letzten zwei Jahre wenig bewegt. Und ich bin dadurch ein wenig eingerostet. Aber das wird aber schon wieder! Sobald es im Frühling wieder zu Sprießen beginnt, fange ich meine Wandertouren wieder an – und werde alles Nötige dafür tun, um den inneren Schweinehund zu besiegen.
Nach so langer Zeit ist das natürlich nicht einfach. Aber das kriegen wir schon hin. Vor allem habe ich jetzt, über acht Ecken, rausbekommen, dass es sogar ein Medikament für COPD gibt. Das soll wohl eine sagenhafte Wirkung haben, was das Lungen-Volumen und die Atmung betrifft.
Wenn ich das bekomme, und unser Bandarzt, der Dieter, der ist da dran, dann würde ich so eine Therapie noch mal vorziehen – ungefähr drei Monate vor den Konzerten. Das dürfte mir dann, neben meinen Wanderungen, den nötigen Aufschub geben. Auch wenn ich ja eigentlich frei nach der Devise „No Sports“ lebe. Aber es muss natürlich auch etwas passieren. Ich will ja auch! Und vor allen Dingen: Ich hab diese Stehaufmännchen-Mentalität ja mittlerweile verinnerlicht.
Und ich werde definitiv alles dafür tun, um auf der Bühne den Kevin Russell abzugeben, den die Leute gewohnt sind. Die letzte Tour war ja super. Und dieses Mal werden die Fans auch wieder was Geiles bekommen. Und wenn nicht, dann müssen schon alle Stricke reißen – das glaube ich aber eher nicht. So wie ich jetzt hier im Flow und ohne Atemnoten mit dir labere, so ist das auch mit der Singerei oder der Schreierei.
Natürlich bin ich nicht mehr der junge Gott. Ich bin jetzt 60 und hüpfe auch nicht mehr auf der Bühne herum – was einige bei der letzten Tour bemängelt haben. Da heiß es, ich würde mich zu wenig bewegen und nur da rumstehen. Ja, das hat schon seinen Grund, warum ich da nur herumstehe. Damit muss man sich mittlerweile anfreunden. Dass ich hier nicht mehr von A nach B rumwandere, ist klar. Das geht nicht mehr.
Das will und brauche ich auch nicht. Weil ich mich auf meine Stimme fokussieren möchte – dass diese gut rüberkommt, und dass die Leute einen geilen Russell haben.
Bei der anstehenden Tour habt ihr ja einen ganz besonderen Abschluss in Österreich. Und zwar spielt ihr bei der Paul-Außerleitner-Schanze in Bischofshofen bei Salzburg. Das ist übrigens das allererste Konzert überhaupt dort. Da gab es vorher noch nie ein Open-Air-Konzert.
Ehrlich? Das wusste ich ja gar nicht. Da versorgst du mich gerade mit ganz neuen Infos. Unsere Promoter-Firma, die Wizard, organisiert das ja alles. Bei der Location in Bischofshofen dachte ich auch, das wäre schon etabliert und da hätten schon mehrere Bands gespielt.
Nein, tatsächlich nicht. Ich habe im Vorfeld sogar ein Interview des örtlichen Skiverbands gefunden, wo deren Vorsitzender meinte, dass die Onkelz das erste Open-Air-Konzert dort spielen. Ihr testet sozusagen das Areal auf seine Konzerttauglichkeit, wie ich das verstanden habe.
Das ist ja mal ein Ding. Wirklich eine nette Information, die du mir da gibst. Aber gut, dann sind wir halt die Ersten. Das Einmachglas sozusagen (lacht). Richtig geil.
Ja, super. Dann freust du dich doch bestimmt umso mehr darauf.
Ja klar, natürlich. Wir bleiben dann ja noch die Woche vor Wels in Österreich. Das Konzert steht eine Woche später ja auch noch an. Ich persönlich werde die Zeit dann für einen kleinen Mini-Urlaub nutzen.
Wels wird dann ja auch ganz geil mit einer Kapazität von 50.000 Leuten. Ich glaube, wir stehen da jetzt im Moment bei 34.000 verkauften Tickets. Kann also gut sein, dass bis dahin noch ein paar mehr dazukommen.
Davon bin ich auch überzeugt. Meine Abschlussfrage, Kevin: Die Onkelz werden in diesem Jahr, wenn ich richtig mitgerechnet habe, sage und schreibe 44 Jahre alt. Ihr habt als Band ja Millionen von Tonträgern verkauft, die Fans rennen euch nach wie vor die Bude ein, Konzerte sind mit zehntausenden Fans pro Abend permanent ausverkauft . Setzt man sich da eigentlich noch Ziele, die man erreichen möchte - sei es jetzt mit der Band wie auch privat für dich?
Nein, ich mein, guck mal. Man muss auch zugeben können, dass die Zeit endlich ist. Die Leute, die geschäftlich mit uns arbeiten verlangen nicht, aber sie fragen auch nach. Ob wir z.B. noch eine CD machen wollen oder sowas. Wir als Band sind zumindest am Wochenende einvernehmlich zu dem Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich keine neue CD oder ein neues Album der Onkelz geben wird. Wir werden aber mit fetten Konzerten so lange weitermachen, wie wir es können.
Jetzt muss man aber auch sagen: Gonzo war bei dem Treffen leider verhindert. Der kriegt also noch ein Protokoll von unserem ganzen Wochenende. Da muss man jetzt noch warten, ob er das genauso sieht. Aber im Grunde gehe ich im Großen und Ganzen davon aus. Weil wir sind jetzt alle über 60 und das ist dann auch okay.
Ein Tonträger ist ohnehin nicht mehr lukrativ. Weil, wie du weißt, die Absatzzahlen in dem Geschäft sind stark in den Keller gefallen. Und der Aufwand, das alles zu produzieren, kostet im Endeffekt mehr, als du damit reinspielst. Das lohnt sich daher schon gar nicht mehr. Leider! Dieses Geschäft ist kaputt gemacht worden durch das Internet.
Wir haben sogar eine aktuelle Zahl: „Böhse Onkelz“ wurden, und jetzt halt dich fest, eine Milliarde 385 Millionen Mal gestreamt. Das ist top! Eine Milliarde und 385 Millionen. Das ist krass! Die Zeiten, wo die Leute in einen Laden gegangen sind, um sich eine Platte zu holen – diese Zeiten sind vorbei. Leider Gottes ist das so.
Und deswegen: Wir fokussieren uns jetzt auf Live-Events. Um den Leuten wirklich was zu liefern.
Vielen Dank für das ausführliche Interview!
Das Interview mit Kevin Russell von den Böhsen Onkelz wird in den nächsten Tagen auszugsweise auch als Tondatei erscheinen.