von gk 10.01.2024 16:32 Uhr

“Al Genio del Fascismo”

Unmittelbar nach den Verhandlungen zur Südtirolfrage, die vom 27.-28. Jänner 1961 im Sinne der UNO-Resolution des Jahres 1960 in Mailand stattgefunden hatten und ergebnislos verlaufen waren, wurde am 30. Jänner das 1938 von den Montecatini-Werken bei Waidbruck aufgestellte Reiterstandbild Mussolinis aus Aluminium durch einen Sprengstoffanschlag zerstört.

Der Aluminiumduce in Waidbruck

Der Staatsanwalt von Bozen, Dr. Rocco, ordnete darauf sofort eine Hausdurchsuchung in der Parteileitung der Südtiroler Volkspartei (SVP) an. Der damalige Obmann der SVP, Dr. Silvius Magnago, betrachtete dies als einen „sehr schwerwiegenden Fall“. Er richtete an Ministerpräsidenten Fanfani und Innenminister Scelba folgendes Protesttelegramm:

Wir bringen Ihnen zur Kenntnis, daß der Zentralsitz der Südtiroler Volkspartei drei Stunden lang von Carabinieri und Polizei in Anwesenheit eines Staatsanwaltes durchsucht wurde. Die Durchsuchungsverordnung des Staatsanwaltes gab keinen Grund und im besonderen keinen Hinweis eines Vergehens an, welcher diese unglaubliche Verfügung hätte rechtfertigen können. Die Durchsuchung blieb natürlich ohne jedes Ergebnis. Wir protestieren auf das nachdrücklichste gegen diese unerhörte Maßnahme, die bei uns in der Nachkriegszeit noch nie vorgekommen ist, weil sie eine schwere Verletzung der politischen und demokratischen Grundrechte aller Bürger darstellt und nur als ein Akt der Feindseligkeit und der politischen Verfolgung der politischen Vertretung des Südtiroler Volkes ausgelegt werden kann.

Ministerpräsident Fanfani antwortete:

„Habe Ihr heutiges Telegramm erhalten. Sie hätten besser getan, wenn Sie sich allen Bürgern unserer freien Demokratie angeschlossen hätten, welche gegen die Sprengstoffattentäter von Waidbruck und deren Aufwiegler protestierten. Aber wie dem immer sei, ich kann Ihren Protest gegen das autonome Vorgehen der Staatsanwaltschaft Bozen nicht annehmen. Der italienische Staat garantiert auch auf dem Wege des schnellen Eingreifens der unabhängigen Gerichtsbehörde jedem Bürger die ihm zustehenden Rechte. Der Staat muß darauf aber auch bedacht sein, daß die entsprechenden Pflichten der Bürger, auch von seiten der Rückoptanten, unerbitterlich beachtet werden.“

Dr. Magnago wies die Antwort Fanfanis in einem offenen Brief an denselben zurück

„Ich habe Ihr Antworttelegramm auf meinen Protest erhalten, den ich im Namen der Südtiroler Volkspartei gegen die Durchsuchung des Zentralsitzes der Partei erhob, die ich die Ehre habe, zu repräsentieren. Die SVP hat immer öffentlich jede illegale Tat und jeden Gewaltakt verurteilt, von welcher Seite solche kommen mögen. Ich bin in der Lage, Ihnen diesbezüglich mit einer ausführlichen Dokumentierung aufzuwarten. Als Obmann der Partei bin ich immer mit Energie eingeschritten, wenn es den Anschein haben konnte, daß die Legalität gefährdet sei. Ich verweise auf den Fall von Sigmundskron, wo im Jahre 1957 40.000 Südtiroler gegen die Nichtdurchführung des Pariser Abkommens protestierten, und auf die Vorfälle von Tramin, wo infolge einer neufaschistischen Provokation die ganze Bevölkerung in Aufruhr geriet. Ich kann daher den Rat nicht annehmen, den Sie mir in Ihrem Telegramm geben möchten, wo es heißt: ‚Sie hätten besser getan, wenn Sie sich allen Bürgern unserer freien Demokratie angeschlossen hätten, welche gegen die Sprengstoffattentäter von Waidbruck und deren Aufwiegler protestierten.‘ Bezüglich des Sprengstoffattentates von Waidbruck bitte ich Sie, zur Kenntnis nehmen zu wollen, daß das Objekt der Attentäter nicht eine x-beliebige Reiterstatue war, wie man glauben machen möchte, sondern der Aluminium-Duce, wie ihn die Südtiroler heißen, der im Jahre  1938 errichtet wurde und auf dem Socken die Inschrift trug: Dem Genius des Faschismus. Dies ändert allerdings nichts daran, daß die von mir vertretene Partei auch diesen Gewaltakt verurteilt. In Südtirol sind leider trotz dem Untergang des Faschismus und seiner Verdammung Abzeichen, Inschriften und Denkmäler, die an den Faschismus erinnern und ihn verherrlichen, erhalten geblieben und sogar restauriert worden. Wenn man an die Leiden der Südtiroler unter diesem Regime und an die brutale Entnationalisierungspolitik, die es ihnen gegenüber betrieb, denkt, so muß man mindestens zu dem Schlußfolgerung kommen, daß es eine grobe Geschmacklosigkeit und Herausforderung bedeutet, wenn man die äußeren Zeichen einer Zeit, die nicht wiederkehren darf, gerade in Südtirol beläßt, während sie in den anderen Provinzen entfernt wurden.“

Ich und mit mir die ganze Südtiroler Bevölkerung und – wie ich annehme – wohl auch die demokratischen Parteien italienischer Sprache wären Ihnen dankbar, wenn Sie die Entfernung der faschistischen Symbole anordneten. Ich kann Ihnen auf Verlangen alle notwendigen Hinweise geben. Seit Jahren betreibt die große Mehrheit der italienischen Presse einen Verleumdungsfeldzug gegen das Südtiroler Volk und seine Vertreter, der darauf abzielt, die öffentliche Meinung Italiens gegen die Südtiroler Mehrheit aufzuhetzen. Leider hat die Regierung nie mit Erklärungen oder sonst wie eingegriffen, um wenigstens die gröbsten Fälschungen uns gegenüber auch nur zum Teil richtigzustellen und die Anliegen der Südtiroler zu vertreten. Unverständlich erscheint uns jener Teil des Telegramms, der von den Pflichten aller, auch der Rückoptanten, spricht. Wir begreifen nicht, warum Sie auf die Rückoptanten, italienische Staatsbürger, anspielen, welche die Opfer des berüchtigten Hitler-Mussolini-Paktes waren. Ich sehe mich schließlich genötigt, den von mir im Namen des Südtiroler Volkes erhobenen Protest nochmal zu bestätigen, weil die in meinem Telegramm dafür dargelegten Gründe aufrecht bleiben.“

LH Dr. Silvius Magnago

Der obige Auszug stammt aus der Schriftenreihe „Schändung der Menschenwürde in Südtirol“ des „Mondseer Arbeitskreises“, Band Nr. 3.

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