von eth 30.05.2022 07:46 Uhr

Korrektur der Südtiroler Zeitgeschichte

Der österreichische Sprengstoffexperte und beeidete Gerichtsgutachter Maximilian Ruspeckhofer hat Mitte Mai 2022 anlässlich der 11. Weltkonferenz über Sprengstoff und Explosionen in Maastricht (Niederlande) den viel beachteten Vortrag „Cold case investigation – Who blasted the transmission tower and killed four people?“ über den „Anschlag“ auf der Porzescharte (1967) gehalten. Darin vermutet er faschistische Kreise als Urheber des Vorfalls.

Foto: Reinhard Olt

In seinem Beitrag weist Ruspeckhofer nach, dass nicht – wie von italienischer Seite stets behauptet – der „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) für die Sprengung eines E-Mastens und den Tod von vier italienischen Soldaten verantwortlich sein kann. Seine Erkenntnisse beruhen auf eigene Untersuchungen vor Ort, neuen Sachverständigengutachten international anerkannter Experten sowie den zugänglichen Akten italienischer und österreichischer Justiz- und Sicherheitsbehörden.

In seinem Vortrag erbringt er den Beleg dafür, dass der elektrische Strommasten auf der Porzescharte erst nach vorheriger Abschaltung des Stromflusses zweimal gesprengt wurde. Der Tod des Soldaten Piva erfolgte nach einer Induktion seines Sendegerätes, ausgelöst durch die Explosion eines von ihm aufgefundenen Sprengstoffes. Der nachfolgende Tod der italienischen Soldaten Gentile, di Lecce und Dordi kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht so verursacht worden sein, wie von der italienischen Justiz und Politik festgestellt wurde. Obwohl in gleicher Angelegenheit in Österreich freigesprochen, wurden dafür österreichische Staatsbürger in Florenz (1971) noch nach faschistischen Gesetzen menschenrechtswidrig (Erkenntnis VG Wien; VG Karlsruhe) in Abwesenheit ohne Ladung, Zustellung einer Anklageschrift oder des Urteils zu lebenslanger Haft verurteilt.

Waren faschistische Kreise am Werk?

Zumal ein Brieffragment des mit Gentile befreundeten italienischen Geheimdienstlers Tommaso Volpicello direkt unter dem gesprengten Masten von Österreichern aufgefunden wurde, vermutet Ruspeckhofer gleich dem Historiker Dr. Speckner faschistische Kreise um Gladio als Urheber des Vorfalls auf der Porzescharte.

Das italienische Militär, so Ruspeckhofer sei dringend aufgefordert, all seine diesbezüglichen Unterlagen endlich der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen, um eine restlose Aufklärung des Vorfalls auf der Porzescharte zu ermöglichen.

Unabhängig davon ist heute durch Gutachten des Sprengstoffsachverständigen Prof. Ing. Dr. Harald Hasler und des Historikers Dr. Hubert Speckner zweifelsfrei bewiesen, dass der Tod der italienischen Soldaten Bruno Bolognesi (Pfitscherjochhaus, 1966) und Martino Cossu, Herbert Volgger, Franco Petrucci (Steinalm, 1966) nicht durch ein Attentat des Befreiungsausschuss Südtirol (BAS), sondern durch eigenes Fehlverhalten verursacht wurde. Sollten sich diese neuen Erkenntnisse verfestigen, wäre der erfolgte Tod von zumindest acht italienischen Soldaten wider besseres Wissens zu Unrecht den Südtiroler Freiheitskämpfern untergeschoben worden.

Es bleibt der Wunsch, dass nach über einem halben Jahrhundert die Regierungen in Rom und Wien zur Wiederherstellung der historischen Wahrheit und Befriedung der Bevölkerung daraus die erforderlichen Konsequenzen ziehen.

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