Der Colonel – Teil 3
Amerika bricht Versprechen
Noch während des Wahlkampfes, als Wilson überall versprach, die USA würden nicht in den Krieg eintreten, führte House Verhandlungen mit Großbritannien, welche die USA zum Kriegseintritt verpflichteten. House handelte dabei weniger im Auftrag seines Präsidenten, sondern im Interesse der alten Bekannten: J.P Morgan, Jakob Schiff, John D. Rockefeller, Paul Warburg und wer sonst noch alles auf der Jekyll-Insel gewesen war. Viele von ihnen hatten für die Kriegsaufwendungen der Englischen Krone große Summen geliehen und wollten dieses Geld nicht riskieren.
Als daher Wilson – knapp genug – wiedergewählt war, machten die Medien in den USA „Kehrt marsch“ und heizten eine wahre Kriegspropaganda an. Der Krieg sei unvermeidbar hieß es, und man müsse ihn nun führen „zur Beendigung aller Kriege“. Im Jahr 1917 war es dann soweit, und wieder konnte sich Edward Mandel House ein wenig entspannen. Er hatte seinen dritten Streich geführt.
Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht
Nach dem Kriege begleitete House seinen Präsidenten Wilson nach Europa, beide getragen von der Hoffnung, die Verbündeten aus dem Krieg für die Vorstellung zu gewinnen, man könne mit vereinten Kräften eine Weltregierung schaffen. Das erstreckte sich auch auf das revolutionäre Russland. Zu diesem Zweck nämlich hatten Warburg und andere maßgeblich den Sturz des Zaren und dann der republikanischen Regierung Kerenskij finanziert, doch in der Alten Welt blieb das Echo gering. Auch die 14 Punkte Wilsons konnten daran nichts ändern. Sie waren ohnehin nicht viel mehr als edle Gemeinplätze, die allein schon dadurch an Glaubwürdigkeit einbüßten, dass der US-Präsident sofort selbst gegen einen der wichtigsten, nämlich das Selbstbestimmungsrecht der Völker, verstieß, als er die deutschen Südtiroler gegen ihren Willen Italien zuschlug. Immerhin kam es zur Gründung des Völkerbundes, als dessen Urheber Wilson gilt, dem die USA indes nicht beitraten.
Colonel House beschloss daher, einen anderen Weg zu beschreiten. Im Jahr nach seiner Europa-Reise zusammen mit dem Präsidenten fuhr er wieder über den Atlantik und traf sich in London mit den führenden Männern des dortigen, also des ursprünglichen Round Table. Man verständigte sich auf den Plan, die vorhandene Organisation durch eine weitere, diese umgebende Gruppierung zu vergrößern, wodurch die Zahl der Konfidenten erhöht und Einfluss sowie Schlagkraft gestärkt werden könnten. Der geheime Zusammenschluss müsse auf eine breitere Grundlage gestellt werden. Aufgabe sei es, der Öffentlichkeit in den USA, dem Vereinigten Königreich und derjenigen auf dem Kontinent die Vorteile einer Weltregierung nahezubringen, vor allem dadurch, dass man eine solche als den Garanten für ewigen Frieden hinstellte.
Die mächtigste Gruppierung der USA
Die Entscheidung fiel am 19. Mai 1919 in Paris. Edward Mandel House hatte in das Hotel Majestic eingeladen, unterstützt von Lippmann, dem späteren US-Außenminister John Foster Dulles, dessen Bruder Allen Dulles, nachmaliger Chef der CIA, und Christian Herter, später ebenfalls US-Außenminister. An diesem Tag wurde der Council on Foreign Relations gegründet, heute die mächtigste Gruppierung in den USA, zu der die gesamte Hochfinanz, die Spitzen aus Politik, Diplomatie und Verwaltung, der Industrie, vor allem der Rüstung gehören, Vertreter des Militärs, der Geheimdienste, von Hochschulen, ferner die Besitzer der großen Medienhäuser, bis hin zu Prominenten aus der Flimmer-Welt und Leuten mit tadellosen Beziehungen zur organisierten Kriminalität.
Einige Namen aus einer Liste von Gründungsmitgliedern kommen uns daher bekannt vor: Jacob Schiff, Averell Harriman, Vanderlip, Nelson Aldrich, Bernd Baruch, J. P. Morgan, John D. Rockefeller. Wieder dezent im Hintergrund halten sich die Rothschilds. Sie sind durch ihre tausend Industrie- und Bank-Beteiligungen ohnehin allgegenwärtig.
Heute fällt in New York, wo in der 68. Straße der CFR sein Hauptquartier, das Pratt-Haus unterhält, keine Taube vom Dach ohne seine Zustimmung. Hier werden Politiker-Karrieren geplant und geleitet, egal, wer Präsident ist, ob es um Republikaner geht oder um Demokraten, denn beide werden von denselben Leuten finanziert, hier werden Kriege beschlossen und Währungen ruiniert, hier fallen die Entscheidungen der FED sowie der Wirtschaftspolitik und hier werden Schicksale ganzer Völker gargesotten.
Mächtig ohne politischen Amt
Das war des Colonel Edward Mandel House vierter Streich. Er hat gezeigt, dass der Einfluss einer dominanten Persönlichkeit die Macht des Amtes überragen kann, und er hat so aus der Kulisse heraus Weltpolitik gemacht.
Woher aber, so fragt man sich, kommt sein militärischer Rang? Er hat doch, nach allem was zu hören war, nie gedient? Nun, der gewisse Texanische Gouverneur Hogg verlieh seinem Helfer den Rang eines Colonel, wahrscheinlich abgeleitet von den Texas-Rangern, ehrenhalber sozusagen.
Er ist nicht viel mehr wert als ein Faschingsorden.