von mag 02.01.2021 14:00 Uhr

Der Colonel

Edward Mandell House – Teil 1

Über persönliche Kontakte – oder auch das berühmte Vitamin B – wird häufig gesprochen. Natürlich funktioniert es nicht ohne Qualifikationen und Professionalität, doch zeigt sich immer wieder, dass persönliche Kontakte großen Einfluss auf die Laufbahn haben können. Auch in der Vergangenheit war dies nicht anders. Dies macht unter anderem die Geschichte des Texaners Edward M. House klar, der es „nur“ durch „netzwerken“ (Networking) bis in höchsten Schichten der Politik und Weltwirtschaft brachte und sogar am Schicksal Südtirols im Jahre 1920 beteiligt war.

Ein Beitrag von Dr. Florian Stumfall

Das Lateinische hat manche Möglichkeit der Unterscheidung, die uns im Deutschen fehlt. So gibt es beispielsweise das Wort „potestas“ für Macht und damit ist die Macht des Amtes gemeint. Sie ist gedeckt durch die Kraft der Gesetze und wird verliehen durch eine regelgerechte Bestallung. Sie ist unabhängig von Art und Charakter ihres Trägers. Demgegenüber liegt die „potentia“, welches Wort ebenfalls „Macht“ bedeutet, ganz in der Persönlichkeit. Sie wirkt durch Überzeugung und den Einfluss eines beherrschenden Menschen. Sie folgt nur den Regeln der menschlichen Seele und ist daher so unerforschlich wie diese.

Hier soll von einem Mann die Rede sein, der mehr als ein anderer seine Eigenschaften zu politischer Wirkung gebracht hat, ohne dass ihn je ein offizielles Amt geziert hätte. Sein Name ist Edward Mandell House, er entstammte einer reichen jüdischen Familie aus Houston, Texas, wo er im Jahre 1858 als siebter Sohn eines bekannten und wohlhabenden Mannes geboren wurde. Sein Vater war Plantagenbesitzer, Sklavenhalter sowie Sklavenhändler und Kriegsgewinnler aus dem Sezessionskrieg, der auf beiden Schultern getragen hatte. Nach dem Krieg schloss er sich dem Ku Klux Klan an. Er scheint seinem Sohn viele seiner Anlagen vererbt zu haben.

Studium ohne Abschluss

Zur Heranführung ans College wurde Edward Mandel nach England auf eine Vorbereitungs-Schule geschickt. Bereits hier ließ das Fatum erkennen, was es mit dem Knaben vorhatte, denn einige seiner Schulkameraden und auch Edward selbst wurden alsbald Mitglied im Round Table des Cecil Rhodes, einer von den Illuminaten inspirierten Gesellschaft, deren Ziel die angloamerikanische Weltherrschaft war.

Als der Schüler 14 Jahre alt war, starb seine Mutter, worauf er in die Staaten zurückkehrte. Um die Ausbildung fortzusetzen, so erzählt er, „hatte ich erwartet, nach Yale gehen zu können, aber ich war völlig unvorbereitet und trat widerwillig in das Hopkins-Gymnasium ein“. Es wurde aber auch im zweiten Anlauf nichts mit Yale, und Edward beschloss zusammen mit seinem Freund Oliver T. Morton, dem Sohn des Senators Oliver P. Morton, nach Cornell zu gehen. Doch auch hier oblagen die beiden weniger den Studien als der Politik. Die Nähe zu einem Senator hatte den ohnehin empfänglichen Edward Mandel völlig in den Bann gezogen. Er ließ keine Parteiversammlung aus, die in erreichbarer Nähe stattfand, und dabei gab er den Vorzug den Republikanern.

Im Jahre 1880 starb Vater House, Sohn Edward verließ Cornell ohne Abschluss und kehrte nach Texas zurück, wo er sein Erbe antrat: die Baumwollplantagen. Ebenso bewegte er sich im Milieu seines Vaters, den Leuten vom Klan, von denen viele Texas-Ranger geworden waren, eine meist gewalttätige Bande, die sich auch beim Völkermord an den Indianern unrühmlich hervorgetan hat. Edward gelang es trotz seiner Jugend, sich bei ihnen eine gewisse Loyalität zu verschaffen.

So gestärkt, beteiligte er sich an der Kampagne zur Wahl des Gouverneurs, natürlich auf der Seite des republikanischen Bewerbers, James S. Hogg, der die Wahl auch tatsächlich gewann (1891). Hogg übernahm House nicht nur aus Dankbarkeit in seinen Stab, er muss die Fähigkeiten des jungen Mannes schnell erkannt haben. House verhalf in der Folgezeit noch drei weiteren Texanern ins Amt des Gouverneurs, nämlich Charles A. Culberson (1895), Joseph D. Sayers (1899) und Samuel Willis Tucker Lanham (1903).

  • Hier studierte der junge Edward. Die Cornell University (kurz: Cornell) ist eine Privatuniversität mit Hauptcampus in Ithaca, New York und zählt zu den renommiertesten Universitäten der Welt. Ohne Abschluss verließ Edward Mandell House im Jahre 1880 die Hochschule (Quelle: www.cornell.edu).

Die Gruppe Round Table

Um einen zweiten Faden des etwas verwinkelten Geschehens nicht aus den Augen zu verlieren, müssen wir nun den Blick nach Südafrika wenden. Dort war im Jahre 1902 Cecil Rhodes gestorben und Lord Alfred Milner, Treuhänder des Vermögens von Rhodes, wurde sein Nachfolger als Vorsitzender von Round Table. Erbe von Rhodes Hinterlassenschaft indes war der Bankier Rothschild, eines der Gründungsmitglieder von Round Table. Milner aber baute im Vereinigten Königreich und den USA ein Netzwerk aus jungen Akademikern auf, das da-zu diente, private Informationen über jedermann zu sammeln, dem man auf dem Feld der Politik einmal begegnen könnte. Vorbild waren die Geheimdienste des Hauses Rothschild, das wiederum dem verewigten Cecil Rhodes geholfen hatte, ein aberwitziges Vermögen zu schaffen.

Inzwischen hatte die Gruppe Round Table in den USA die großen Namen der Hochfinanz vereint: Rockefeller, JP Morgan, Carnegie, Otto Kahn von Speyer & Co, Kuhn & Löb, Jakob Schiff, Paul Warburg, Partner von Kuhn & Loeb, Vanderlip, ein Agent von Rockefeller, und andere. Dazwischen gab es auch familiäre Bande. Paul Warburg war mit Nina Loeb verheiratet, Tochter von Salomon Loeb & Co, sein Bruder Felix mit Frieda Schiff, der Tochter von Jakob Schiff. Stets im Hintergrund, aber immer präsent: die Rothschilds, vielfach verflochten und verschwägert, die bei weitem Reichsten der Superreichen, die den Schatten suchen und das Licht der Sonne meiden. Sie tauchen auf keiner Forbes-Liste auf, und man könnte fast meinen, es gebe sie gar nicht.

Natürlich gab es bei Round Table nicht nur Bankiers, und bei solch anderen finden wir unsern Edward Mandel House wieder, den erfolgreichen Unterstützer und Berater von vier texanischen Gouverneuren. Es wurde Zeit für seinen ersten großen Schlag.

  • Alfred Milner war ein britischer Politiker, Hochkommissar für das Südliche Afrika und Gouverneur der Kapkolonie. Er wurde ein führender Fürsprecher des Imperialismus und begründete die Round-Table-Bewegung.

Wahlsieger

Anno 1911 kandidierte ein gewisser Woodrow Wilson für das Amt des Gouverneurs von New York. Er war als Hochschulprofessor unerfahren in der Politik und daher umso mehr auf Berater angewiesen. Colonel House war zur rechten Zeit am rechten Ort und ließ sich nicht lange bitten. Er entschied sich „zu tun, was ich konnte im Sinne des Erfolgs des künftigen Governors Wilson“. Die Wahlen wurden zum Erfolg, und House blieb an Wilsons Seite.

  • Edward M. House (r) machte 1913 Woodrow Wilson zum US-Präsidenten.

Im Jahre 1913 hatte sich dieser als demokratischer Kandidat bei der Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gegen seine beiden Kontrahenten William Howard Taft und Theodore Roosevelt durchgesetzt. Während des Wahlkampfes stellten die Geldgeber Wilsons, in erster Linie J.P. Morgan, dem Kandidaten ihre eigenen Agenten zur Verfügung, darunter wiederum der bewährte Edward Mandel House, mittlerweile Hochgradfreimaurer und durch seine Verbindungen zu J.P. Morgan auch noch Rothschild-Agent. Ihm gelang der wahrscheinlich entscheidende Schachzug für Wilsons Sieg. Er gewann die Unterstützung des einflussreichen Abgeordneten von Nebraska, William Jennings Bryan, der selbst schon drei Mal für das Amt des Präsidenten kandidiert hatte. Bryan also und mit ihm seine Gefolgschaft schwenkten auf Wilson ein, und das brachte die Entscheidung. Als Dank machte Wilson später Bryan zu seinem Außenminister, ein Metier, von dem dieser keine Ahnung hatte.

Das war des Colonel House erster Streich.

 

Lesen Sie morgen auf UT24 vom geheimen Treffen der Mächtigen von Hochfinanz auf der Insel Jekyll und wie Edward M. House zum engsten Berater bzw. zum „zweiten Ich“ des US-Präsidenten Woodrow Wilson wurde.

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