von apa 11.08.2015 12:48 Uhr

Kärnten will 100 Asyl-Plätze bis kommende Woche schaffen

Das Land Kärnten ist weiter auf der Suche nach festen Quartieren für Flüchtlinge. Im Gegenzug hatte das Innenministerium ein Zeltlager von der Tourismusgemeinde St. Georgen am Längsee ins nahe gelegene Althofen verlegt. Diese Woche sollen 50 Personen im Bezirk Villach Land unterkommen, weitere 50 in der darauffolgenden, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Büro von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).

APA

Insgesamt 250 weitere feste Quartiere für Asylwerber hatte das Land dem Innenressort versprochen, sollte das ursprünglich in St. Georgen geplante Notquartier mit Zelten nicht in St. Georgen errichtet werden. Nach der Einigung läuft die Suche in Kärnten weiter. Zu den 100 angekündigten festen Unterkünften würden weitere in den Bezirken Klagenfurt Land und Villach geprüft, hieß es, ebenso im Gailtal sowie im Mölltal. Damit käme man in den kommenden Wochen auf zumindest 200.

Landeshauptmann Kaiser erinnerte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dennoch an das besprochene Ziel, die Zeltlager für Asylwerber müssten auf Dauer wieder abgebaut werden. Kritik an der Vorgehensweise des Bundes kam am selben Tag auch vom Kärntner FPÖ-Chef Christian Ragger: Es sei empörend, wie sich das Innenministerium mit der „zwangsweisen Zuweisung von Asylanten und der angeordneten Errichtung neuer Zeltlager über bestehende rechtliche Vereinbarungen hinwegsetzt“.

Die Kärntner Gemeinde Althofen, wo seit Tagen ein Zeltlager für Flüchtlinge eingerichtet ist, hat ein eigenes Krisenmanagement eingerichtet. Die Koordination der Übernahmen laufe im Haus zusammen, berichtete der ÖVP-nahe Bürgermeister Alexander Benedikt am Dienstag der APA. Die Bevölkerung in Althofen sei zwar aufgrund der Anzahl der Quartiere verunsichert, zeige sich aber hilfsbereit.

Derzeit befinden sich laut Bürgermeister an die 110 Asylwerber in den 50 in Althofen aufgestellten Zelten für bis zu 400 Personen. Aufregung hatte es gegeben, da es mehr Notunterkünfte geworden sind als ursprünglich geplant: Zunächst war nur von 35 Zelten für bis zu 280 Personen die Rede. Bürgermeister Benedikt versucht darum, sich mit einer Unterschriftenliste gegen dieses vorgehen zu wehren. Für Mittwoch ist aus diesem Grund ein Termin mit Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) avisiert.

Dennoch sei die Stimmung in der Kärntner Stadtgemeinde gegenüber den Flüchtlingen keineswegs negativ, betonte Benedikt. „Die Leute wollen helfen“, allerdings müssten auch andere Gemeinden in die Pflicht genommen werden. Die Gemeinde habe den Flüchtlingen zudem die Stadt vorgestellt, damit diese wüssten, wo sie etwa einkaufen könnten. Negative Vorfälle habe es – entgegen anderslautender Meldungen in sozialen Netzwerken – keine gegeben, so der Bürgermeister.

In Dornbirn protestierten unterdessen Flüchtlinge am Montag gegen die Art ihrer Unterbringung. Auf kleinen Transparenten etwa beschwerten sie sich über das Essen, wie Berichte in Vorarlberger Medien zeigten. Nach einem Gespräch mit Sonja Troger, der Flüchtlingsbeauftragten des Landes, wurden organisatorische Änderungen beschlossen. Die Landespolitik mahnte mehr Eigenverantwortung ein.

In der adaptierten Lagerhalle in Dornbirn finden bis zu 130 Menschen Unterkunft. Es handelt sich dabei um ein Übergangsquartier, bis passende Bleiben gefunden sind. Jeder Flüchtling hat ein Bett und einen Spind, es gibt einen Aufenthaltsraum mit Küche. Die Betreuung obliegt dem Privatunternehmen ORS.

Neben dem Essen kritisierten die Flüchtlinge auch schmutzige Sanitäranlagen und die angebliche Unfreundlichkeit des Betreuungspersonals. Außerdem würden die versprochenen Zeiten für ärztliche Betreuung nicht eingehalten. Troger betonte nach dem Gespräch mit den Asylwerbern gegenüber den „Vorarlberger Nachrichten“, dass „die Kriterien der Grundversorgung erfüllt werden“. Die Menschen hätten ein Dach über dem Kopf, ärztliche Versorgung, zu essen und Kleidung. Das könne man nicht von allen Plätzen in Österreich behaupten. Die Flüchtlinge würden nun unter anderem einen Koch benennen, der die Essenszubereitung begleite.

Bei den Landespolitikern kam der Protest der Asylwerber nicht gut an. Der zuständige Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) konnte die Art des Protestes und die Kritik an der Situation der sanitären Anlagen in einer Aussendung „nicht nachvollziehen“. Es gebe eine klare Eigenverantwortung der Flüchtlinge vor Ort. Proteste wegen mangelnder Annehmlichkeiten der Flüchtlinge seien fehl am Platz. „In dieser Situation ist Dankbarkeit gegenüber unserer Bevölkerung gefragt, wie wir dies bei vielen Flüchtlingen erleben können“, so Schwärzler.

ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück teilte ebenso seine Erwartungshaltung mit, „dass die Flüchtlinge bei den täglichen Reinigungs- und Küchenarbeiten eingebunden sind“. Wenn die Unterkunft nicht sauber sei, dann könne diese mit einfachen Mitteln eigenhändig gereinigt werden, forderte er von den Flüchtlingen eine positive Grundeinstellung für die Bewältigung des Alltags in den Quartieren – auch als Signal an die einheimische Bevölkerung. FPÖ-Landesparteichef Dieter Egger meinte: „Es reicht! Für mich ist es völlig unverständlich, wenn in Flüchtlingsunterkünften Proteste inszeniert werden und von menschenunwürdigen Verhältnissen gesprochen wird“.

Der Vorschlag von Grünen-Chefin Eva Glawischnig, die Verwaltung des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen „Profis“ wie dem Roten Kreuz, der Caritas oder der Diakonie zu übertragen, ist bei den angesprochenen NGOs auf Zustimmung gestoßen. Man sei grundsätzlich gesprächsbereit, im Verbund mit anderen Organisationen in Traiskirchen Hilfe zu leisten, sagte Wiener Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner.

Er und Diakonie-Direktor Michael Chalupka kritisierten gleichzeitig, dass das Innenministerium für die schlechte Betreuung in der Erstaufnahmestelle verantwortlich sei. Als im Jahr 2004 das Innenministerium die Betreuung der Asylwerber im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen ausgeschrieben hat, habe sich ein Konsortium aus Diakonie, Caritas, Rotem Kreuz und Volkshilfe mit einem umfassenden Betreuungskonzept um diese Aufgabe beworben. „Den Zuschlag erhielt allerdings ein gewerblicher Billigstbieter, der die notwendige Betreuungsqualität, die für eine derart große Einrichtung unabdingbar ist, nicht bieten konnte“, kritisierte Chalupka in einer Aussendung.

Auch bei einer neuerlichen Ausschreibung im Jahr 2011 habe das Ministerium mit einer eigenen Fußnote verhindert, dass sich dieses Konsortium neuerlich bewerbe, ergänze Schwertner im Gespräch mit der APA. Er forderte das Ministerium auf, angesichts der katastrophalen Lage in Traiskirchen die Erstaufnahmestelle für NGOs zu öffnen. Derzeit dürfe die Caritas Spenden nur vor der Tür verteilen. Chalupka schlug als Sofortmaßnahme vor, entweder das Bundesheer um umfassende Unterstützung zu ersuchen, oder eine operative Taskforce unter Leitung des Bundesrettungskommandanten der Roten Kreuzes einzurichten. „Die katastrophale Lage in Traiskirchen erfordert sofortigen Einsatz erfahrener Katastrophenhelfer“, so der Diakonie-Direktor.

SOS-Kinderdorf will in Ebreichsdorf (Bezirk Baden) zwölf Plätze für unbegleitete Minderjährige auf der Flucht schaffen. Die neue Wohngruppe soll laut einer Aussendung vom Dienstag im Oktober starten. „Die Bilder aus dem völlig überfüllten Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen sind erschütternd und beschämend“, sagte Clemens Klingan, Geschäftsleiter bei SOS-Kinderdorf.

Die Kinderhilfsorganisation will in Ebreichsdorf ein Wohnhaus in der Nähe des Zentrums anmieten. „Uns ist wichtig, nicht irgendwelche Plätze zu schaffen, sondern die richtigen: Kleine Wohngruppen statt anonymer Massenquartiere, Integration statt Verwahrung, angemessene Betreuung statt Security-Teams“, betonte Klingan.

Bürgermeister Wolfgang Kocevar (SPÖ) unterstützt das Projekt. „Wenn wir in einer Stadt mit über 10.000 Einwohnern keinen Platz mehr für zwölf Minderjährige haben, die Ihre Eltern und Angehörigen im Krieg oder auf der Flucht verloren haben, dann sehe ich für unsere Gesellschaft und das künftige Zusammenleben kommender Generationen schwarz“, wurde er in der Aussendung zitiert.

Für die Betreuung der Kinder- und Jugendlichen erhält SOS-Kinderdorf den für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge üblichen Tagsatz, der „weit unter dem für österreichische Kinder in Fremdbetreuung“ liege. Die Organisation sieht sich deshalb auf Spendengelder angewiesen. Bis zum Jahresende sollen zumindest 100 neue Plätze für geflüchtete Kinder und Jugendliche geschaffen werden.

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