Margareth Lun
Autonomiekonvent – Antifaschismus nicht genehm?
Ein Kommentar von Margareth Lun
Gerichtliches Nachspiel bleibt abzuwarten
Ob der Fakt, dass Roberta Ciola einen renommierten Sprachwissenschaftler in einem Interview, das eine Redakteurin des Online-Nachrichtenportals „salto“ mit ihr geführt hat, offiziell einen „Nicht-Menschen“ genannt hat, ein gerichtliches Nachspiel voraussehen lässt? Zu Recht – erinnert er doch unweigerlich an die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus.
Sozialromantischer Plausch über die Südtiroler Willkommenskultur?
In dem Interview schildert Roberta Ciola ihre Eindrücke vom Workshop „Friedliches Zusammenleben“, der vergangenen Samstag im Rahmen der dritten Open-Space-Veranstaltung des so genannten Autonomiekonvents stattfand. Wenn es nach einigen Teilnehmern aus dem grünen Spektrum gegangen wäre, hätte der Workshop wohl ein sozialromantischer Plausch über die Südtiroler Willkommenskultur und ein interethnischer „small talk“ werden sollen. Doch es kam anders: Man war zwar in der Mehrheit, aber nicht unter sich, und daher auf die Argumente der Minderheit nicht vorbereitet. Roberta Ciola bezeichnet diese Menschen im Interview kurzerhand als „extreme deutsche Rechte“, als „Nicht-Menschen“.
Was genau ist passiert?
Der konkrete Vorwurf des „Nicht-Menschen“ ist an Cristian Kollmann von der Süd-Tiroler Freiheit gerichtet, wenngleich Roberta Ciola ihn nicht namentlich nennt. Kollmann hatte ebenfalls am Workshop teilgenommen, wohl wissend, dass sich er und einige seiner Mitstreiter in die Höhle des Löwens begeben würden. In der Tat wäre es fast zum Eklat gekommen. Der anerkannte Sprachwissenschaftler, der sich auf dem Gebiet der Ortsnamengebung spezialisiert hat, hat das ausgesprochen, was für ein friedliches Zusammenleben in Südtirol bis heute hinderlich ist: Südtirols faschistische Vergangenheit, die, so Kollmann, in die Gegenwart hereinstrahle. Die Position Kollmanns in dieser Frage ist bekannt: Die italienische Volksgruppe, aber auch insgesamt die Gesellschaft und die Politik, soll sich von faschistischem Namen- und Gedankengut distanzieren. So lange dies nicht geschehe, könnten die Barrieren zwischen den Volksgruppen nicht abgebaut, und es könne kein Vertrauen aufgebaut werden, so Kollmann. Die Italiener würden nach wie vor im „Alto Adige“ verharren statt im „Sudtirolo“ anzukommen.
Landtagsabgeordnete: beobachten, nicht mitdiskutieren
Eine Teilnehmerin, Roberta Ciola, fühlte sich daraufhin „persönlich beleidigt“ und verließ den Saal. Kollmanns Plädoyer für den Antifaschismus wurde jedenfalls von der Moderatorin unterbrochen, und er durfte auch später nicht mehr zu Wort kommen. Der Landtagsabgeordnete Riccardo dello Sbarba, der gleichzeitig das Protokoll führte, erinnerte sich offensichtlich nicht an die Empfehlung der Veranstalter, dass sich die Abgeordneten im Hintergrund halten sollten, und bekam auch für seine außerordentliche Landtagsrede reichlich Zeit zur Verfügung gestellt.
Eine Teilnehmerin meinte, der Faschismus gehöre in Südtirol dazu. Man könne ihn nicht einfach auslöschen. „Interessant“, kommentiert Kollmann, von UT24 auf den Vorfall angesprochen, im Nachhinein, und stellt provokant die Frage: „Gehört dann der Nationalsozialismus ebenfalls zu Südtirol dazu?“
Wer ist bei diesem Autonomiekonvent oberste moralische Instanz?
Wer darf bestimmen, worüber man diskutieren darf? Jene, die sich weigern, den italienischen Faschismus als friedenserhaltende Maßnahme zu reinterpretieren? Wer nun bei diesem Autonomiekonvent als oberste moralische Instanz auftritt, sei dahingestellt. Der Begriff „Untermensch“ ist jedenfalls politisch nicht korrekt und gesellschaftlich verpönt. Ob Roberta Ciola ihre pazifaschistische Ideologie auch an der Urania lehrt? „Nicht-Menschen“ wird in Zukunft dort wohl der Zutritt verweigert werden.