Rupert Gietl

22.03.2015

Elternbefragung: Mehrzahl der Eltern will Italienisch-Unterricht verbessern

An diesem Wochenende wurden die Ergebnisse einer großangelegten Elternbefragung in Süd-Tirol präsentiert. Sie sollen dem Landesbeirat der Eltern für die deutschsprachige Schule als zukünftige Richtschnur dienen. Einige Fragezeichen bleiben.

Quelle: http://www.umfragen.it

Die Zugangsdaten zur Umfrage wurden in den vergangenen Monaten durch die deutschsprachigen Kindergärten und Schulen des Landes an die Eltern verteilt. Über einen Code konnten die Erziehungsberechtigten an der Online- Befragung teilnehmen. Über 50.000 Teilnahmecodes wurden ausgegeben, entweder direkt über die Schüler oder zur freien Entnahme in den Eingangsbereichen der Einrichtungen. Pro Schüler oder Kindergartenkind konnte einmal an der Umfrage teilgenommen werden.

13.000 Teilnehmer

Zum Vergleich: Insgesamt besuchen rund 82.000 Kinder und Jugendliche die Kindergärten, Grund-, Mittel- und Oberschulen aller Sprachgruppen. (Stand 2013/14)

Von 13.000 wurden die Fragen beantwortet. Dies entspricht einer Teilnahmequote von 26% der Eltern deutschsprachiger Kindergartenkinder und Schüler und rund 15% der Eltern der Kindergartenkinder und Schüler aller Sprachgruppen.

Die Umfrage gilt, nach Aussage der Initiatoren, als repräsentativ.

Verschiedene Themenbereiche

Die Umfrage beinhaltete zahlreiche Themenbereiche und versuchte, teilweise sehr unterschiedliche Ausgangspunkte zu berücksichtigen: So werden Eltern von Kindern im Alter von 3 bis 18 Jahren ebenso angesprochen wie Eltern in Städten wie Bozen oder kleinen Ortschaften in entlegenen Seitentälern.

Aus diesem Grund ist es für den interessierten Leser möglich, die Ergebnisse nach Bezirken oder Schultypen zu filtern.

Eltern aus kleineren Ortschaften haben sich mit einem höheren Prozentsatz an der Umfrage beteiligt als Eltern in den Ballungszentren.

Der Schulkalender

Ein großer Themenblock betraf Veränderungen bei der Unterrichtszeit und dem Schulkalender. Was z.B. die Verkürzung der Sommerferien betrifft, sind die Meinungen in etwa zwei gleich große Lager gespalten.

Je jünger die Kinder sind, desto öfter wünschen sich die Eltern eine Verkürzung der Sommerferien. Hier spiegelt sich das Problem der Sommer-Betreuung wider, die berufstätigen Eltern oftmals Schwierigkeiten bereitet.

Interessant ist hierbei aber das Gefälle zwischen Stadt und Land: Im Vinschgau wollen 58.8% der Eltern die Ferien verkürzen, in Bozen sind es nur 46.8%. Die Sommerbetreuung am Land ist also schwieriger zu gewährleisten als im Ballungsraum in und um Bozen.

Bei den Lerninhalten spricht sich überall eine große Mehrheit der Eltern für eine zeitgemäße Anpassung des Schulstoffes aus.

Italienisch-Unterricht

Eindeutig scheinen die Ergebnisse, was die zukünftige Rolle des Unterrichtsfaches Italienisch betrifft:

Aus der Präsentation der Ergebnisse, die von den Initiatoren aufbereitet wurde, geht klar hervor, dass ¾ der Eltern eine stärkere Berücksichtigung der italienischen Sprache in der Schule wünschen (Seite 14).

Betrachtet man die Ergebnisse allerdings genauer, ergibt sich ein differenzierteres Bild. Im dargestellten Kreisdiagramm wurden alle Antwortmöglichkeiten, die sich nicht für die Beibehaltung des Status Quo aussprachen, zu einem einheitlichen Block zusammengefasst.

So entsteht der Eindruck einer überwältigenden Mehrheit für die Ausweitung des Italienisch-Unterrichts.

Tatsächlich spricht sich aber rund die Hälfte davon eigentlich für eine qualitative Verbesserung des Unterrichts in Form von Schüleraustausch und gemeinsamen Projekten mit italienischen Schulen aus. Die andere Hälfte derer, die beim Italienischunterricht etwas verändert wissen wollen, ist für den Immersionsunterricht, und eine Minderheit für die Zusammenlegung der Schulen.

Besonderes Augenmerk der Initiatoren

Interessant ist auch die Tatsache, dass nur bei diesem Thema gesondert betont wird, dass sich der Elternbeirat in Zukunft für dessen Umsetzung einsetzen werde.

In der Umfrage hatte man noch den Eindruck, sich zwischen Beibehaltung, qualitativer Verbesserung und quantitativer Erweiterung des Italienisch-Unterrichts entscheiden zu können. In den Ergebnissen muss man mühsam danach suchen.

Auch im Kindergarten wünschen sich die Eltern mehrheitlich eine stärkere Berücksichtigung der italienischen Sprache. Allerdings kippt auch heute schon oft die Unterrichtssprache im deutschen Kindergarten ins Italienische, wenn ein erhöhter Anteil von Kindern italienischer Muttersprache oder mit Migrationshintergrund diesen besucht.

Bei der zur Diskussion gestellten Einführung von 1/3 der Kindergartenzeit auf Italienisch wird sich das Problem weiter verschärfen.

Hochdeutsch

Was beim Thema „Italienisch“ nicht einmal zur Auswahl stand, konnte bei der Frage nach dem Umfang des Unterrichts von Hochdeutsch in Sprache und Schrift von den Teilnehmnern angekreuzt werden:

die Möglichkeit, den Sprachunterricht in Deutsch zu reduzieren.

Allerdings haben die Eltern von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht: Die Mehrheit ist zufrieden, mit einer Tendenz zur Erhöhung.

Die teilweise sprachlich katastrophalen Auftritte von Süd-Tiroler Politikern und deren Wahrnehmung im deutschen Sprachraum haben vielleicht dazu beigetragen.

Englisch

Unklar sind auch die Vorgaben für den Englisch-Unterricht, wo unser Land immer noch hinter unseren mitteleuropäischen Nachbarn hinterherhinkt: Nur die Hälfte der Eltern wünscht sich einen Ausbau dieser Kompetenzen.

Zur Erinnerung: Englisch ist die weltweit wichtigste Sprache in Wirtschaft und Wissenschaft.

Allheilmittel Schule?

Abschließend die allgemeine Frage: „Was ist Ihnen für Ihr Kind – auch im Hinblick auf dessen Zukunft – besonders wichtig?“

Hier zeigt sich, dass die Eltern von der Schule auch immer mehr charakterbildende Funktion erwarten. So liegt die Eigenschaft „Offenheit und Selbstvertrauen“ (72.9% / 9.363 Nennungen) an der Spitze.

Ob die Schule den Eltern alles abnehmen kann, bleibt offen.

Zurück bleibt bei dieser sehr wichtigen Umfrage allerdings der Beigeschmack, dass bei genauerer Betrachtung das gewünschte Ergebnis in sensiblen Themenbereichen herbeigefragt und herbeigedeutet worden ist.

 

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